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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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nicht mehr in Frage.
    Er mußte sich einen Ruck geben.
    Sein Gesicht veränderte sich auf erschreckende Weise. Er ließ seinem uralten und sorgsam kultivierten Haß freie Bahn und fühlte sich gleich besser. Nein, er durfte nicht nachgeben.
    Houdain dachte an die Jahre der Demütigung und Verfolgung. Niemand hatte sich im Sinne des Gesetzes schuldig gemacht, und doch hatten die Einwohner von Mazamet ihm schlimme Wunden zugefügt. Sie hatten ihn verstümmelt. Also würde er ihnen gleiches mit gleichem vergelten. So etwas durfte nicht ungestraft bleiben. Damit diese fetten und verlogenen Bürger Recht behielten?!
    Houdain knirschte mit den Zähnen.
    Nicole bemerkte, daß es keinen Zweck hatte, auf Einsicht zu hoffen. Dieser Mann hatte sich so in seiner Idee von einer perfekten Rache verrannt, daß er davon nicht mehr loskam.
    Da wußte Nicole, daß es nur noch eine Möglichkeit gab: sie mußte fliehen. Vielleicht schaffte sie es, so dieser Hölle zu entkommen.
    Sie befanden sich nicht mehr im Keller, den Houdain angelegt hatte. Die Zeit auf der Couch war vorbei für Nicole.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß Zamorra mein Spiel so schnell durchschaut«, gestand der Verbrecher. »Ich dachte, die verschiedenen Erscheinungsformen des Scharfrichters würden ihn so verwirren, daß er keinen Anfang und kein Ende des Knäuels findet.«
    Nicole lächelte nur.
    Sie begriff schnell. Wenn es auf die verständnisvolle Tour nicht ging, mußte sie eben versuchen, den Burschen zu provozieren. Dann drehte er durch, beging einen Fehler und verlor das tödliche Duell gegen den Professor. Nicole fühlte sich gleich viel besser. Obgleich in der Gewalt Houdains, konnte sehr viel von ihr angezettelt werden, um den weiteren Gang der Dinge zu beeinflussen und ihrem Gegner zu schaden.
    »Ich glaube überhaupt nicht, daß Sie gegen Zamorra eine Chance haben«, behauptete Nicole. »Sicher, Sie beherschen eine Menge Tricks. Aber der Professor kennt sie alle und weiß um die Gegenmittel.«
    »So gut ist er nun auch nicht«, protestierte Robert Houdain.
    Seine linkes Augenlid zuckte. Er konnte den Muskel nicht unter Kontolle bringen. Auch er war erschöpft. Ihn hatten die scheußlichen Experimente ebenfalls an den Rand des Zusammenbruchs geführt.
    »Er ist noch besser. Lassen Sie sich das gesagt sein.«
    Nicole lieferte Beispiele. Sie erzählte von den aufsehenerregendsten Fälle, die Zamorra gelöst hatte. Und darunter befanden sich viele, die ähnliche Anstrengungen verlangt hatten wie der Kampf gegen den Amokläufer Robert Houdain.
    Houdain hörte aufmerksam zu. Nicht, daß er plötzlich verunsichert war. Aber er räumte unumwunden ein, daß Zamorra ihm Rätsel aufgab.
    »Heute nacht werde ich ihn packen«, gelobte Houdain. »Ich werde den Scharfrichter durch das Dorf Mazamet gehen lassen wie einen Würgeengel. Er wird an die Häuser klopfen und alles umbringen, was ihm vor die Klinge läuft.«
    »Zamorra wird ihn stoppen.«
    »Zamorra wird ihn erst später zu Gesicht bekommen«, konterte Houdain ärgerlich. »Denn ich werde ihn hierher locken. Ich werde ihn blenden und täuschen, wie er es noch nie erlebt hat. Ich werde noch einmal versuchen, seinen Willen zu brechen und ihn so zu beherrschen. Ich gebe niemals auf. Mich muß man zehnmal töten, um sicher zu gehen. Mich schafft niemand. Nicht einmal Professor Zamorra.«
    »Wollen Sie ihm etwa einen Brief schreiben?« spottete Nicole Duval.
    Houdain warf ihr einen verächtlichen Blick zu.
    Dann hockte er sich einfach auf den Boden, kreuzte die Beine auf eine bestimmte Art und legte die Fingerspitzen an die Schläfen. Mit leerem Blick starrte er vor sich hin. Schien sich in ein Problem zu versenken. Nicole verstand zu wenig von Telepathie, um zu begreifen, was dieser Gaukler wollte.
    Nicole dachte nur, als der Geist des Magiers weit genug entfernt war, sie könne sich aus dem Staub machen. Also zog sie sich langsam Schritt für Schritt zurück. Ihr Herz klopfte bis zum Halse. Sie ließ Houdain nicht aus den Augen. Sie mußte hier heraus. Um jeden Preis. Dieser Mann war zu allem fähig…
    ***
    Das Wetter lud nicht gerade zu einem Spaziergang ein. Über die Bergrücken kam ein scharfer, kühler Wind. Es regnete leicht. Der Himmel zeigte sich grau in grau. Nicht eine Spur von Sonne.
    Aber Zamorra achtete nicht auf solche Nebensächlichkeiten. Er wußte, worum es ging, und konzentrierte sich auf seine Aufgabe. Dies war für ihn kein Spaziergang, eher eine Expedition ins Unbekannte. Ein Weg voller

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