0102 - Die Horde aus dem Jenseits
Bezeichnungen dafür.«
»Was wollen sie auf unserer Welt? Was haben sie hier zu suchen?«
»Ihnen ist alles Gute ein Greuel. Ihr Streben geht dahin, das Böse überallhin zu bringen. Sie wollen, daß es sich ausbreitet wie ein wild wucherndes Krebsgeschwür, das keiner mehr unter Kontrolle halten kann. Wenn sie dieses Ziel erreicht haben, werden sie die Weltherrschaft antreten. Das wollen sie. Deshalb stoßen sie immer wieder aufs neue aus den Tiefen des Bösen zu uns vor. Deshalb werden sie niemals müde, neue Bosheiten und Gemeinheiten auszuhecken, mit denen sie das Gute in die Knie zwingen können. Sie verbreiten Not und Elend, lassen unglückliche Menschen zurück, die in ihrem Vertrauen zu Gott erschüttert sind und sich von ihm möglicherweise enttäuscht abwenden. Jeder Mensch, der sich vom Guten abkehrt, ist ein Erfolg für die Hölle. Dafür sind die Schergen der Unterwelt bereit, jedes Opfer zu bringen.«
Geraldine betrachtete ihre Hände, die auf ihren Schenkeln ruhten. »Glauben Sie, daß Walter Sherman diesen Dämonen auf seinem Heimweg zum Opfer fiel, Professor?«
Zamorra wollte dem Mädchen nicht wehtun. Andererseits aber hatte es nicht sehr viel Sinn, sie zu belügen. Deshalb sagte er ernst: »Mit einer solchen Möglichkeit müssen Sie leider rechnen. Demioch sollten Sie nicht aufhören zu hoffen, daß doch noch alles gut wird, denn gegen die Hoffnung eines liebenden Menschen sind die gefährlichsten Dämonen oft machtlos. Vielleicht lebt Walter Sherman noch. Es ist möglich, daß man ihn in irgendeinem Dämonenverlies vorläufig nur gefangenhält…«
»Weshalb?«
»Vielleicht, um Sie zu ködern.«
»Mich?« Geraldine erschrak.
»Quintus, ein grausamer Dämon, ist nach England gekommen, um über diese Insel einen Kreis aus Angst, Tod und Schrecken zu ziehen. Dreimal sieben Dörfer müssen unter seiner Knechtschaft ächzen, und am Schluß will er - gewissermaßen als Krönung seiner Untaten - ein Mädchenopfer haben. Zwanzig Dörfer hat er bereits hinter sich. Es fehlt ihm nur noch eines bis zum teuflischen Fest: das ist meiner Ansicht nach Leek. Dort werden die Dämonen ihr großes Finale feiern, und ein junges Mädchen wird sein Leben verlieren, wenn es nach ihrem Willen läuft…«
Geraldine starrte den Professor entgeistert an. »O Gott, nein.« Sie legte die Hände auf ihren vollen Busen, der sich schnell hob und senkte. »Nein. Wollen Sie damit sagen, daß ich… daß diese Dämonen die Absicht haben, mich… Lieber Himmel, was soll ich dagegen machen?«
»Ich kenne die wahren Pläne von Quintus und seinen Knechten nicht«, sagte Zamorra beruhigend. »Möglicherweise haben sie mit Ihnen nichts im Sinn, aber man sollte in einem solchen Fall stets mit dem Schlimmsten rechnen. Wenn Walter Sherman noch lebt, besteht die Möglichkeit, daß sie ihn dazu benützen, um Sie in eine raffinierte Falle zu locken. Ehe Sie merken, was los ist, ist es für eine Umkehr bereits zu spät.«
»Wie niederträchtig und gemein!« stieß Geraldine angewidert hervor.
»So sind Dämonen eben«, sagte Zamorra.
»Wie kann ich mich gegen sie schützen?«
Der Professor holte einen kleinen braunen, handgenähten Lederbeutel aus seiner Tasche. Ein fingerdicker Lederriemen war daran befestigt. Zamorra legte den Dämonenbanner vor Geraldine auf den Tisch.
»Damit können Sie das Böse von sich abhalten«, erklärte er.
»Was ist das?«
»Ein Dämonenbanner.«
»Was befindet sich darin?«
»Kräuter tmd verschiedene magische Pulver, die die Dämonen nicht ausstehen können. Man muß sie in einem genau vorgeschriebenen Verhältnis miteinander mischen, dann erreichen sie eine geradezu verblüffende Wirkung. Tragen Sie diesen Lederbeutel von nun an Tag und Nacht um Ihren Hals, dann wird Ihnen kein Leid zustoßen, Miß Norris. Aber nehmen Sie ihn niemals ab. Was auch immer passieren wird, lassen Sie sich durch nichts dazu verleiten, sich von diesem Dämonenbanner zu trennen. Werden Sie diese Worte beherzigen?«
Geraldine nickte ernst. Sie nahm den Dämonenbanner zaghaft in die Hand.
Zamorra erhob sich.
Er legte ihr den Lederriemen um den Hals und verknotete ihn in ihrem Nacken. Dabei bewegte er die Lippen, ohne daß Geraldine ein Wort hören konnte. Auf diese Weise fixierte er den Knoten, und es würde das Mädchen nun einige Anstrengung kosten, ihn aufzubekommen.
Als der Professor sich an der Haustür von Geraldine verabschiedete, sagte er: »Sollte Ihnen irgend etwas verdächtig Vorkommen, lassen Sie es
Weitere Kostenlose Bücher