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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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fand den Generalschlüssel, mit dem man jede Tür im Hotel aufschließen konnte.
    Wegen dieses Schlüssels hatte der Seemann das Zimmermädchen niedergeschlagen. Damit sie nicht Alarm schlagen konnte, wenn sie das Bewußtsein wiedererlangte, fesselte er sie mit dem Bettlaken. Er knebelte sie auch und schloß sie im Schrank ein.
    Mit dem erbeuteten Generalschlüssel verließ er das Zimmer, nachdem er sich zuvor vergewissert hatte, daß die Luft rein war.
    Es lief alles wie am Schnürchen. Das freute George McKammit, der zum Handlanger des Bösen geworden war. Er eilte den Gang entlang, blieb vor einer bestimmten Tür stehen, schob den Generalschlüssel ins Schloß und verschaffte sich Einlaß. Geduldig legte er sich auf die Lauer. Er hatte jede Menge Zeit…
    ***
    Im zweiten Anlauf schaffte ich es, nach Kanheri zu gelangen. Es gab keine verwirrende Luftspiegelung, keinen Wertiger, der mich zerfleischen wollte und auch keine Geistervögel, die mich attackierten.
    Ich war davon überzeugt, daß man von meiner Anwesenheit in Kanheri Kenntnis hatte. Möglicherweise griff man mich deshalb nicht mehr an, weil für mich bereits eine Falle errichtet worden war, in die ich tappen sollte.
    Junge, sei auf der Hut, sagte ich mir – und ich war ständig auf Abwehr programmiert. Diese fortwährende innere Anspannung war mir unangenehm, aber sie mußte sein. Ich durfte darauf nicht verzichten.
    Meine Gegner erkannten sicher sofort jeden Fehler, den ich machte. Und ein Geisterjäger, der einen Fehler machte, der weilt für gewöhnlich nicht mehr lange unter den Lebenden.
    Mehr als hundert Höhlenklöster gab es.
    Welches davon gehörte der schwarzen Sekte?
    Das hatte mir Donna Varese nicht sagen können. Die Leute, die ich hier in Kanheri fragte, schienen alle stumm, blind und taub zu sein. Niemand wollte mir auf meine Fragen antworten. Ich wußte, daß die Ritualforscher Harald McClure und William van Dyke mit einem Landrover hierhergekommen waren. Nach ihm hielt ich Ausschau, konnte ihn jedoch nirgendwo entdeckten. Langsam wurde ich sauer. Aber dann schickte mir der Himmel einen einbeinigen zerlumpten Bettler. Sein Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt. Er hatte stechende Falkenaugen und einen schmallippigen Mund voller schlechter Zähne.
    »Erbarmen Sie sich eines armen Hundes!« jammerte der Zerlumpte, als ich meinen Jeep neben ihm anhielt.
    Er streckte mir eine gichtige Hand entgegen. Ich gab ihm zwanzig Rupien, worauf ein Freudenfeuer in seinen Augen aufflackerte. Soviel Geld hatte ihm vor mir wahrscheinlich noch keiner gegeben.
    »Sie sind sehr großzügig«, sagte der Inder.
    »Ich will dafür etwas haben«, erwiderte ich.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich suche ein ganz bestimmtes Höhlenkloster.«
    »Ich kenne sie alle.«
    »Auch das, in das sich die schwarze Sekte eingenistet hat?« Der Zerlumpte erschrak. »Dorthin sollte ein guter Mensch wie Sie nicht gehen.«
    »Sag mir den Weg!«
    »Es ist gefährlich…«
    »Ich weiß, was ich tue!«
    »Sie können Ihr Leben verlieren!«
    »Willst du mir jetzt endlich sagen, was ich wissen will, oder soll ich dir die 20 Rupien wieder wegnehmen?«
    Der Bettler beschrieb mir hastig den Weg, sagte hinterher aber gleich wieder, ich solle mich nicht in die Nähe dieses verfluchten Höhlenklosters wagen.
    Leider gehörte es zu meinem Job, solche gutgemeinten Warnungen nicht zu beachten. Irgend jemand mußte schließlich den Mut aufbringen, sich den Mächten der Finsternis entgegenzustellen. Ohne mich selbst beweihräuchern zu wollen, muß ich doch sagen, daß es nur wenige Männer meines Schlages auf dieser Welt gibt. Das ist keine Prahlerei, sondern eine beweisbare Tatsache.
    Professor Zamorra, Tony Ballard – tja, und dann?
    Als ich den Jeep wieder in Gang setzte, sah der Bettler mich an, als wäre ich dem Tod geweiht. Ich nahm mir vor, nicht nur ihm die Freude zu machen, zu überleben, sondern auch – und vor allem – mir.
    Jetzt fand ich das Höhlenkloster der schwarzen Sekte. Obwohl McClure und van Dyke ihren Landrover hinter Felsen gut versteckt hatten, fand ich auch ihn. Sie waren also noch drinnen – und ich hoffte, daß sie ihren Wagemut noch nicht mit dem Leben bezahlt hatten.
    ***
    Sie gehörten nicht mehr zusammen, waren keine Freunde mehr, das spürte Harald McClure ganz deutlich.
    Etwas war zwischen ihnen, trennte sie. Sie standen auf zwei verschiedenen Seiten, und damit erging es ihnen genauso wie Abel Grogger und George McKammit.
    Ein Blick in van Dykes Augen

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