0103 - Asmodinas Todesengel
breites Eingangstor, aber auch ein tiefer Graben.
Im letzten Moment sah ich ihn und blieb abrupt stehen. Einen Schritt weiter, und ich wäre in den Canyon gefallen.
Das war knapp…
Doch wie sollte ich in diese Burg hineinkommen? Ich mußte einfach hinein, denn ich hatte das Gefühl, daß ich dort Myxin, den Magier, treffen würde.
Der Eingang bestand nicht nur aus einem großen Tor, sondern auch aus einer Fallbrücke.
Sie löste sich plötzlich aus der Halterung, fiel nach unten, und wäre ich nicht zurückgesprungen, hätte sie mich zerquetscht. So krachte sie dicht vor meinen Füßen zu Boden, wo Sand und Staub in großen Wolken hochgetrieben wurden.
Die Falltür bestand aus dicken Bohlen, die mir widerstandsfähig genug aussahen, um mein Gewicht zu tragen. Außerdem blieb mir keine andere Wahl, und so riskierte ich es.
Die Zugbrücke zählte in der Breite mindestens zwei Pferdelängen, so daß auch eine Kutsche hinüberfahren konnte. Das stabile Geländer wurde durch unregelmäßig angebrachte Längsstreben unterstützt, und die einzelnen Bohlen waren rauh und abgeschabt.
Rechts und links der Brücke ging es in die Tiefe. Es war schon ein seltsames Gefühl, über diesen Abgrund zu schreiten, besonders deshalb, weil ich nicht wußte, ob die Brücke nun eine Falle war oder nicht. Ein falscher Tritt, eine lose Bohle, und ich rutschte ab.
Wohin ich dann fiel, konnte ich nicht sehen, denn in der Tiefe wölkte und waberte es. Manchmal glaubte ich, auch Schreie und Wehklagen zu hören.
Neugierig geworden, trat ich an das linke Geländer und schaute hinunter.
Ich sah nichts. Bis auf den wabernden Nebel und die erstickt klingenden Laute.
Die Hälfte der Brücke hatte ich bereits geschafft, und nichts war passiert. Das gab mir Mut und Auftrieb. Ich glaubte nicht mehr daran, daß mich meine Gegner noch auf der Brücke in eine Falle locken würden. Die Falle wartete sicherlich in der Burg.
Hin und wieder blickte ich zu den die Türme verbindenden Wehrgängen hoch.
Dort stand niemand. Keiner schleuderte Lanzen, niemand schoß Pfeile ab oder kippte heißes Pech nach unten.
Alles war so unnatürlich ruhig…
Direkt hinter der Brücke befand sich das Tor. Es war eingelassen in dickes Mauerwerk, und als ich vor dem Tor stehenblieb, stellte ich fest, daß es verschlossen war.
Pech…
Die Maserung des Holzes interessierte mich. Ich trat noch näher heran und stellte fest, daß es sich um keine Maserung handelte, sondern um eingravierte Teufelsfratzen.
Eine zeigte das stilisierte Gesicht des Höllenherrn, die andere das seiner Tochter.
Asmodina…
Ich hatte es mir fast gedacht. Sie also lauerte auf mich. Noch immer trug ich den roten Stein in meiner rechten Hand. Es wurde Zeit, daß ich ihn wegwarf.
Das ging nicht.
Ich bekam den verdammten Stein einfach nicht los. Er schien mit meiner Handfläche verwachsen zu sein.
Seltsam, sehr seltsam…
Auch schien es mir unmöglich zu sein, das Tor zu öffnen. Es gab keinen Riegel, der sich zurückschieben ließ, und ich sah auch keine Klinke oder einen Knauf.
Das Tor war eingelassen in breites Mauerwerk. So breit, daß sogar eine schmale Tür hineinpaßte. Ich sah sie erst später, weil sie in der Farbe mit dem Mauerwerk fast deckungsgleich war.
Dieser Eingang interessierte mich.
Durch ihn würde ich zwar nicht auf den Innenhof dieser Burg gelangen, doch immerhin auf einen der Wehrgänge. Und von dort hatte man ebenfalls einen guten Überblick.
Plötzlich hörte ich hinter mir ein Geräusch. Es fiel deshalb so stark auf, weil es bisher ziemlich still gewesen war. Meine Nackenhärchen stellten sich quer.
Ruhig drehte ich mich um.
Vor mir standen zwei Todesengel!
***
Sie mußten sich lautlos herangepirscht haben, denn ich hatte sie wirklich nicht gehört.
Und sie trugen genau die Kleidung, in der ich sie auch zum ersten Mal im Reich des Schwarzen Tods gesehen hatte.
Dieses schwarze, enganliegende Oberteil aus Leder, durchbrochen unter den Brüsten bis hin zur Hüfte, und ihre Beine steckten in engen Hosen.
Lang, kraus und brandrot flatterten die Haare hinter ihnen her.
Die Farbe glich der Asmodinas, nur ihre Gesichter waren nicht von einer solch kalten Schönheit wie das ihrer Herrin.
Mir kam ihre Haut eher grau vor und leicht angewelkt. Doch eines hatten sie und ihre Herrin gemeinsam.
Den kalten, gemeinen, haßerfüllten Blick!
Sie schwebten vor mir. Ihre dunklen Flügel schwangen hoch und nieder. Unwillkürlich hob ich den Arm gegen mein Gesicht, um es
Weitere Kostenlose Bücher