0106 - Der Komet aus der Hölle
Zarenreich gewonnen.«
Bill Fleming fühlte sich als Historiker berufen, etwas hinzuzufügen.
»Das war überhaupt eine schlimme Zeit damals im 17. Jahrhundert. Da fanden der Dreißigjährige Krieg und viele andere Kämpfe und Wirren statt. Man könnte sagen, daß mit Blut und Feuer ein neues Weltbild geschmiedet wurde.«
»Wir wollen von Stenka Badzak hören«, sagte Major Techow und zündete sich eine Papyrossi an.
»Stenka Badzak wuchs also in einer blutigen Zeit auf«, erzählte seine Frau Svetlana. »Die Kosaken waren eine wilde und blutrünstige Horde, doch sogar unter ihnen fiel Stenka Badzak noch durch seine besondere Grausamkeit und Brutalität auf. Sein Lieblingsvergnügen war es, Menschen zu pfählen oder zu verbrennen. Er tat auch noch andere Dinge, die ich nicht nennen will, und er verehrte den Satan und betete ihn an. Er war aber völlig furchtlos und ein hervorragender Kämpfer, deshalb sah man ihm vieles nach, und er stieg rasch auf. Solange er seine Grausamkeit an den Feinden austobte, ließ man ihn gewähren. Besonders im Krieg gegen die Polen tat Stenka Badzak sich hervor. Er und seine Kosaken unternahmen Raubzüge bis weit nach Polen hinein. Ganze Dörfer flüchteten, wenn der Grausame Stenka sich näherte, und sein Ruf ließ die feindlichen Soldaten erzittern.«
»Ich kann es mir vorstellen«, sagte Zamorra. »Für diesen Ataman war der Krieg eine einzige Orgie von Morden, Brandschatzen und Plündern. Und im Kampf war er von einer erschreckenden Wildheit.«
»Ja, Gospodin Zamorra. Als dann 1667 der Friede geschlossen wurde, trieb Stenka Badzak es wie zuvor. Der Großfürst von Kiew nahm seine schützende Hand von ihm, verabscheut hatte er den Ataman schon früher. Der Grausame Stenka wurde zum Reichsfeind erklärt. Er kannte jetzt keinen Unterschied mehr zwischen Polen und Russen bei seinen Raub- und Mordzügen. Doch keiner vermochte ihn zu fangen. Der Ataman hauste mit einer Bande von Räuber-Kosaken in den unendlichen Wolhynischen Wäldern und unternahm Raubzüge in die Ukraine und nach Polen, wie es ihm gerade gefiel.«
»Er war also eine Macht im Land. Bis er wegen Larissa Czerskaja stürzte.«
»Ja. Larissa war die Tochter eines Bojaren, eines Fürsten und Großgrundeigentümers, der seinen Besitz bei Schitomir hatte. Sie hatte sich während des Krieges in einen polnischen Adligen verliebt und ihn allen Widerständen zum Trotz geheiratet. Von ihm hatte sie zwei Töchter, Nadescha und Jelena. Larissas Mann war im Krieg gefallen, und daraufhin war sie wieder nach Hause zurückgekehrt. Sie war die schönste Frau ihrer Zeit, und Stenka Badzdak wollte sie haben.«
Svetlana Techowa trank einen Schluck Tee, um ihren Mund zu befeuchten, bevor sie fortfuhr.
»Larissa war gut, sie haßte und verabscheute den Grausamen Stenka. Sie wollte ihn vernichten, doch sie litt Gewissensqualen wegen des Weges, den sie einzuschlagen vorhatte. Da besprach sie sich mit ihrem Beichtvater, dem Wundermönch und Popen Boromir. Er sagte ihr, um das Wüten des Grausamen Stenka zu beenden, seien auch Verrat und Sünde erlaubt. Da folgte die schöne Larissa dem Ataman Stenka Badzak. Aber sie verriet, so bald sie konnte, das Lager der Räuber-Kosaken. Mehr noch, bei einer Siegesfeier mischte sie ein Schlafpulver in den Wein. Stenka Badzak und seine Männer sanken betäubt nieder. Nur wenige vermochten überhaupt eine Hand zu rühren, als Soldaten und reguläre Kosaken in das Lager eindrangen. Stenka Badzaks Leute wurden kurzerhand niedergemacht, er selbst und sein Unterführer Boris Batjuschko gefangen nach Kiew geführt, gefoltert, gepeitscht und geköpft.«
»Und dann trieb der Grausame Stenka sein Unwesen doch weiter?« wollte Bill Fleming wissen.
»Allerdings. Im Jahr darauf hausten die Kosaken schlimmer denn je in der Ukraine. Stenka Badzak führte sie an. Offizielle Quellen der Geschichtsschreibung behaupten allerdings, es sei einer seiner Unterführer gewesen, der dem Massaker entgangen sei und aus Propagandagründen Badzaks Namen geführt habe.«
»Wie endete es mit jenem dämonischen Stenka Badzak?«
»Das weiß ich nicht. Niemand weiß das. Abergläubische behaupten, daß Stenka Badzak noch heute in den Wäldern umgeht und sich Opfer holt. Auch in den Pripjet-Sümpfen soll er sein Unwesen treiben. Immer wieder verschwinden Menschen spurlos.«
»Nun, das ist in unermeßlichen Wäldern oder in riesigen Sumpfgebieten kein Wunder. Natürlich könnte auch etwas daran sein. Es gibt also keine genauen
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