0110 - Die Geistergrotte
wollte er seine - und ihre - Probleme nicht besprechen.
Wie immer, wenn er nicht so richtig weiter wußte, suchte Zygor Zuflucht bei der Magie.
Das Amulett Zamorras war ihm dabei keine Hilfe, das hatte er sehr schnell erkannt. Er hatte kein Verhältnis zu den Symbolen, die es zierten. Ja, er hatte diese Symbole, so weit sie ihm vertraut waren, sogar als gefährlich erkannt. Sie dienten nicht der schwarzen Magie, die er praktizierte, sondern standen ihr eher feindlich gegenüber. Wenn er also Kontakt mit der jenseitigen Welt aufnehmen wollte, mußte er sich auf die magischen Formeln stützen, die in seinem Bewußtsein verankert waren.
Und das tat er dann auch.
Er saß im Arbeitszimmer Zamorras, in dem er sich meistens aüfhielt, wenn er allein war. Er fühlte sich recht wohl in diesem Raum, in dem es ihm vor allem die zahllosen Bücher angetan hatten. Bücher waren doch etwas ganz anderes als die einfachen Pergamentrollen Myragons.
Draußen war die Nacht angebrochen, und im Château herrschte Ruhe. Ideale Voraussetzungen also, ohne lästige Zeugen Kontakt aufzunehmen.
Zygor kauerte sich im Schreibtischsessel zusammen, versenkte sich in sich selbst. Tonlos murmelten seine Lippen die magische Formel, die das Id des großen Hamaroth herbeiflehte. Körperlich konnte der Dämonenfürst durch diese Formel nicht beschworen werden. Dazu hätte es einer aufwendigen Zeremonie bedurft, die Zygor ohne die Hilfe Gleichgesinnter nicht vorzunehmen in der Lage war. Aber auch der ätherische Scheinkörper Hamaroths würde seiner Seele Balsam spenden können.
Und der Dämonenfürst erhörte sein Bittgebet.
Der Magier hatte das Lampenlicht im Arbeitszimmer gelöscht, so daß er in völliger Dunkelheit dasaß. Auf einmal jedoch hellte sich die Schwärze auf. Eine Leuchtgestalt materialisierte aus dem Nichts, eine Gestalt, die Zygor nur allzu bekannt war.
Hamaroth!
Zygor atmete tief auf.
»Großer Meister«, sagte er feierlich, »ich danke dir dafür, daß du deinen treuesten Diener nicht vergessen hast.«
»Ihr fangt an, mir lästig zu fallen, ihr beiden«, tönte der Dämon. Seine Stimme schien gleichzeitig von überallher und von nirgendwo zu kommen. »Gerade erst hat mich dieser Zamorra behelligt, und nun auch noch du.«
Zygor, der wußte, daß die Zeit in der jenseitigen Welt keine Rolle spielte, daß sich der große Hamaroth gleichzeitig in grauester Vergangenheit und fernster Zukunft aufhalten konnte, erschrak. Der Dämonenfürst war ungnädig, war ihm möglicherweise nicht mehr wohlgesinnt.
»Verzeih, großer Meister«, sagte er untertänig, »ich wollte deine Langmut nicht auf die Probe stellen. Falls ich einen ungünstigen Zeitpunkt gewählt haben sollte… Ich bitte nochmals um Vergebung.«
Die Lichtgestalt des Dämonenfürsten flackerte, nahm unscharfe Konturen an.
»Dieses Ding, das du am Hals trägst«, ertönte seine Stimme. »Entferne es! Es erregt mein Mißfallen.«
Zygor beeilte sich, dem Befehl Folge zu leisten. Hastig streifte er die Goldkette, an der Zamorras Fetisch hing, über den Kopf. Er öffnete die Schreibtischschublade und warf das »Ding« hinein. Deutlich hatte er erkannt, daß der große Hamaroth das Amulett zu fürchten schien.
»Zufrieden, großer Meister?« erkundigte er sich hoffnungsvoll, nachdem er die Schublade wieder geschlossen hatte.
Der Scheinkörper des Dämonen gewann seine Festigkeit zurück - fast. Ein kaum merkliches Flackern war jedoch nicht zu übersehen.
»Was willst du von mir, Zygor?« kam seine nicht sehr freundlich klingende Frage.
Der Magier schluckte. »Ich erflehe deine Hilfe, großer Meister. Diese Welt ist so fremd für mich, daß ich mir etwas verloren vorkomme. Wenn du, großer Meister, deinem treuesten Diener ein bißchen beistehen würdest…«
Hamaroth unterbrach ihn. »Ja«, ließ er sich vernehmen, »ich werde dir beistehen. Aber nicht jetzt, nicht hier. Auch dieses Haus erregt mein Mißfallen. Suche einen anderen Ort auf und dann rufe mich erneut.«
Die Leuchtgestalt des Dämonenfürsten begann zu verblassen. Aber während sie noch deutlich sichtbar war, hörte Zygor plötzlich ein Geräusch in seinem Rücken. Im gleichen Augenblick flammte die Zimmerbeleuchtung auf.
Ruckartig fuhr Zygor aus dem Schreibtischsessel hoch und wirbelte herum.
Bill Fleming stand im Türrahmen und starrte mit großen, weit aufgerissenen Augen auf den entschwindenden Dämonen, dessen Leuchtgestalt jetzt mit dem Lampenlicht eins wurde, und sich verflüchtigte.
»Was war
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