Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
Vom Netzwerk:
Ich hasse das Pfählen. Ich hätte vor einigen Wochen nicht geglaubt, daß ich mich für etwas derartig Grausames hergeben könnte - aber ich weiß jetzt, daß wir keine Wahl haben. Wir müssen diesen Teufelsspuk mit allen Mitteln beseitigen. Wir haben das Recht, uns zu verteidigen und so soll es nicht daran scheitern, daß ich zögere, einen Toten zu töten. Ihm die ewige Ruhe zu schenken, indem ich ihn für alle Zeiten daran hindere, sein Grab zu verlassen. Ganz zu schweigen von den vielen Menschenleben, die ich dadurch rette. Ich weiß wirklich nicht, wie es soweit kommen konnte. Unglaube erschüttert mich wesentlich weniger. Ihn kann man bekämpfen.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, tröstete Zamorra den Abbé. »Im übrigen hat es die Dinge, die Ihnen solchen Verdruß bereiten, schon ewig gegeben. Generation um Generation hat das Wissen um die Kräfte der Dämonen und Untoten, der Werwölfe und Vampire weitergegeben. Wir haben nur nicht mehr auf die Warnung geachtet.«
    ***
    Nicole Duval, Zamorras hübsche Sekretärin, sah nur noch aus wie ein Schatten ihrer selbst. Die verbrecherischen Experimente hatten sie geschwächt. Sie befand sich in einem Zustand völliger geistiger und seelischer Erschöpfung.
    Robert Houdain, der finstere Einzelgänger, genoß die Gesellschaft eines menschlichen Wesens. Noch dazu eines so anziehenden wie in diesem Fall Er umsorgte Nicole.
    Die Erinnerung des Mädchens war blockiert. Und doch konnte sie zwei und zwei zusammenzählen. Warum wurde sie nicht in ein Krankenhaus gebracht? Die Verletzungen aus dem angeblichen Unfall konnten nicht so schwerwiegend sein, wie ihr Pfleger immer behauptete. Und schließlich: warum besuchte Zamorra sie nicht? Es gab nur eine Erklärung: der Professor wußte überhaupt nicht, wo seine Sekretärin sich befand Das wiederum sprach nicht gerade für Houdain.
    Von diesem Mann ging eine kalte Drohung aus. Immer bemühte er sich, Nicole aufmerksam und zuvorkommend zu behandeln. Er trat ihr niemals zu nahe. Aber man spürte unter dieser freundlichen Tünche den Eishauch einer öden gefährlich gestimmten Seele, das brennende Verlangen nach Rache.
    So blieb es nicht aus, daß Nicole, die sich inzwischen in der Hütte nützlich machte, ihrem Gefährten einige Fragen stellte.
    Sonst hatte Robert Houdain immer zugeknöpft reagiert. Diesmal gab er sich gelassen. Er gestand unumwunden, daß er Nicole entführt hatte und hier untergebracht.
    »Das heißt, Sie werden mich nicht wieder freilassen?« erschrak Nicole. Sie stand am Herd und versuchte, aus dem wenigen, was die Küche hergab, ein Essen zu kochen. Sie jedenfalls konnte über einen Mangel an Appetit nicht klagen. Wenngleich sie das Ergebnis ihrer Bemühungen nur mit Mißtrauen betrachtete. Sie dachte mit Wehmut an die vielen Schlemmermahlzeiten, die sie zusammen mit Professor Zamorra eingenommen hatte.
    »Was werden Sie tun, wenn Sie erreicht haben, was Ihnen vorschwebt?« erneuerte Nicole den Versuch, mit Houdain ins Gespräch zu kommen.
    »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht«, erwiderte der Mann.
    »Sie können unmöglich hierbleiben.«
    Bei dieser Feststellung schaute Houdain seine Gefangene erstaunt an. »Sie machen sich Gedanken, was aus mir wird?« vergewisserte er sich.
    Nicole bezwang ihren Widerwillen.
    »Ist das nicht natürlich? Wir leben jetzt schon Tage zusammen, und ich habe Sie von der besten Seite kennengelernt. Da darf ich mir eine solche Frage wohl erlauben.«
    Nicole ging mit echt weiblicher List vor. Und Houdain, der begabte Magier und Seelenarzt, der die geringsten Regungen der menschlichen Seele beliebig erzeugen und stimulieren konnte, schluckte den Köder. Er fühlte sich geschmeichelt. Bislang hatte er das Leben von der rauhesten Seite kennengelernt. Niemand hatte jemals Mitgefühl gezeigt oder gar ein ehrliches Interesse an seinem Schicksal. Nicoles Aufmerksamkeit ging hinunter wie Balsam. Fast begann der Eisblock zu schmelzen.
    »Hier kann ich dann wohl nicht bleiben«, stellte Houdain fest. Es klang fast ein wenig bedauernd.
    »Was ist denn schon geschehen? Noch können Sie umkehren«, rief Nicole, weil sie nicht wußte, wieweit Houdain in seiner blinden Rachsucht bereits gegangen war. Da wirkte und griff die hypnotische Sperre. Sie ahnte nicht einmal, daß sie - wenn auch unwissentlich und bestimmt nicht freiwillig - den begangenen Verbrechen Vorschub geleistet hatte. Es hatte Tote gegeben. Blut war geflossen. Ein einfacher Waffenstillstand kam für Houdain

Weitere Kostenlose Bücher