0103 - Ich - der Mörder Jerry Cotton
bezahlen Sie!« sagte ich ruhig.
Ich erntete nur ein dröhnendes Gelächter. Ich zuckte die Achseln und sagte zum Barkeeper:
»Ich möchte jetzt bitte meinen bestellten Whisky haben. Daß ich den eben nicht bezahlen werde, ist Ihnen doch klar, wie?«
Noch bevor der Barkepper zu einer Antwort kam, legte sich mir die schwere Pranke meines Radaubruders auf die Schulter.
»Hör mal, Stinktier«, sagte er, »wenn du jetzt nicht verschwindest, lege ich dich aufs Kreuz, daß du dein ganzes Leben lang dran denkst! Ich mag nun mal diese farbige Pest nicht, die unser schönes Amerika immer mehr erobert. Klar?«
Ich wandte mich langsam zu ihm.
»Und ich mag diese edelweißen Halunken nicht, die sich auf ihre Hautfärbe etwas einbilden«, sagte ich ruhig.
»Als Ihre Vorahnen noch in Italien Leibeigene waren oder in Frankreich halbverhungerte Kleinbauern, da waren in diesem Lande die Indianer schon ein freies Volk. Klar?«
Er starrte mich wie ein Weltwunder an. Dann gluckste er lachend:
»Sieh an, unser Stinktier hält Reden! Na, komm, ich werde dir auch mal eine Rede halten. Das ist ja doch die einzige Art, die ihr Brüder versteht!«
Er holte aus. Diesmal kippte ich den Whisky durch die Gegend. Aber ich traf mit der scharfen Flüssigkeit voll sein Gesicht. Er heulte auf und riß die Hände vor die Augen. Ich wartete ein paar Sekunden, bis er die Hände selber wieder wegnahm und mit tränenden Augen nach mir Ausschau hielt.
In der Kneipe herrschte jetzt Totenstille. Alle Augen blickten zur Theke.
»Mach ihn fertig!« rief einer und meinte offensichtlich den Radauhelden.
»Das ist ungerecht!« riefen andere. »Der Indsman hat sich ruhig und bescheiden betragen! Heyo, Rothaut, enttäuschte mich nicht!«
Ich hörte die Zurufe nur im Unterbewußtsein. Vor mir stand der Riese und rieb sich noch einmal die tränenden Augen.
»Diesen Whisky bezahle ich«, sagte ich mit fester Stimme in das tiefe Schweigen hinein. »Denn er ist da gelandet, wo ich ihn hinhaben wollte.« Ein dröhnendes Gelächter hallte durdi die Kneipe. Der Kerl vor mir schwoll an vor Wut und brüllte irgendein Schimpfwort, das im Gelächter der anderen Gäste unterging.
Anscheinend hatte sich der Zustand seiner Augen schon wieder gebessert, denn er walzte auf mich los. Primitiv, selbstüberzeugt und jeder Zoll nur Kraft — ohne eine Spur von Intelligenz. Wenn er so unvorsichtig zu kämpfen gedachte, brauchte ich mir keine Sorgen zu machen.
Ich ging ging ihm nicht einen Schritt entgegen. Erst als er dicht vor mir stand, duckte ich mich vor seiner Rechten weg, bekam aber die Linke quer vor die Rippen, allerdings abgleitend, wodurch ihre Wucht gemilaert wurde. Aber ich war ja nicht ohne Absicht stehengeblieben. Während mich seine Linke knapp erwischte, setzte ich ihm meine Rechte hart in die Brustgrube.
Er warf sich in ein Hohlkreuz und schnappte nach Luft. Ich knallte ihm eine Serie kurzer, aber kräftiger Brocken auf die Rippen. Er kam langsam wieder zu Luft. Und jetzt mußte ich einen Schlag gegen meine linke Schulter einstecken, der mich ein paar Schritte zurückwarf.
Jeder Schlag wurde von lauten Rufen der Gäste begleitet. Aber ich hörte sie kaum, nur mit dem Unterbewußtsein. Als er mir nachsetzte, täuschte ich einen linken Magenhaken vor- Er duckte sich und zog unwillkürlich den Bauch ein. Dadurch kam mir sein Kinn ein bißchen besser in Reichweite. Ich konnte einen Uppercut plazieren, von dem er schwach in den Knien wurde. Trotzdem versuchte er noch, mir sein Knie in den Unterleib zu rennen. Ich hatte genug.
Mit der gestreckten rechten Hand legte ich ihn auf das Parkett. Er fiel wie ein Klotz. Ich rieb mir die linke Schulter, wandte mich zur Theke und sagte:
»Jetzt möchte ich aber endlich einen Whisky trinken.«
Damit war der Bann gebrochen. Aus der lähmenden Stille wurde eine brandende Unterhaltung. Ich lehnte mich gegen die Theke, um meinen Gegner nicht aus den Augen zu lassen. Falls er Lust zu einer zweiten Runde verspürte, wollte ich wenigstens keine Flasche von hinten über den Schädel gezogen kriegen.
Während ich gleichmütig durchs Lokal sah, entdeckte ich plötzlich Lordes. Er mußte gekommen sein, während ich den Radaubruder ein bißchen besänftigte. Ich ließ meinen Whisky stehen und ging zu ihm.
»Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen, Mr. Lordes?« fragte ich.
Er sah mich von unten bis oben an.
»Sie kennen mich?«
Ich nickte.
»Okay, setzen Sie sich«, sagte er. »Burschen wie Sie gefallen mir.
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