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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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gefiel mir nicht.
    Ich gewann sie erst für mich, als ich sie zu einem Drink einlud.
    Daraufhin tauten sie auf.
    Wir gingen an Land.
    »Wohin begeben wir uns?« fragte ich.
    McKammit und Grogger musterten mich von Kopf bis Fuß.
    »Sie möchten’s sicher stinkfein haben«, meinte Grogger.
    »Ich fühle mich überall wohl. Wo waren Sie gestern abend?«
    McKammit rümpfte die Nase. »In einer üblen Spelunke. Das ist nichts für Sie, Sinclair.«
    »Dorthin gehen wir«, entschied ich.
    McKammit hob die Schultern. »Meinetwegen. Aber sagen Sie hinterher nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt.«
    »So schlimm wird’s schon nicht sein.«
    Wir suchten das schäbige Hafenlokal auf, in dem sich der Abschaum von Bombay und von den vor Anker liegenden Schiffen ein Stelldichein gab.
    Illustre Gestalten lungerten an den dreckigen, zerkratzten Tischen herum. An den vom Rauch gelb gewordenen Wänden hatten sich Hunderte von Matrosen aus aller Welt verewigt.
    Da war der Ian aus Schottland, der Sven aus Schweden und der Pjotr aus Rußland…
    Es gab ein Geheimnis, weshalb die Spelunke so gut besucht war, und das war der hervorragende Whisky, der hier verkauft wurde.
    In ganz Bombay konnte man keinen besseren kriegen, das wußten die Seeleute.
    So etwas spricht sich naturgemäß schnell herum.
    Wir ergatterten einen Platz im Hinterzimmer. Hier war es nicht ganz so dreckig wie draußen.
    Ich bestellte eine Flasche Whisky und eröffnete die Runde, indem ich mir ein kleines Glas einschenkte.
    Der Rest sollte meinen Landsleuten bleiben. Sie langten erfreut zu, kippten erst einmal mehrere Gläser, ehe sie bereit waren, über ihr Erlebnis von der vergangenen Nacht zu sprechen.
    »Ich habe ihn schon gespürt, ehe er noch zu sehen war«, erzählte George McKammit. »Sechsten Sinn nennt man so etwas, nicht wahr, Oberinspektor?«
    »Manche Menschen haben eine ausgeprägte Antenne für Gefahren«, bestätigte ich. »Andere wiederum verfügen nicht über die Gabe der rechtzeitigen Wahrnehmung.«
    »Er zum Beispiel«, sagte McKammit und wies mit dem Daumen auf die Brust seines Freundes. »In dieser Beziehung ist Abel eine absolut taube Nuß. Als ich ihn auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatte, hat er nicht einmal was gemerkt.«
    Grogger schüttelte ärgerlich den Kopf. »Gott, was er sich darauf nun wieder einbildet.«
    »Ich habe den besseren Riecher.«
    »Ich bin eben nicht so ein großer Angsthase wie…«
    »Wie wer?« blaffte George McKammit.
    »Wie du!«
    »Du nennst mich einen Angsthasen? Verdammt noch mal, wer ist denn gerannt, daß er beinahe die Absätze von den Schuhen verloren hätte?«
    »Bist du etwa stehengeblieben, du Held?«
    Die beiden wären sich doch tatsächlich in die Wolle geraten, wenn ich nicht dazwischengefunkt hätte.
    Sie besänftigten ihre erhitzten Gemüter mit einigen weiteren Whiskys.
    Als die Flasche leer war, hatte ich noch nicht allzuviel erfahren, deshalb forderte ich die beiden Seeleute auf, mir draußen an Ort und Stelle zu zeigen, wo ihnen der Wertiger begegnet war.
    Obwohl sie eine Menge Alkohol im Blut hatten, gingen sie noch schnurgerade.
    Ich hatte noch keine trinkfesteren Typen kennengelernt als diese beiden.
    Wir schlenderten am Wasser entlang. McKammit blieb plötzlich stehen und sagte: »Hier hatte ich auf einmal quälende Todesahnungen. Es war scheußlich.«
    »Und wo tauchte der Fremde auf?« wollte ich wissen.
    »Dort«, sagte McKammit.
    Ich wandte mich an Grogger. »Würden Sie diese Position einnehmen?«
    »Okay.« Abel Grogger trottete davon. In einer Entfernung von zwanzig Yard blieb er stehen. Langsam drehte er sich um.
    »Versuchen Sie den Mann von gestern nacht zu beschreiben«, bat ich McKammit.
    Dieser schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht.«
    »Wieso nicht? Haben Sie schlechte Augen?«
    »Ich sehe wie ein Falke.«
    »Dann müßten Sie den Mann doch ganz genau gesehen haben. Es war Vollmond.«
    »Richtig. Aber zwischen dem Kerl und uns war etwas.«
    »Was?«
    »Eine Art Schleier. Der Mann verbarg sich dahinter.«
    »Handelte es sich um einen Inder oder um einen Europäer?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Sie müssen mich für einen ausgemachten Trottel halten, aber auch darauf kann ich Ihnen keine Antwort geben.«
    »Kann ich zurückkommen, Oberinspektor?« rief Abel Grogger.
    Ich nickte und winkte ihn zu mir. Auch er sprach von diesem eigenartigen Schleier. Auch er war nicht in der Lage, den Fremden zu beschreiben.
    »Plötzlich fing die Luft an zu flimmern«,

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