0102 - Die Horde aus dem Jenseits
mich wissen.«
»Wo finde ich Sie?«
»Meine Freunde und ich bleiben vorläufig hier in Tunstall.«
»Werden Sie in unserem Dorf übernachten?«
»Das weiß ich noch nicht. Vielleicht fahren wir noch heute abend nach Leek weiter. Das hängt davon ab, was wir hier erreichen können.«
Das Schicksal ließ sich von Professor Zamorra nicht in die Karten sehen. Er hätte sich wesentlich leichter getan, wenn es ihm möglich gewesen wäre, einen Blick in die Zukunft zu machen, denn dann hätte er sich gegen all die Gemeinheiten, die Quintus für ihn und seine Freunde vorbereitet hatte, rechtzeitig wappnen können.
So aber war er gezwungen, ahnungslos auf das Unheil zuzugehen…
***
Konstabler Cole Quayle telefonierte mit seinem Kollegen in Leek. »… und wie geht’s der werten Familie?«
»Nicht schlecht«, lachte der Gesprächspartner. »Schließlich verdiene ich die Kohlen, und alle anderen tun nichts.«
»Wie wär’s, wenn wir mal wieder eine nette Grillparty steigen lassen würden?«
»Dagegen hätte ich nichts einzuwenden. Ich müßte es nur rechtzeitig wissen, damit ich einen Babysitter auftreiben kann.«
»Okay. Dann behalten wir das vorläufig mal im Auge.«
»Bei euch alles friedlich?«
»Eigentlich ja«, sagte Quayle. »Bis auf eines… Da kam heute kurz vor Mittag ein Mädchen zu mir und erzählte mir eine haarsträubende Geschichte von irgendwelchen Horrorwesen, denen sie begegnet sein wollte.« Der Konstabler lachte schnarrend. »Auf Ideen kommen diese jungen Leute, wenn sie Langeweile haben. Ich habe ihr natürlich kein Wort von dem irren Zeug geglaubt. Sie wollte mir weismachen, daß ihren Freund der Teufel geholt hatte, oder so was Ähnliches. Alles Quatsch. Der Junge hat vielleicht noch eine zweite Puppe, von der die Kleine nichts weiß. Vermutlich ist das des Rätsels Lösung.«
»Vielleicht hat das Girl doch die Wahrheit gesagt, Cole.«
»Ausgeschlossen. Monster gibt es in unserem Wald nicht. Und es ist in Tunstall auch noch niemals jemand spurlos verschwunden«, gab der Konstabler unwillig zurück. »Fang bloß nicht an, mich ebenfalls damit zu nerven.«
»Erimierst du dich nicht an die Geschichte, die in Ashbourne passiert ist?«
»Doch. Der Totengräber soll plötzlich den Verstand verloren haben.«
»Ja. Er lief Amok, brachte eine Menge Leute um, verwandelte sich danach in einen Ghoul und…«
»Blödsinn. Was die Leute da so alles hineingeheimnissen wollen. Der Mann wurde einfach wahnsinnig, das ist alles.«
»Er veränderte sein Aussehen.«
»Hast du das mit eigenen Augen gesehen?« fragte Cole Quayle ungläubig.
»Nein, aber…«
»Mann, als Polizeibeamter solltest du aber schon ein bißchen skeptischer sein, wenn man dir eine so haarsträubende Geschichte erzählt«, meinte der Konstabler. »Du kannst doch so etwas nicht für bare Münze hinnehmen.«
»Man hat den Totengräber erschlagen…«
»Das ist mir bekannt.«
»… sobald er tot war, soll er sich wieder zurückverwandelt haben.«
Quayle lachte. »Ich glaube, wir machen jetzt lieber Schluß. Mit dir über dieses Thema zu diskutieren, bringt nichts. Du solltest solche Schauermärchen etwas nüchterner betrachten, mein Lieber, sonst kann es mal dazu kommen, daß du dich ganz gewaltig blamierst. Für mich sind alle diese Erzählungen nichts weiter als ein aufgelegter Schwindel.«
»Aber was haben die Leute davon, sie zu erfinden?«
»Jeder gruselt sich mal gern. Durch eine Ruine heult nachts der Wind. Jemand glaubt, einen geheimnisvollen Lichtschein zu sehen. Und schon redet er von einem klagenden Gespenst, das ihm in der Ruine begegnet ist. In Wirklichkeit jedoch gibt es den Spuk nur in seiner Phantasie. So sieht’s aus… Einen schönen Tag noch. Und vergiß die Grillparty nicht, okay?«
Der Konstabler legte auf.
Er betrachtete das Telefon, grinste und schüttelte den Kopf. »So ein Stumpfsinn. Ein Ghoul in Ashbourne. Und er glaubt das auch noch.«
Quayle wollte Ordnung auf seinem Schreibtisch machen.
Plötzlich erfüllte ein rätselhaftes Knirschen und Knistern den Raum. Der Konstabler hob irritiert den Kopf. Er war allein im Office, und doch hatte er das Gefühl, daß mit einemmal noch jemand im Raum war. Er vernahm tiefe Atemzüge.
»Das gibt’s doch nicht!« knurrte der Polizeibeamte ärgerlich. »Da will mir jemand einen Streich spielen!«
Er erhob sich wütend.
Es wurde auf eine unerklärbare Weise dunkel im Office. Die Fensterscheiben überzogen sich mit einem schwarzen Film, ließen kein
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