0105 - Keine Spur von Mister High
nehmen.«
»Dienstlich hab ich das nicht gehört«, sagte Jack ernst.
In diesem Augenblick schob sich zwischen uns ein Arm hindurch und legte sich auf unsere Hände.
»Ich bin mit von der Partie«, sagte Phil Decker und stellte sein Köfferchen ab. »Noch weiß ich zwar nicht, was los ist, aber wenn ihr beide so in Harnisch geratet, dann werde ich wohl auch nicht ruhig bleiben.«
Wir drehten uns überrascht um. Phil stand mit verlegenem Grinsen hinter uns.
»Ich konnte den Rückberufungsbefehl nicht abwarten«, sagte er entschuldigend. »Den Lordiek habe ich abgeliefert, was sollte ich da noch in Detroit? Mit dem nächsten Flugzeug hat es mich zurück nach Manhattan gezogen…«
»Das mit dem Rückberufungsbefehl regle ich schon«, sagte Jack Stone nachdenklich. »Vielleicht ist es ganz gut, dass Sie eigenmächtig wiedergekommen sind, Phil. Gerade im Augenblick können wir jeden Mann gebrauchen. Jerry, ich nehme an, dass Sie den Fall Mike Marley haben möchten?«
»Darauf können Sie Gift nehmen«, sagte ich bitter. »Komm, Phil! Wir dürfen uns gleich um zwei Entführungen kümmern!«
Da wurde sogar Phil blass.
***
Auf meine Veranlassung hin erschien Mister Marley um sechs Uhr abends in der Börse. Er hatte dort ein kleines Büro. Wir saßen schon drin, als er kam.
Er war ein schwerer, vierschrötiger Mann mit buschigen Augenbrauen, breitem Gesicht und dem Schädel eines Bisonbüffels.
»Donnerwetter!«, röhrte er, als er in sein Office trat. »Wie kommt ihr hier herein? Die Tür war doch abgeschlossen! Und es gibt nur einen einzigen Menschen, der einen Schlüssel dazu hat, und der bin ich!«
»Das FBI hat im Notfall für alles einen Schlüssel«, sagte ich. »Kümmern Sie sich nicht darum, Marley. Wir hätten es unter normalen Umständen nie gewagt, mit einem Spezialdietrich bei Ihnen einzudringen. Aber ich denke, die Sache mit Ihrem Sohn berechtigt uns dazu. Wir mussten mit Ihnen Zusammentreffen, ohne dass die Kidnapper etwas von dieser Zusammenkunft bemerken konnten. Das ging in der Eile nur auf diese Weise.«
Er ließ sich erledigt in seinen breiten Armstuhl hinter dem Schreibtisch fallen.
»Okay«, nickte er müde. »Ich bin euch ja nicht böse, Boys. Imponiert mir sogar eure Masche. Na, wie sieht es aus? Könnt ihr mir Hoffnung machen?«
Er musste über die wenigen Stunden seit heute Mittag gealtert sein. Zu dieser Figur passte seine schlappe Haltung überhaupt nicht.
»Mister Marley«, sagte Phil, »wir wollen Ihnen nichts versprechen, weil wir das nicht können. Das FBI wird alles tun, was in seinen Kräften steht, das ist selbstverständlich…«
»Und was versteht das FBI unter alles?«, fragte Marley bitter.
Ich zählte es ihm auf: »Zu dieser Stunde sind vierzehn G-men aus Frisco in einem Sonderflugzeug unterwegs nach New York. Mit einer anderen Maschine kommen achtzehn G-men aus Chicago. Ein drittes Flugzeug bringt zweiundzwanzig G-men drüben von Portland und Seattle herüber. Aus allen Teilen des Landes werden mit Sonderflugzeugen insgesamt neunzig G-men zu uns geschickt. Wir können auf Anforderung an Washington noch einmal die gleiche Anzahl kriegen, sobald wir sie brauchen.«
Marley stutzte. Er beugte sich vor. Irgendwie kam Leben in seine schlaffe Gestalt.
»Hm«, brummte er, »ich gebe zu, dass ich mit soviel Leutchen nicht gerechnet hatte. Der Staat tut also im Ernstfall doch was für die Steuern, die man ihm in den unersättlichen Rachen wirft. Aber warum lassen Sie die Männer von so weit herkommen? Haben Sie in New York nicht genug Leute?«
»Das hätten wir schon«, sagte ich. »Aber da die Kidnapper nicht merken sollen, dass das FBI seine Finger bereits im Spiel hat, müssen es Leute sein, die hier nicht bekannt sind. Das Personalbüro in Washington hat samt und sonders Leute ausgesucht, die noch nie in New York waren. Man muss in solchen Fällen jede Kleinigkeit berücksichtigen.«
Marley rieb sich seine fleischigen Pranken. Sogar die Oberseiten seiner Finger waren dunkel behaart. Alles in allem wirkte er ein bisschen wie ein Gorilla, wie ein Vorzeittier mit menschenähnlichem Aussehen.
»Und was sollen alle diese Leute?«, fragte er. »Ich frage, wozu brauchen Sie soviel Leute? Um mich zu befragen, genügen Sie zwei doch völlig?«
»Damit ist noch nichts getan«, erläuterte Phil. »Wir brauchen von Ihnen eine Liste aller Ihrer Freunde, Bekannten, Angestellten und so weiter. Jeden Menschen, den Sie kennen oder den Ihre Frau kennt, müssen wir überprüfen. Seine
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