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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Bewegungsablauf. Bemerkte jede Einzelheit. Bis hin zu den Verschiebungen des schwarzen Trikots, das jede Bewegung mitmachte und zunächst unter den Achseln spannte und Falten warf. Dann, als das Schwert heruntersauste, sich wieder glättete.
    Eisen prallte auf Eisen, daß die Funken stoben. Und wieder und wieder erhob der Mörder den Beidhänder. Die senkrechten Streben beulten ein. Kein Zweifel! Der Kerl war drauf und dran, sich durch das Gitter zu hacken. Er verfügte über unmenschliche Kräfte.
    Da mußte Zamorra doch aufmerksam werden. Wo steckte der Professor? War er selbst in eine Falle getappt? Nahmen diese Rückschläge niemals ein Ende? Konnte es gar keinen Sieg gegen diese unheimlichen Gesellen geben? Würden sie alle bezwingen in Mazamet, diese Ungeheuer?
    Lapin sah mit Beben, wie die Tür nicht länger standhielt. Die Eisenstäbe gaben nach, während das Schwert noch nicht eine Scharte aufwies. Und dann brach er durch, der Scharfrichter! Er erzwang sich den Zugang mit Brachialgewalt. Er nutzte die erste winzige Lücke aus, um sich durchzuzwängen.
    »Nein! Nein!« heulte der Abbé auf.
    Er war gefangen, steckte in einer tödlichen Falle. Vor ihm dieses Monstrum. Hinter ihm die feste und verschlossene Bronzetür der Kapelle, in deren Vorraum sich Lapin geflüchtet hatte. Offenbar vergeblich. Denn dem Unhold entkam keiner. Nicht Lafitte, nicht dessen Frau und jetzt war er eben an der Reihe, Abbé Lapin, mit den besten Vorsätzen nach Mazamet gekommen. Und nicht mit der leisesten Ahnung, daß nach langen Jahren sich sein Schicksal auf solche schreckliche Weise vollenden sollte.
    Der Knochenmann war durch. Mit eingezogenem Kopf kam er durch die kaum schulterbreite Bresche. Dabei glitt ihm die Kapuze vom Kopf.
    Lapin sackte in die Knie.
    Er bemerkte einen behaarten Schädel, dem der hintere Teil fehlte. Die ganze Gestalt roch nach Moder und Fäulnis und feuchtnasser Grabesluft. Aus welcher Hölle war dieser Besessene entsprungen?
    Die Haut spannte über den Backenknochen und warf Falten und Runzeln. Während sich das Wesen mit der Behendigkeit eines Jünglings bewegte.
    Der Scharfrichter zog langsam sein unhandliches Schwert nach. Hatte Mühe, es durch die Lücke zu zerren.
    Das Monster schien wütend. Denn es riß und riß. Bis das Schwert, das sich verklemmt hatte, freikam. Deutlich schepperte Eisen über Steinboden. Gelenke knackten.
    Langsam richtete sich der Teufelsspuk auf.
    Eine fleischlose Hand schoß vor. Wie ein Würgeeisen legte sich die Hand um den Hals des Abbés. Da war kein Blut und kein Leben. Nur ein Kratzen, als werde jemand mit Sandpapier bearbeitet.
    Und dann hob der Scharfrichter von Mazamet sein Schwert…
    ***
    Zamorra eilte zwischen Grabsteinen hindurch über den Friedhof. Er suchte den Gegner, der sich nicht zum Kampf stellte. Dabei richtete er sein Hauptaugenmerk auf die sogenannte Selbstmörderecke. Irgendwo mußte er doch ruhen, der Scharfrichter, der durch geheimnisvolle Beschwörungen und Rituale zu einem schrecklichen Leben zurückgefunden hatte - Jahrhunderte nach seinem Tod.
    Der Schrei von Abbé Lapin ließ Zamorra herumfahren.
    Der Professor machte kehrt. Auch, wenn Lapin nicht gerade den Mut gepachtet hatte, aus seinem Schrei sprach soviel Entsetzen, daß es keinen Zweifel gab. Er befand sich in höchster Lebensgefahr.
    Zamorra hastete nicht länger die Wege entlang. Er übersprang Hindernisse. Er gelangte zu der Stelle, an der er zuletzt den Abbé gesehen hatte. Dann erst bemerkte er den armen Kerl im Vorraum der Friedhofskapelle.
    Im Sperrgitter klaffte eine Bresche.
    Das schwarze Trikot ließ keinen Zweifel: der Scharfrichter von Mazamet hatte ein neues Opfer gefunden.
    Zamorra rannte, um Lapin zu helfen.
    Dabei umkrampfte die Hand des Professors das wundersame Amulett, das ihm selbst und anderen schon aus mancher Klemme geholfen hatte.
    Zamorra fürchtete fast, er komme zu spät. Gerade hob der Unheimliche sein Richtschwert. Dabei schien er über unerklärliche Kräfte zu verfügen. Unerklärlich wie seine ganze Existenz. Denn er benutzte nur eine Hand. Die andere umklammerte Lapins Hand.
    Der Priester war starr vor Entsetzen und vermochte sich nicht zu rühren. Er zappelte nicht einmal instinktiv unter dem Würgegriff der Knochenhand, sondern schloß ergeben die Augen.
    Da war Zamorra heran.
    Seine Hand mit dem Amulett stieß vor.
    Es geschah das gleiche wie schon einmal: ein irres Flimmern und Leuchten. Die Spukgestalt zerfloß, verflüchtigte sich und verschwand

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