0106 - Der Komet aus der Hölle
Spuk kann die Tscheka auch nichts ausrichten«, sagte Zamorra.
»Nein, aber es gibt eine Menge Ärger, wenn ich nicht alles in die richtigen Wege leite. Dieser Satanskomet wird als Geheimwaffe des imperialistischen Auslandes, als Fliegende Untertasse und als alles mögliche betrachtet werden. Hätten wir doch nur nie an dieser Jagd teilgenommen.«
»Dann wäre es auf andere Weise passiert«, antwortete Zamorra. »Dieser Komet ist nicht zufällig gerade bei uns aufgetaucht. Ich bin der Meister des Übersinnlichen. Jurij Techows Frau ist eine Nachfahrin der Larissa Czerskaja. Stenka Badzak hat aus gutem Grund zugeschlagen.«
Svetlana Techowa war ausgebildete Technikerin, keine Seltenheit in der UdSSR, in der es keine typisch männlichen Berufe mehr gibt. Sie sprach wie ihr Mann Englisch und Französisch und war der Unterhaltung gefolgt.
»Was ist mit Stenka Badzak?«
»Ich erzähle es dir, Ljubjana, Liebling«, sagte der Major.
Die Männer legten die dicke Überkleidung ab, trampelten in der Diele den Schnee von den Schuhen und betraten das Wohnzimmer, wo bereits ein hohes Feuer im Kamin loderte. Der Raum war groß, aber gut geheizt. Die rustikalen Möbel sahen massiv aus.
Die rundliche Haushälterin kam sofort mit Wodka, Tee und einer Schüssel mit dampfender Soljanka-Suppe, einer Suppe mit Geräuchertem. Svetlana sagte ihr, sie sollte das Essen warmhalten, es könnte eine Weile dauern.
Dann wandte sie sich an die drei Männer.
»Bitte, ich will jetzt Bescheid wissen. Ihr seht alle sehr bedrückt aus. Ist der Gospoda Duvalinska etwas passiert?«
»So kann man es nennen«, meinte der Major und berichtete.
Svetlana Techowa faßte sich an den Hals, als er vom Satanskometen sprach.
»Also lügt die Legende doch nicht!« rief sie aus. »Stenka Badzaks höllische Seele ist zurückgekehrt, nach genau dreihundert Jahren, so wie der Teufel es dem Ataman zusicherte.«
Sie erzählte die Legende von Stenka Badzak, dem Kosaken des Teufels.
»Arme Gospoda Duvalinska«, sagte sie. »Sie wird ebenso grausam sterben wie meine Vorfahrin Larissa Czerskaja, die Bojarentochter.«
»Wie ist diese denn gestorben?« wollte Zamorra wissen.
»Sie ist verhungert. Stenka Badzak ließ sie im Kerker verschmachten. Er nahm damals nach seiner Hinrichtung fürchterliche Rache. Doch die Geschichten über diese Zeit sind verworren. Sicher ist nur, daß der Grausame Stenka die Ukraine fürchterlich heimgesucht hat.«
»Ich habe dir noch nicht alles gesagt«, meinte der Major und räusperte sich. »Dieser Satanskomet, der Gospoda Duvalinska verschlungen hat. Die Donnerstimme sprach, du seist eine Nachfahrin der Czerskaja. Morgen um die gleiche Zeit solltest du das Schicksal Nicole Duvals teilen.«
Svetlana wurde blaß.
»Fürchterlich«, sagte sie leise. »Ich habe das immer als baren Unsinn abgetan, aber mich doch für die in vielem unklaren alten Überlieferungen interessiert, da ich von der Czerskaja abstamme. Ich weiß jetzt auch, warum Nicole Duval verschwunden ist. Sie hatte das gleiche Unglück wie einige Frauen und Mädchen, die damals im 17. Jahrhundert von Stenka Badzak und seinen Kosaken getötet wurden.«
»Welches?«
»Sie hat äußerlich Ähnlichkeit mit der Czerskaja. Auch diese war eine schöne, dunkelhaarige und grazile Frau. Bevor Stenka Badzak enthauptet wurde, stieß er einen Racheschwur aus, der sich bald darauf bewahrheitete.«
Sie erzählte von der Hinrichtung des Kosaken-Atamans Stenka Badzak am Allerseelentag, dem 2. November 1678.
»Schrecklich«, sagte Zamorra. »Dann soll Nicole also vermutlich elend verhungern wie die Czerskaja.«
»Das ist anzunehmen.«
»Da wir schon soviel wissen, wollen wir alles erfahren. Was geschah damals? Welche Rolle spielten Larissa Czerskaja und der Pope Boromir? Und was passierte nach Stenka Badzaks Enthauptung?«
»Stenka Badzak war ein Kosaken-Ataman und ein Gefolgsmann des russischen Nationalhelden Bogdan Chmelnyzkyj. Der Grausame Stenka muß zur Zeit der Regierung Zar Michail Fjodorowitschs geboren sein, um 1615 bis 1620 herum. Die Zeit der polnischen Besatzung Rußlands währte von 1610 bis 1613. Danach gab es immer wieder Kämpfe und Kriege gegen die Polen. Die Ukraine und andere weite Gebiete links des Dnjepr gehörten dem Polnischen Reich. Bogdan Chmelnyzkyj hat einen erbitterten Kampf gegen die Polen geführt, bis er 1657 starb. Erst zehn Jahre später war der Krieg zu Ende. Dann wurden die neuen Grenzen festgelegt, die Gebiete links des Dnjepr waren fürs
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