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0102 - Der Satan mischt die Karten

0102 - Der Satan mischt die Karten

Titel: 0102 - Der Satan mischt die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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weiter oben steht ein Studebaker, dunkelgrau mit hellem Dach. Das ist mein Wagen. Auf dem Sitz liegt eine Aktenmappe mit Papieren. Hol sie mir und bring sie in den Drugstore dort drüben. Ich habe dort eine Besprechung. Du bekommst noch einen Dollar, wenn du schnell zurück bist. Aber schließ wieder gut ab!«
    »Gewiß, Sir«, rief der Junge und rannte, ohne sich umzusehen. Morgan wartete zwei Sekunden, dann ging er ihm mit großen Schritten nach. Er erreichte den Wagen, als der Junge bereits im Fond herumkroch und nach der Aktentasche suchte.
    John Morgan stemmte die Arme in die Seite und brüllte:
    »Was tust du in meinem Wagen, Lümmel?«
    Der Boy warf den Kopf hoch und starrte den Mann verständnislos an.
    »Endlich erwischt man mal einen von euch kleinen Gangstern!« schrie der ›Teufel‹ weiter. »Warte, Bürschchen. In zwei Minuten werden sich die Cops mit dir beschäftigen.«
    Der Junge hatte den Schlüssel im Türschloß gelassen. Morgan riß ihn heraus und klemmte sich hinter das Steuer.
    »Sir, Sie haben mir doch selber gesagt, daß ich…« stammelte der Boy.
    John Morgan fuhr einfach an. Ein Dutzend Leute, die sich auf der Straße aufhielten, hatten sich dem Wagen genähert, aber bevor sie heran waren, gab der ›Teufel‹ Gas. Die Leute wichen zurück.
    Morgan steuerte den Studebaker durch Manhattan.
    Fast volle fünf Minuten lang hielt sich der Junge still. Dann begann er laut zu schreien:
    »Ich will nach Hause! Halten Sie! Ich will aussteigen!«
    »Shut up!« knurrte Morgan.
    Der Studebaker war ein Modell mit nur zwei Türen. Der Boy versuchte, über den Beifahrersitz hinwegzuklettern und die Seitentür zu erreichen. Morgan schlug mit einer Hand hart zu. Der Junge fiel zurück, dann sprang er den ›Teufel‹ von hinten mit dem Mut der Verzweiflung an.
    »Halten!« jammerte er. »Halten!« Und er hämmerte verzweifelt mit seinen kleinen Fäusten auf den Rücken und Kopf des Mannes ein.
    Der ›Teufel‹ stoppte kurz, drehte sich um und schlug das Kind mit geballter Faust. Der Junge verlor die Sinne und brach zwischen den Fondsitzen und den Rücklehnen zusammen. John Morgan fuhr weiter.
    Er fuhr nach Queens hinein, hielt sich an der Grenze des Viertels und verließ an der Seyth-Bay das Weichbild von New York. Er fuhr die Straße nach Great Neck, aber er ließ die Stadt links liegen und fuhr die Küste des Long Islands Sounds entlang. Dann bog er von der Straße ab. Er fuhr eine Art Feldweg, der langsam anstieg. Schließich stoppte er.
    Er schaltete die Innenbeleuchtung an und drehte sich um.
    Der Junge hockte immer noch auf dem Wagenboden, aber er war nicht mehr ohnmächtig. Aus aufgerissenen Augen, in denen gräßliche Angst stand, sah er Morgan an.
    »Raus!« befahl Morgan. »Den Rest müssen wir laufen.«
    Der Junge rührte sich nicht.
    Morgan stieg aus und zog den Jungen am Arm aus dem Wagen und stellte ihn auf die Füße.
    »Vorwärts, Bürschchen! Versuche nicht zu türmen!«
    Er zog ihn mit sich ein wegloses Gelände hoch, das ziemlich steil anstieg. Der Junge konnte nichts sehen und stolperte. Morgan hielt seinen Arm.
    Am Himmel flimmerten die Sterne, aber im Südwesten flimmerte und zuckte ein anderes, helleres Lichtermeer, die Lichter von New York.
    Sie erreichten eine kleine Holzhütte, die auf dem Gipfel des kahlen Hügels stand.
    Morgan öffnete die Tür, stieß den Boy hinein, trat selbst ein und schloß die Tür hinter sich.
    Es war stockfinster. Dann flammte der Schein einer Taschenlampe auf, riß eine Karbidlampe, die auf einem primitiven Holztisch stand, aus der Dunkelheit.
    Morgan zündete das Karbidlicht an und löschte die Taschenlampe.
    Das Haus war ein Blockhaus, eine Hütte aus massiven Stämmen mit nur einem einzigen Raum. Die Einrichtung bestand aus einer Pritsche, zwei Tischen und zwei Stühlen. Außerdem war noch ein Schrank da, der einiges Geschirr, eine Reihe von Konservenbüchsen, einen Hartspirituskocher und ein Dutzend Flaschen enthielt.
    Die Hütte hatte keine Fenster, sondern an allen vier Wänden schmale Schlitze, die den Ausblick ermöglichten, aber zu eng waren, um einen Menschen hindurchzulassen. Der einzige Ausgang war die Tür, die Morgan jetzt mit einem schweren Vorhängeschloß sicherte. Den Schlüssel steckte er ein.
    Der Junge hatte sich in eine Ecke gedrückt. Er erzitterte unter dem Blick des Mannes, der sich jetzt ihm zuwandte.
    Morgan ging auf ihn zu und hob die Hand.
    »Wie heißt du?«
    Der Junge schwieg.
    Morgan schlug zu.
    »Gianni Fabricio!«

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