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0104 - Portaguerra

0104 - Portaguerra

Titel: 0104 - Portaguerra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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ich Details hätte erkennen können, aber deutlich genug sah ich die haßerfüllt funkelnden Augen in dem mumifizierten Gesicht, die spinnenartigen Fingern mit den viel zu langen, krallenförmigen Nägeln und den vorne aufklaffenden Umhang, unter dem sich der abstoßende Mumienkörper abzeichnete.
    Portaguerra war nicht allein gekommen. Zwei Untote standen bei ihm. Den einen erkannte ich sofort, obwohl er durch zahlreiche Verletzungen entstellt war.
    »Roberto Maledusa«, flüsterte ich. »Paß auf, Shaun! Die Lerois-Brüder sind nicht bei ihm. Beobachte die Gegend hinter uns, nicht daß sie uns in den Rücken fallen.«
    »Gemacht, John«, antwortete Shaun ebenso leise.
    »Die Lerois-Brüder haben eine andere Aufgabe zu erfüllen, John Sinclair!« schrie mir der Magier entgegen. Auf diese Distanz konnte er uns nicht verstehen. Nur mit Hilfe seiner schwarzmagischen Fähigkeiten fing er unsere Worte auf. »Ihr werdet die Brüder gleich sehen. Meine Begleiter kennst du ja. Roberto Maledusa hast du schon gestern gesehen. Und das hier ist Raoul Gasconne. Leicht zu erraten, nicht wahr?«
    »Die dummen Späße werden dir schon vergehen, wenn wir beide abrechnen!« rief ich dem Magier zu. Eigentlich hätte ich leise sprechen können, da er mich ohnedies verstand, aber die Wut trieb mich an. »Warum bleibst du feige in deiner Felswand und stellst dich nicht zu einem offenen Kampf? Wieso vergreifst du dich an unschuldigen Menschen?«
    Er lachte haßerfüllt. »Wieso ich die Wand nicht verlassen kann, John Sinclair, weißt du! Ich bin an sie gebunden, weil ich hier starb. Erst wenn sich mein Racheschwur erfüllt hat, werde ich frei sein!«
    »Racheschwur?« fragte ich. »Hast du geschworen, du Unhold, daß du möglichst viele Unschuldige tötest?«
    »Unschuldige?« rief er höhnisch.
    »John Sinclair! Ich töte die Nachkommen der Menschen, die mich damals in den Tod stürzten! Alle ihre Nachkommen müssen sterben! Erst dann bin ich frei!«
    Ich schauderte. Ein halbes Jahrtausend war die Tat her. Man hätte einen Computer gebraucht, um auszurechnen, auf welche Zahlen die Nachkommenschaft der ehemaligen Dorfbewohner von Modane angewachsen waren! Ließ man Portaguerra freie Hand, würden Tausende, vielleicht sogar Zehntausende oder noch mehr sterben. Ich traute dem Magier durchaus die Fähigkeit zu, seine Opfer anzulocken, auch wenn sie heute noch so weit entfernt wohnten.
    »Das ist unmöglich, und du weißt das!« schrie ich ihn an, um ihn aus der Reserve zu locken.
    Ich brauche ihn gar nicht zu provozieren. Er gab mir bereitwillig Auskunft, um mit seiner Macht zu protzen.
    »Es ist nicht unmöglich, John Sinclair, du wirst schon sehen! Ich habe das Einverständnis der Hölle! Und meine Helfer, die Untoten, können sich frei bewegen. Sie werden über das ganze Land ausschwärmen und diejenigen Nachkommen der Frevler holen, die sich jetzt noch in Sicherheit wiegen. Zuerst aber wird die gesamte Bevölkerung von Modane ausgelöscht. Einer nach dem anderen!«
    »Himmel!« Shaun wurde leichenblaß. »Ich bin zwar zugewandert, aber Minouche…«
    Gellendes Gelächter schlug ihm entgegen. »Ja, deine Minouche wird auch sterben, Shaun Loughelin! Dich werde ich später töten, weil du John Sinclair hilfst! Sie aber wird jetzt gleich in den Abgrund stürzen! Als Vorgeschmack!«
    Der Nebel wich tiefer in das Tal hinunter. Ich zuckte zusammen, als ich die drei Lerois-Brüder entdeckte.
    Sie stiegen senkrecht die Wand herauf. Wieder schafften sie diese für Menschen unwegbare Route nur durch die Hilfe der Hölle.
    Zwischen sich schleppten sie einen schlaffen Frauenkörper. Ich sah rot-blonde Haare und ein grünes Kleid, mehr nicht. Die Frau war mir unbekannt.
    Shaun kannte sie dafür umso besser. »Minouche«, rief er röchelnd.
    Ich schlug ihm die Hand auf die Schulter und krallte mich an ihm fest. Mit einem harten Ruck drückte ich ihn auf den Boden. Um ein Haar hätte er sich zu weit vorgewagt. Der Todessturz wäre nicht mehr aufzuhalten gewesen.
    »Shaun!« fuhr ich ihn an, um ihn zur Besinnung zu bringen. »Sei vernünftig!«
    Doch er war es nicht! Er verlor die Nerven.
    »Minouche!« brüllte er mit solchem Schmerz, daß es mir ins Herz schnitt.
    Er wollte sich von mir losreißen und von unserem Standplatz aus den Lerois-Brüdern entgegenklettern.
    Ich hatte keine andere Wahl, packte den riesigen Mann im Genick, zerrte ihn von der Felskante weg und setzte ihm meine Faust ans Kinn.
    Der Schlag warf ihn um. Er war nicht bewußtlos, aber

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