Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0102 - Der Satan mischt die Karten

0102 - Der Satan mischt die Karten

Titel: 0102 - Der Satan mischt die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
Geschmeidigkeit hatte nachgelassen. Gerade noch kam ich weg.
    Der Stuhl zerknallte auf den Bohlen der Hüttenwand in seine Bestandteile. Ich benutzte die Gelgenheit, um Morgan anzugreifen. Er hatte noch die Lehne in der Hand und schlug nach mir, aber er traf nur meinen Rücken. Ich konnte ihn unterlaufen. Rammte ihm den Kopf gegen die Brust und riß beide Fäuste von unten nach oben hoch.
    Es waren furchtbare Hiebe, mit dem ganzen Gewicht meines Körpers geschlagen. Der ›Teufel‹ fiel nicht, aber er erzitterte.
    Sein Arm hob sich wie im Zeitlupentempo. Ich sah seine Faust kommen, aber ich konnte ihr nicht mehr ausweichen. Ich hatte meine letzten Kräfte verbraucht.
    Der Hieb traf mein Ohr. Ich nahm die rechte Faust zurück und schlug zu. Es war ein schwacher Schlag, und ein Mann im Vollbesitz seiner Kräfte hätte ihn verdaut, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber für Morgan in seinem jetzigen Zustand war es gerade genug, um ihn umfallen zu lassen. Er stürzte auf die Knie, dann auf das Gesicht.
    Ich weiß nicht, ob Sie jemals einen Boxkampf zwischen zwei gleichwertigen Boxern gesehen haben, der bis in die zwölfte oder dreizehnte Runde ging, ohne daß der eine den anderen erledigen konnte, in dem sie sich aber gegenseitig so zugesetzt haben, daß die große Müdigkeit sie überfiel. Die Beine werden dann schwer wie Blei. Die Arme sind so schwer, als trüge man Schmiedehämmer in den Händen. Der Blick wird glasig und die Luft schneidet bei jedem Atemzug. Solche Boxer bewegen sich wie Schlafwandler. Nichts mehr vom raschen Hinundherspringen, von Sidesteps, Abducken und Ausweichen. Wenn der Gong zur vierzehnten Runde ertönt, gehen sie aus ihren Ecken zur Ringmitte mit Schritten, als trügen sie schwere Säcke auf den Schultern. Sie heben die Fäuste und schlagen aufeinander ein. Sie decken nicht mehr. Sie schieben dem Gegner die Faust ins Gesicht oder an den Körper. Keine Muskelkraft sitzt mehr hinter den Hieben. Der Sieg hängt nicht mehr davon ab, wer stärker ist, sondern der wird siegen, der die größere Energie besitzt. Sie sind wie zwei Gefäße, voll bis an den Rand mit Fausthieben, die sie sich dreizehn Runden lang versetzt haben. In jedes Gefäß passen nur noch wenige Schläge hinein, aber der, der noch ein wenig mehr vertragen kann, wird gewinnen, und der Ringrichter wird den Arm desjenigen hochheben, den die Energie auf den Beinen hielt und der dem Gefühl der ungeheuren Müdigkeit nicht nachgab.
    Ich stand und starrte auf den auf der Erde liegenden Morgan. Ich war ein Mann, der die Müdigkeit der ganzen Welt fühlte. John Morgan stützte sich auf die Arme hoch, dann auf die Knie. Ich tat nichts, um es zu verhindern. Ich sah seine Augen. Sie waren glasig und wie verdreht.
    Er kam auf die Füße und hob die Arme. Ich schob mich auf ihn zu, aber es war nicht so, als ging ich selbst, sondern als schöbe mich eine Hand.
    Ich schlug ihn, und er schlug mich. Ich traf sein Gesicht und er traf mein Gesicht. Ich schlug ihn noch einmal und er schlug mich noch einmal.
    Das Zimmer begann sich um mich zu drehen, und Morgans Gesicht war in dieser wirbelnden Welt wie ein weißer Fleck. Ich hob den Arm und schlug mit der Faust nach diesem weißen Fleck. Der Fleck verschwand.
    Ich breitete die Arme, um das Gleichgewicht zu halten. Das Zimmer kurbelte langsamer, stand.
    Ich sah John Morgan zu meinen Füßen liegen, die Arme nach vorne geworfen, das Gesicht auf den Boden gepreßt.
    Langsam, wie die Glieder eines Kranken, zog er die Beine an. Die Hände bewegten sich, stützten sich auf. Der Körper krümmte sich zu einem Bogen, und die Knie krochen nach vorne, um diesen Bogen zu tragen. Der Kopf hing tief herab und berührte fast noch die Erde.
    Es sah so aus, als käme er noch einmal hoch.
    Dann rollte der Körper nach links, fiel auf die Seite, die Beine streckten sich wie in einem Krampf. Er rollte weiter auf den Rücken, und die Arme schlugen nach den Seiten auseinander.
    »Jerry«, schrie Phil.
    Ich wandte den Kopf. Es war die schwerste Arbeit, die ich je verrichtete. Ich sah die Gestalt des Freundes schemenhaft im Hütteneingang.
    Ich versuchte zu lächeln. Der Muskel zerrte an meiner Oberlippe wie an etwas ganz Schwerem. Plötzlich fiel Dunkelheit von oben auf mich herunter wie ein schwarzes und weiches Tuch.
    ***
    Als ich die Augen aufschlug, lag ich immer noch auf dem Boden der Blockhütte, aber die Hütte wimmelte von Menschen. Irgendwer, den ich nicht kannte, hantierte an mir herum, aber Phil sagte über

Weitere Kostenlose Bücher