0103 - Ich - der Mörder Jerry Cotton
Wagen, dann kam er auch ’raus und ging nach hinten in den Hof. Eine Weile hätte er im Hof rumgeschnüffelt, dann wäre er zu meinem Bruder gegangen und hätte ihm was gesagt. Der Arbeiter hat es von einem Fenster aus gesehen, aber er konnte natürlich durch das geschlossene Fenster nicht verstehen, was die beiden miteinander zu reden hatten. Jedenfalls kletterte der Kerl dann auf unseren Truck und vom Führerhaus aus die Feuertreppe hoch. Wie er auf der ersten Plattform angekommen war, hat er eine Kanone gezogen. Er hat auch meinem Bruder noch irgendwas zugerufen. Darauf wäre mein Bruder schnell in den Wagen geklettert und hätte versucht, den Motor in Gang zu kriegen. Aber gerade an dem Abend spiang das Biest nicht gleich an.«
»Und? Weiter?« fragte Phil gespannt. »Da gibt es kein Weiter! Der Kerl stieg die Feuerleiter ’rauf, der Arbeiter mußte vom Fenster weg, und irgendwann muß mein Bruder die Karre schließlich in Gang gebracht haben. Ein paar Häuser weiter stoppte er eine Streife und schickte sie hier in den Hof. Das weiß ich von der Polizei. Mein Bruder fuhr nach Hause — und hier wurde er ermordet…«
Phil schwieg. Er hörte zum ersten Male von der Existenz dieses Fahrers. Ich hatte es ihm nicht erzählt, denn es war ja eine völlig unwichtige Episode, daß ich im Hof einem Lastwagenfahrer begegnete und ihm den Rat gab, mit seiner Karre zu verschwinden.
»Wer bearbeitet eigentlich diesen Mord an Ihrem Bruder?« fragte Phil nachdenklich.
»Wie? Was meinen Sie?«
»Welche Mordkommission?«
»Das weiß ich nicht. Ich kenne mich da nicht aus.«
»Haben Sie nicht gelesen, was an den Fahrzeugen der Mordkommission stand? Vielleicht Stadtpolizei?«
»Ja. City Police.«
»Also die Kollegen von der Stadtpolizei. Hm… Nehmen Sie mir es nicht übel, ich habe es eilig. Den Kaffee zahle ich. Schreiben Sie mir bitte rasch Ihre Adresse auf!«
Der Fahrer tat es.
»Und was wird aus der ganzen Sache?« fragte er.
Phil steckte sein Notizbuch ein. Er zuckte die Achseln.
»Versprechen kann ich gar nichts«, sagte er. »Aber ich glaube, wir kriegei} den Mörder. Sie haben mich nämlich auf eine verdammt gute Id oe gebracht…«
***
Ich ließ mich von einem Taxi zu einem der großen Kaufhäuser im Süden Manhattans fahren.
Lordes hatte mich also erkannt. Woran? An den Augen? So genau konnte er mich gar nicht kennen. Es konnte nur auf eine Weise zugegangen sein: er sah meine Künste im Jiu-Jitsu, er hatte gehört, daß ich Borty suchte und seinetwegen vielleicht auf dem elektrischen Stuhl landen würde, die Zeitungen hatten natürlich inzwischen alle in dicken Schlagzeilen von der Mordanklage gegen den G-man Cotton berichtet und sicher auch den Zeugen Borty erwähnt. Daraus hatte er sich zusammengereimt, wer ich sein müßte Nun, er hatte versprochen, daß er mich nicht verraten würde. Und erschien mir durchaus zu den Männern zu gehören, die ihre Versprechen halten. Trotzdem war es angebracht, meine Kleidung zu wechseln. Mantel, Hut und Anzug waren meinen Kollegen nur zu gut bekannt, als daß sie mich nicht auf offener Straße trotz meiner Maske hätten erkennen können.
Ich kaufte das Billigste vom Billigen, einen Anzug zu vierundzwanzig Dollar, ein Hemd für eins neunzig, eine Krawatte für vierzehn Cents, einen Mantel für sechzehn Dollar und einen Hut für drei fünfzig. Ich zog es in der Umkleidekabine an und ließ meine anderen Sachen einpacken.
Der Verkäufer zweifelte offensichtlich an meiner geistigen Gesundheit. Da kam ein Mann mit Kleidung von ziemlich guter Qualität, um sie gegen die billigsten Klamotten umzutauschen. Er warf mir Blicke zu, die einem deutlich genug sagten, was er von mir hielt.
Ich beeilte mich, schnell wieder herauszukommen und schlug vorsichtshalber ein paar Haken, falls man wegen meines verdächtigen Benehmens die nächste Streife angerufen haben sollte.
Am nächsten Postamt gab ich das Paket als postlagernd an Jerry Cotton auf. Dort konnte es erst einmal lagern, Entweder konnte ich es unter meinem richtigen Namen wieder abholen — oder es würde nie abgeholt werden.
Mit einem neuen Taxi fuhr ich weiter ins Hafengobiet. In einem kleinen Hotel nahm ich ein Zimmer gegen Mietvorauszahlung für zwei Tage. Ich legte mich aufs Bett und döste vor mich hin.
Soweit war es also gekommen. Cotton versteckt sich in einem solchen Laden vor den Kollegen, die ihn suchen. Manchmal ist die Welt alles andere als genießbar.
Ich hatte unten gesagt, man möchte mir die
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