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0104 - Portaguerra

0104 - Portaguerra

Titel: 0104 - Portaguerra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Die Aufhängung der Gondel stieß gegen ihn, daß er sich zwischen dem T-Stück und Rollen verkeilte.
    »Nein!« stöhnte Minouche und sank auf einen Sitz. Sie wartete auf den Todesschrei des Selbstmörders.
    Stille!
    Alles lief rasend schnell ab. Nur für die verstörte und geschockte Frau in der Gondel dehnten sich Sekunden scheinbar zu Ewigkeiten des Grauens.
    Die Sicherheitseinrichtungen der Seilbahn sprachen an. Einem gewöhnlichen Menschen hätten sie nicht mehr geholfen. Er wäre zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen.
    Der Untote jedoch erreichte seinen Zweck. Der Antrieb der Seilbahn wurde ausgekoppelt. Mit einem harten Ruck stoppte die Gondel und schwang ein paarmal heftig vor und zurück.
    Minouche wendete den Kopf. Ihre Augen waren geweitet und unnatürlich starr. Der Schock!
    Sie stierte durch die Glasscheibe der Tür, sah das gräßliche Gesicht eines zweiten Mannes, dann seine Faust, die mit voller Wucht durch die Scheibe schmetterte.
    Der Mann hechtete durch die Öffnung in die Gondel, die erneut so stark schwankte, daß Minouche das Gleichgewicht verlor, von dem Sitz glitt und auf den Boden prallte.
    Im nächsten Moment hatte der Unheimliche sie gepackt und zerrte sie hoch. Erst jetzt schrie die Frau auf, aber es half ihr nichts.
    Arme streckten sich durch das zerbrochene Fenster in die Gondel herein. Eiskalte Hände packten sie unter den Achseln.
    Sie schrie noch einmal auf, und dann blieb ihr die Luft weg.
    Plötzlich schwebte sie im Freien, schlug mit den Beinen gegen den Mast und drehte sich hilflos in dem Griff des Entführers.
    Noch immer klemmte einer der Männer zwischen Gondelaufhängung und Transportrollen. Der zweite kletterte soeben wieder aus der Gondel, während der dritte sich im Stahlgerüst verhakt hatten und sie festhielt.
    »Hilfe!« schrie Minouche, doch niemand hörte sie. Zwar war man in den beiden Stationen bereits auf den Fehler aufmerksam geworden, aber niemand ahnte auch nur im entferntesten, was sich hier abspielte. Der Mast war von der Talstation zu weit entfernt, als daß George Renard mit freiem Auge etwas hätte erkennen können, und bis er seinen Feldstecher geholt hatte, waren die drei Untoten mit ihrer Beute bereits im Wald untergetaucht.
    Ihr Ziel war die Todeswand, in der sie eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatten.
    Minouche Loughelins Rolle war auch schon festgelegt. Sie sollte sterben.
    ***
    Schauriges Gelächter gellte durch die Wand. Keine menschliche Stimme war fähig, so abscheuliche Laute zu formen. Meine Nackenhaare stellten sich auf, da ich ähnliches Gelächter kannte.
    So verspotteten Dämonen hilflose Menschen, die ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren.
    »John!« Shaun Loughelin wirbelte zu mir herum. Sehen konnte er noch immer nichts. »Um Himmels willen, wer ist das?«
    »Portaguerra«, antwortete ich leise. »Er weiß, daß wir hier sind, um mit ihm zu sprechen.«
    »Wie klug du doch bist, John Sinclair!« hallte die Stimme des wiedererstandenen Magiers aus der Steilwand zu uns herauf. »So klug und so mutig! Ich ziehe in Achtung vor dir meinen Hut!«
    Ich zog etwas anderes, nämlich meine Beretta aus dem Halfter und das Silberkreuz unter dem Hemd hervor. Portaguerra sollte uns nicht überraschen können. Wir wußten uns zu wehren.
    »Zeig dich, du Feigling!« schrie ich in den Nebel hinein. »Oder hast du keinen Mut? Bist du so häßlich, daß du dich mit dieser Milchsuppe umgeben mußt?«
    Shaun starrte mich entgeistert an. Er hatte keine Erfahrung mit Höllenbestien und wußte daher nicht, daß viele von ihnen unerträglich eitel waren. Man konnte sie bei dieser Schwachstelle packen und zu Unvorsichtigkeiten verleiten.
    Tatsächlich scholl mir als Antwort ein lästerlicher Fluch entgegen. Im nächsten Moment rissen die Nebel auf, als habe sie jemand mit einem riesigen Messer durchgeschnitten. Ein eisiger Lufthauch trieb sie auseinander. Die Sicht in die Todeswand war frei. Er reichte jedoch weder zu den gegenüberliegenden Bergen noch in das Tal hinunter. Ich hatte das Gefühl, als wären wir mitten im Weltraum ausgesetzt.
    Er stand auf der »Nase«, Portaguerra, der Magier, den seine Zeitgenossen vor einem halben Jahrtausend hingerichtet hatten. Besser gesagt ermordet, da sie ihn ohne Gerichtsverhandlung über diese Felswand in den Tod gestürzt hatten.
    Er sah genauso aus wie auf den Fotos des Reporters Raoul Gasconne, nur daß er in Wirklichkeit noch viel unheimlicher und abstoßender wirkte. Die Entfernung war zu groß, als daß

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