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0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

Titel: 0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Lippen und trank mit tiefen Zügen.
    Mit jedem Schluck erblindete er mehr und mehr.
    Und er sah trotzdem!
    Denn je leerer der Gral wurde, um so stärker bildete sich an seiner äußeren Wandung ein Auge heraus. Ein lebendiges Auge in einem toten Pokal.
    Und mit diesem Auge sah Narko, der Dämon, mehr, als er je als Mensch zu sehen vermocht hatte. In diesem Auge auf dem Pokal lebte er weiter. Würde er ewig leben.
    Er nahm die blutige Klinge neben dem Kopf des Leichnams auf dem Opferstein weg und stieß sie sich ins Herz.
    Er hatte sich geirrt.
    Da waren überhaupt keine Schmerzen mehr.
    Das Heft des Dolches ragte ihm aus der Brust, aus der kein Blut floß. Mit herkömmlichen Mitteln war Narkos Körper nicht mehr zu töten.
    Das überraschte den ehemaligen Magier ein wenig. Er hatte sich vorgestellt gehabt, entseelt keinen Körper mehr zu haben, losgelöst zu sein von dem, was ihn jemals mit allem Irdischen verbunden hatte.
    Enttäuscht war er darüber nicht. Doch er mußte noch eine Probe aufs Exempel statuieren.
    Er ging auf die Wand neben dem Eingang zu. Den goldenen Gral hielt er vor sich.
    Noch ein Schritt.
    Er nahm nur ein Gefühl wahr, als würde er sich in einer herannahenden Woge befinden. Ein echtes Hindernis bot ihm die steinerne Wand nicht.
    Er stand draußen vor der Außenmauer seines Tempels. Innerhalb der Palisadenwände brannten keine Lichter mehr. Die Fenna schliefen.
    Er nahm denselben Weg zurück.
    Und Narko vernahm den dringenden Wunsch aus der Zukunft.
    Ein bösartiges Lächeln grub sich in seine entmenschten Züge. Das Auge am Gral leuchtete auf wie Glut, in die man Sauerstoff wedelt.
    »Ich komme jetzt«, formulierten Gedanken Worte. »Ich habe dich gewarnt, Fremder! Doch jetzt werde ich deine Seele trinken. Ich werde noch sehr viele Seelen trinken, und jede einzelne von ihnen wird mich stärker und stärker machen…«
    ***
    Professor Zamorra dröhnten die Ohren, als diese Worte überlaut aus den Lautsprechern trommelten und die Resonanzbänder zum Klirren brachten.
    Er wurde das verzweifelte Gefühl nicht los, um Minuten oder auch nur Sekunden zu spät gekommen zu sein.
    Und sein magisches Amulett war weg…
    Die Atmosphäre im Laboratorium begann, sich zu verändern. Die anheimelnde Wärme aus dem Kamin wich einer beklemmenden Feuchtigkeit, wie man sie manchmal in alten, unterirdischen Gewölben antrifft, wo sie den Boden unter den Füßen naß und glitschig macht.
    An der Decke flackerte das Licht. Der Wolframdraht der Birne würde jeden Augenblick durchbrennen. Auch die Zeiger an den Skalen der vielen Instrumente spielten verrückt. Sie zuckten hin und her wie tanzende Derwische, bis sie sich verbogen. Rauch stieg hinter einem der Verstärker hoch, und es roch nach verbranntem Isoliermaterial.
    Als die Glühlampe mit einem leisen Scheppern tatsächlich durchbrannte, drang grünliches, unirdisches Licht aus den Wänden, als würden sie aus sich selbst leuchten wie verfaulendes Holz. Nur ein paar Armaturenbeleuchtungen flackerten noch rot wie verendende Kerzenflammen.
    Mit einem lauten Krachen brach ein Blitz aus der Tonbandmaschine, und die riesigen Spulen auf den Tellern kamen ruckartig zum Stehen.
    Ein meckerndes, siegessicheres Lachen aus den Lautsprechern, deren Stoffbedeckung sich aufzurollen begann wie die Oberseite einer Sardinenbüchse. Noch Sekunden, und von Kim Lisöjns Apparaten würden nur verkohlte, ausgebrannte Rest übrig sein.
    Zamorra suchte verzweifelt nach seinem Medaillon.
    Sollte er es gegen seine Gewohnheit in eine seiner Taschen gesteckt haben?
    Er tastete sie fieberhaft ab und fand sein Amulett trotzdem nicht. Auf seiner Stirn perlten die ersten Schweißtropfen.
    Zamorra wollte von dem Drehstuhl hochfahren und verhedderte sich. Der Stuhl fiel polternd um, und Professor Zamorra stolperte darüber.
    Das Grün der Wände war inzwischen noch intensiver geworden. Sie strahlten pulsend im Rhythmus seines eigenen, schnellen Herzschlags.
    Selbst ein Mann von Zamorras Format war nicht gegen Angst gefeit. Er wußte sehr wohl zu unterscheiden, wann dieses Gefühl angebracht war und wann nicht.
    In diesen Sekunden schien es ihm höchst angebracht zu sein. Zwar nahm er es jederzeit mit Tod und Teufel auf, aber er verabscheute unkalkulierbare Risiken. Mit seinem Medaillon wären sie kalkulierbar gewesen. So aber war er einem Dämon ausgeliefert wie jeder andere Sterbliche auch. Selbst wenn er vor ihnen einen gewissen Wissensvorsprung hatte.
    Es kam jeweils auf die Kraft des Wesens

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