0110 - Auf den Spuren der Antis
Kranke im letzten Stadium sei, erwies sich als richtig. Nachdem die Solare Flotte auf Lepso erschienen war, hatte sich Dr. Nearman zum erstenmal Gewissensbisse über seine Handlungen gemacht. Er war geflüchtet und dabei von einem Kampfroboter angeschossen und verwundet worden. In der allgemeinen Aufregung war es ihm jedoch gelungen, in den Schlupfwinkel zu gelangen, wo er von dem Mutanten geortet worden war.
Völlig am Ende seiner Kräfte, hatte er sich schließlich gestellt.
Desoga stellte fest, daß Dr. Nearman ausgezeichnet mit galaktischen Positionsberechnungen Bescheid wußte. Er sprach immer wieder von einem rätselhaften Planeten mit dem Eigennamen Okul. Irgendwie brachte Desoga diese Welt mit Thomas Cardif und den Antis in Verbindung, denn Dr. Nearman sprach davon, daß die Organisation überzeugt davon war, auf Okul eine sichere Zufluchtsstätte zu besitzen.
So gut es ging, entlockte der Spanier dem Sterbenden alle Daten über die geheimnisvolle Welt, die er zu kennen schien.
Ein prüfender Blick auf das Bandgerät ließ Desoga erleichtert aufatmen. Er war davon überzeugt, daß man in Terrania mit den Angaben Dr. Nearmans wesentlich mehr anzufangen wußte als er selbst hier auf Lepso. Desoga beschloß, das Band auf dem schnellsten Wege zur Erde schaffen zu lassen. „Okul muß eine Dschungelwelt sein", berichtete Dr. Nearman. Seine Stimme war immer schwächer geworden. „Dr. Hugher sprach davon, daß es dort keine intelligenten Lebewesen gibt. Deshalb erschien es den Priestern der Baalol-Sekte vernünftig, dort eine Niederlassung zu errichten."
Desoga bemerkte, daß seine Zigarre ausgegangen war. Er konnte sich nicht erinnern, wann das zum letztenmal geschehen war. „Sprechen Sie weiter, Dr. Nearman", forderte er ruhig.
Plötzlich erwachte in dem Biologen das eigenartige Mißtrauen aller Schwerkranken. „Sind Sie Arzt?" fragte er. „Was wollen Sie eigentlich von mir?"
„Es ist alles in Ordnung", sagte der Agent beruhigend. „Sie sind in Sicherheit, es kann Ihnen nichts geschehen." Dr. Nearman blickte plötzlich starr. Da wußte Desoga, daß der Biologe tot war.
Er stand auf und ging zur Tür. Dr. Silverman saß draußen im Gang. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und machte sich Notizen. Der Schreibblock lag auf seinen Knien. „Kommen Sie, Doc", sagte Desoga.
6.
Die Geschichte aller galaktischen Imperien hat einen paradox klingenden Faktor gemeinsam: Je weiter sich ein Sternenreich ausdehnt, je größer es wird, desto gefährdeter ist es. Das hat zwei Gründe. Ein kleines Reich, das in der Obhut eines Imperiums lebt, hat nicht viel zu befürchten. Wird das Imperium zerschlagen, so tritt die kleine Gemeinschaft automatisch zum Gegner über und lebt unter seiner Herrschaft ihr stilles Leben weiter. Für ein Imperium ist ein solches Verhalten unmöglich. Es muß um seinen Bestand gegen gleich starke, stärkere und schwächere Gegner kämpfen. Nur selten gelingt es einer Spezies ihre Galaxis allein zu beherrschen.
Der Grund dafür liegt einfach an den unermeßlichen Entfernungen zwischen den einzelnen Sonnensystemen. Ein kosmisches Imperium wird naturgemäß vom Mutterplaneten der Reichsgründer aus gelenkt. Von dort ziehen sich unsichtbare Fäden zu den verschiedenen Kolonialplaneten, zu Handelsstützpunkten und zu den Welten besiegter und befreundeter Völker. Mit der Zeit wächst die Aufgabe, alle Geschehnisse zu koordinieren, ins Gigantische. Selbst wenn man alle technischen Mittel voraussetzt, ist es unmöglich, auf die Dauer ein gewaltiges Sternenreich von einem Planeten aus zu kontrollieren und zu regieren.
Die zwangsläufige Folge ist die politische Souveränität mehrerer Kolonialplaneten, die nun ihre eigenen Wege gehen. Es geht einfach über das geistige Vermögen jeder Intelligenz hinaus, eine Milchstraße von phantastischer Ausdehnung von einem Punkt aus zu beherrschen. Da hilft auch keine geballte militärische Macht - sie verliert sich zwischen den Sternen.
Die Geschichte geistig hochentwickelter Zivilisationen zeigt immer wieder, daß das Imperium nur ein Übergangsstadium ist. Während dieser Phase entscheidet sich das Schicksal eines Volkes. Einem Teil gelingt es, sich dank der geistigen und technischen Entwicklung zurückzuziehen und gegen alle Angriffe abzukapseln, der Rest wird systematisch vernichtet.
Ein uraltes kosmisches Gesetz besagt: Je hochstehender ein Volk ist, desto zurückhaltender ist sein Erscheinen im Machtkampf der Welten.
Um jedoch in
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