0107 - Das blaue System
darauf gefaßt, von Männern mit schußbereiten Waffen empfangen zu werden. Mir war, als wären seit der Überwältigung der Akonen schon Tage vergangen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, daß noch keine viereinhalb Minuten verstrichen waren.
Langsam schwang das Innentor der Schleuse zurück. Gedämpftes Licht flutete in den kaum erhellten Raum. Die Köpfe von zwei Akonen wurden erkennbar. Rücken und Schulterpartien wurden von hochlehnigen Kontursesseln verdeckt. Außer diesen Männern konnten wir infolge des geringen Blickwinkels nichts sehen.
Tama Yokida sprang zuerst. Ich folgte, Rhodan kam hinter mir.
Dabei hieb er mit der waffenlosen Linken auf den innen angebrachten Verschlußschalter. Ich hörte jemand schreien. Der Mutant stand breitbeinig, in leicht vorgeneigter Haltung in der relativ kleinen Zentrale und ließ die Anwesenden nicht aus den Augen. Es waren fünf Männer und eine junge Frau - Auris von Las- Too'r! Sie ruhte in einem abseits stehenden Konturlager, woraus hervorging, daß sie mit der Schiffsführung nichts zu tun hatte. Da fiel mir Rhodans Bericht ein, wonach sie eine Soziologin sein sollte. Wahrscheinlich verstand sie wenig von den Hauptkontrollen eines überlichtschnellen Raumschiffes. Ich drehte mich rasch um, richtete meinen Mikrostrahler auf die erkennbaren Fugen zwischen Panzerschott und Wand und drückte ab. Schmerzhafte Helligkeit peinigte meine Augen, aber das Material begann sofort zu zerlaufen. Ich erzeugte einige dicke Schweißnähte, die mir die Gewißheit gaben, daß man diese Tür ohne besondere Hilfsmittel nicht mehr öffnen konnte. In dem Augenblick sagte Rhodan: „Hiermit erkläre ich den Kriegszustand zwischen dem Solaren Imperium und dem akonischen Sternenreich. Ich bin kraft meiner administrativen Vollmachten und auf Grund des terranischen Notstandsgesetzes befugt, auch ohne das schriftlich vorliegende Einverständnis der Solaren Bundesregierung diese Erklärung abzugeben. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie sich als Kriegsgefangene meinen Anweisungen zu fügen haben. Sie stehen ab sofort unter Kriegsrecht, was Sie bitte nicht mit einem Banditenüberfall verwechseln wollen!” Ich hatte es geahnt! Rhodan hatte in der Tat ganz außerordentliche Vollmachten erhalten. Die Geschehnisse der letzten Monate und die Entführung berechtigten ihn ohne weiteres, eine offizielle Kriegserklärung auszusprechen. Damit war aus unserem Vorgehen eine legitime militärische Handlung geworden. Ein hochgewachsener Akone kauerte sich plötzlich in seinem Sessel zusammen und griff zur Pistole. Tama Yokida schoß zuerst. Der Akone war sofort tot. Auris schrie. Fassungslos sah sie uns an. Rhodan drehte sich um und feuerte mit der fremden Waffe nochmals auf das Schleusenschott, das sich an der Auftreffstelle erneut verformte. Die akonischen Strahler arbeiteten mit geringer Geräuschentwicklung und ohne jede Wärmebildung. Somit konnte es sich nur um eine Abart der arkonidischen Desintegratoren handeln, mit denen die kristallinen Molekülverbände angegriffen wurden. Alarmpfeifen begannen zu schrillen. Wir achteten nicht darauf. Die vier restlichen Soldaten der Schiffsführung regten sich nicht. Schweigend sahen sie uns an. Nur Auris' Gesicht zuckte. Rhodan ließ ihr keine Zeit zur Besinnung. „Gebt den Befehl, den Hyperflug sofort zu unterbrechen und ins Normaluniversum zurückzukehren. Ich spaße nicht, Madam!” Ich bemerkte, daß sie flüchtig zu einem sehr großen Bildschirm hinübersah. Ein eingeblendeter, auslaufender Stachel wies auf eine noch kleine, blaue Sonne. Ich vermutete, in ihr das Muttergestirn des Akonsystems zu sehen. Bei dieser Art des Überlichtfluges sollte der Zielstern immer sichtbar sein. Auris zögerte. Sie wollte etwas sagen, unterließ es jedoch gleich darauf.
Ein anderer Akone hüstelte, als sie laut und deutlich anordnete: „Befolgt die Anweisung Seiner Exzellenz. Die Kriegserklärung ändert die Sachlage.” Rhodan sah sie argwöhnisch an. Auch ich wurde sofort mißtrauisch. Ihre Zustimmung war etwas zu schnell gekommen. Als die Hand des Offiziers nach vorn ruckte, wo sie einen grünleuchtenden Schalter berührte, schrie ich laut: „Hinlegen, die Schockwelle!” Ich ließ mich zu Boden fallen. Rhodan und Tama folgten meinem Beispiel.
Man wollte uns in unserer stehenden Position überraschen, durch die Stoßfront der Halb-Entstofflichung für einige Sekunden hilflos machen, um anschließend zu versuchen, uns zu überwältigen. Ich vernahm das seltsame
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