0108 - Die fliegenden Skelette
glühenden Sonne ihre Schulter an.
Im selben Moment hatte Nicole das Gefühl, auf einer rosaroten Wolke zu schweben. Es war ein herrliches, lustvolles, süßes Gefühl. Sie wollte sich auch gar nicht dagegen wehren.
Was mit ihr geschah, wußte sie nicht. Sie sah nur einen prächtig eingerichteten Raum mit einem breiten Bett. Und viel Gold an den Wänden.
Dann wachte sie auf und lag auf diesem Bett. Ihre Augen starrten auf die Unterseite eines Baldachins, der mit ihr unbekannten Zeichen und Symbolen bemalt war.
Taxetl stand neben dem Bett. »Du wirst jetzt schlafen«, sagte er mit dunkler Stimme. »Tief und fest schlafen! Bis Uztapioc dich wecken wird!«
Sie wollte hochfahren, etwas in ihr wehrte sich gegen diesen Befehl. Es nützte nichts, das andere war stärker. Ihre Augen schlossen sich, dann wußte sie von nichts mehr.
Minuten später glaubte sie, aufzuwachen und sich im Paradies zu befinden. Sie lag auf einer Wiese, umgeben von herrlich duftenden Blumen, über sich einen strahlend blauen Himmel.
Nicole Duval genoß dieses idyllische Bild, das nach gewisser Zeit einem anderen wich.
Es war wie im Kino. Oder als ob ihr jemand Dias vorführte, auf dem sie sich stets selber sah. Und immer in, einer wunderschönen Umgebung.
Taxetl war verschwunden.
Eine halbe Stunde verstrich. Dann stand - wie hingezaubert - Solaria am Bett. Nackt und ohne Lendenschurz. Wie sinnend stand sie da und betrachtete Nicole, beugte sich vor und fuhr zart über ihre Stirn und Wangen, strich über die hochgewölbten Brüste, nahm dann eine Hand Nicoles hoch und sah sich die Finger an.
Etwas wie Ungläubgkeit zeichnete sich auf dem Gesicht der jungfräulichen Sonne ab. Sie ließ die Hand fallen, sah sich ihre Rechte an. Nachdenklich musterte sie Nicole, hob plötzlich die Arme und trat hinter das Kopfende, hielt die Hände flach über Nicoles Gesicht.
Solaria murmelte nicht verständliche Worte. Sekunden später umhüllte rötlicher Schein Nicoles Kopf. Das Mädchen schlug die Augen auf, sah Solaria, die sich vorgebeugt hatte.
»Du kommst aus einem fernen Land«, sagte die jungfräuliche Sonne in einwandfreiem Französisch. Ihre Stimme klang guttural, warm und freundlich. »Es war nicht gut, in Uztapiocs Reich einzudringen. Er ist böse und zornig! Ich habe gesehen, daß du fünf Finger an jeder Hand hast. Seitdem ich Quatlepec als Sklavin dienen muß, habe ich an jeder Hand zwei Finger mehr. Oh, ich muß dich verlassen! Uztapioc ist in der Nähe!« Sie zog die Hände zurück, der rötliche Schimmer verschwand, Nicole fiel wieder in tiefen Schlaf.
Kaum war Solaria verschwunden, erschien der alte Dämon. Das Feuerrad, in dem er sich bewegte, schien direkt aus der Wand zu kommen. Es blieb vor dem Bett stehen. Uztapiocs Gesicht war verzerrt, als er Nicole betrachtete.
»Du bist sehr schön«, sagte er laut in die Stille hinein. »So schön, daß dein Opfer und dein Blut meine Stellung festigen werden! Meine Macht wird größer werden! Aber zuvor muß ich Zamorra vernichten! Er muß mit einer starken Macht verbündet sein, daß er es schaffte, sich meinem Blick zu entziehen. Nun, er wird wieder für mich sichtbar werden, wenn er erfährt, daß du in meiner Gewalt bist!« Er lachte laut los. Ein Lachen, das als hundertfaches Echo von den Wänden zurückschallte.
Das Rad begann sich zu drehen, des Dämons Gesicht verschwand, gleich darauf war der Platz vor Nicoles Ruhestatt leer.
Es war offensichtlich: Uztapioc wollte ein Blutopfer bringen. Daher stand auch die mit Gold überzogene Schale aus Onyx neben dem Altar.
Zamorra hatte noch keine Ahnung, was mit Nicole geschehen war. Er befand sich in dem Gang mit den Mumien. Diesmal jedoch physisch, aber dennoch für Uztapioc und seine Kreaturen unsichtbar.
Mit Hilfe des Amuletts hatte er sich eine Tarnkappe übergestülpt. Er bewegte sich in einer Glocke, die ihn den Blicken von Dämonen und Geistern entzog. Menschen allerdings konnten ihn sehen.
Das Amulett hatte Zamorras Aura dimensioniert. Das war das ganze Geheimnis. Quatlepecs und Uztapiocs Kräfte reichten nicht aus, diesen Schutzschild zu knacken. Und um den Versuch zu unternehmen, Zamorra aus seiner Tarnung herauszureißen, müßten sie ihn ja erst einmal sehen oder spüren können.
***
Professor Zamorra wollte nur die Kraft seines Amuletts testen. Leonardo de Montagne hatte nicht zuviel versprochen. Auf Anhieb hatte Zamorra den Eingang gefunden, den er ja bereits kannte - von seiner astralen Exkursion.
Er hatte das Amulett
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