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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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sehr auf der Jagd nach dem Scharfrichter als vielmehr darauf aus, zu überleben. Nicht in einen Hinterhalt zu rennen. Er spähte ängstlich nach einer Bewegung zwischen den Grabsteinen, die aufragten wie mahnende Finger.
    Madame Lafitte aber glühte vor Haß. Sie wünschte sich nichts sehnlicher als dem Scharfrichter zu begegnen. Sie war bereit, sich auf ihn zu stürzen. Gespenst oder nicht.
    Als es dann aber soweit war, riß sie aus.
    Ein leises Kratzen und Schaben ließ sie aufmerksam werden. Erdreich bewegte sich. Brach auf, und eine mumifizierte Hand erschien. Unter den erschreckend langen Fingernägeln saß Lehm vom Grabhügel.
    Mühsam quälte sich eine Schulter ins Freie.
    Erschreckend schnell folgte die ganze Gestalt. Der Scharfrichter von Mazamet erhob sich drohend.
    Von Zamorra keine Spur. Er durchsuchte gerade den abgelegenen Teil des Friedhofs. Dort, wo an der Mauer die Selbstmörder verscharrt wurden. Ohne geistlichen Beistand. Dort schien ihm der rechte Ort zu sein, den Unhold aufzuspüren. Wo sonst sollte sich das Mordgespenst verbergen?
    »Weg! Nichts wie weg!« gurgelte Lapin.
    Ihm versagte fast die Stimme.
    Er wich zurück. Notfalls bereit, sich ohne die Frau zu retten.
    Tatsächlich ließ sich Madame Lafitte nicht beirren.
    »Verdammter Mörder!« schrie sie. Mit bloßen Händen griff sie das Monstrum an, das über und über mit Lehm beschmiert war und dieses scheußliche schwarze Trikot trug. Kohlschwarze Augen glühten. Haar hing unordentlich und zottelig unter der Kapuze hervor, die nur das bleiche Gesicht freiließ.
    Madame Lafitte war wie von Sinnen. Wie eine Furie stürzte sie sich auf den Gegner.
    Der Scharfrichter von Mazamet aber erhob stumm das Schwert. Die Klinge widerspiegelte das bleiche Licht des Mondes.
    Ein helles Pfeifen!
    Der Kopf der Frau flog zur Seite. Ihr Rumpf stürzte aus der Bewegung zu Boden. Sie war unter dem Arm des Scharfrichters weggetaucht und hatte sich, urplötzlich zur Besinngung gekommen, zur Flucht gewandt. Da hatte der tödliche Streich sie ereilt.
    Abbé Lapin wandte sich in stummem Entsetzen zur Flucht. Fast versagten die Beine ihm den Dienst. Er wollte schreien, brachte aber nur ein heiseres Krächzen heraus. Er rannte, daß die Kiesel nach allen Seiten spritzten.
    Nach wenigen Metern wandte er sich um.
    Er hörte nichts hinter sich, nahm also an, er werde nicht verfolgt. Um so schlimmer traf ihn der Schock, als der Scharfrichter von Mazamet ihm auf den Fersen blieb.
    Lapin rannte um sein Leben. So schnell, daß er glaubte, er werde gleich vom Boden abheben. Noch immer sah er das schreckliche Ende der Madame Lafitte vor Augen. Die Angst würgte ihn. Beflügelte gleichzeitig seine Schritte.
    Abbé Lapin steuerte in seiner Not die Kapelle an. Zamorra war nirgends zu sehen. Hilfe also nicht zu erwarten. Und mittlerweile war dem rundlichen Geistlichen längst die Luft knapp geworden. Er konnte gar nicht mehr um Hilfe schreien. Außerdem ging alles zu schnell. Viel zu schnell.
    Lapin erreichte mit Mühe und Not die Kapelle, rannte durch das Tor und warf es hinter sich ins Schloß. Der Schlüssel steckte von innen. Kein glücklicher Umstand, sondern Gewohnheit. Niemand in Mazamet suchte jemals diesen Ort auf, ohne zwingenden Grund.
    Lapin kam zum torkelnden Halt. Seine schweißnassen Hände umklammerten eine Säule des Vordaches, das durch die Gittertür hermetisch abgeriegelt wurde.
    Natürlich schluckte der Mann bei dem Gedanken, dieser Geisterspuk sei durch eine solche solide Eisenkonstruktion keineswegs aufzuhalten. Aber er hielt die Wahrscheinlichkeit für ziemlich gering, ohne sich darüber Rechenschaft abzulegen. Zumal sein Verstand ihm hätte sagen müssen, wie oft dieser Unheimliche bereits durch Wände und Mauern geschritten war, als seien sie für ihn nicht vorhanden.
    Trotzdem kam es, wie Lapin es erhofft hatte.
    Nicht, daß der Scharfrichter sich verflüchtigte, um diesseits des rettenden Schutzgitters wieder festere Formen anzunehmen. Nein, er verhielt sich wie ein normaler Sterblicher.
    Er versuchte wütend, an sein Opfer heranzukommen. Mit Gewalt. Wobei die seelenlosen Augen nicht etwa Lapin fixierten, sondern irgendwo hinstarrten. So, als sähe der Scharfrichter gar nichts. Oder nehme zumindestens nichts mit Bewußtsein auf.
    Der Beidhänder wurde wuchtig geführt. Hoch schwebte die breite metallisch glänzende Klinge, von Knochenarmen und fast skelettierten Händen geführt, über dem Totenschädel des Unholds.
    Deutlich sah Lapin den

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