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0110 - Die Geistergrotte

0110 - Die Geistergrotte

Titel: 0110 - Die Geistergrotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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richtigen Riecher gehabt. »Kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte er energisch. »Das ist viel zu gefährlich - für dich. Wenn Rigiandel erkennt, daß du nach wie vor auf meiner Seite stehst…«
    »Schon gut, Chef«, sagte Nicole schnell. »Vergessen wir es. Was hieß doch noch mal ›lieber Vater‹?«
    »Unta Dhy Gulorn«, antwortete Zamorra automatisch. Er war nicht mehr voll bei der Sache, denn er wußte ganz genau, daß Nicole ihre Befreiungspläne keinesfalls zu den Akten gelegt hatte. Und das bereitete ihm Kummer. So sehr er sich wünschte, weit, weit weg von Fürst Rigiandels Residenz zu sein - es konnte einfach nicht gut gehen.
    Kurz darauf beendete Zamorra die ersten Sprachlektionen. Es hatte keinen Zweck, Nicoles Gedächtniskapazität zu überfordern. Das Mädchen war klug genug, die Richtigkeit dieser Maßnahme einzusehen, auch wenn es ihr schwerfiel, sich nun von ihm trennen zu müssen.
    »Es liegt an dir, ob wir uns bald Wiedersehen können«, sagte der Professor. »Wenn du Riglandel eine überzeugende Genesungsschau hinlegen kannst…«
    Nicole erhob sich und lief auf den Fürsten zu.
    »Unta Dhy Gulorn«, rief sie und fiel dem Mann in der roten Robe um den Hals.
    Zum ersten Mal sah Zamorra Rigrandel lächeln.
    ***
    Die Spekulationen des Professors gingen voll auf. Riglandel ließ ihn in sein Verlies zurückbringen, um für weitere Enthexungszeremonien zur Verfügung zu stehen. Der Fürst war am momentanen Wohlergehen des Gefangenen so interessiert, daß er seinen Schergen sogar Anweisung gab, ihn anständig zu behandeln. Daraufhin wurde seine Zelle mit einem Strohlager ausgestattet, und er bekam zu essen und zu trinken. Auch die alte Frau, die sich auf die Heilkunst verstand, kümmerte sich noch einmal um ihn.
    Dies alles konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Zamorra ein todgeweihter Mann war. Das wußte auch Nicole. Und deshalb war sie nach wie vor fest entschlossen, den Mann, den sie liebte, zu befreien.
    Ihr selbst ging es gut. Es fehlte ihr an nichts. Als Tochter des Fürsten besaß sie auch ein fürstlich eingerichtetes Zimmer, das vor kunstfertig geformten Möbelstücken, feinsten Geweben und prächtigem Schmuck förmlich überquoll. An einer Wand hing ein Bronzegong, den sie nur betätigen mußte, wenn sie etwas wollte. Sofort war eine Dienerin zur Stelle, um ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen.
    Allerdings hatte das Ganze einen Haken. Ihr Boudoir war ein goldener Käfig. Riglandel nahm nach wie vor an, daß sie unter dem bösen Einfluß Zygors stand. Und deshalb hatte er, wahrscheinlich um sie vor sich selbst zu schützen, dafür gesorgt, daß sie den Raum nicht verlassen konnte. Ständig standen zwei Wachen vor der Tür, an denen sie nicht vorbeikam. Die Männer schoben sie stets mit sanfter Gewalt ins Zimmer zurück. Auch durch das Fenster konnte sie nicht hinaus. Ihr Raum lag mehr als zehn Meter über dem Erdboden. Und an der glatten, steil abfallenden Burgwand gab es keinen Halt.
    Nicole ließ sich durch die widrigen Umstände dennoch nicht entmutigen. Sie würde handeln, noch in dieser Nacht!
    Sie wartete mehrere Stunden, so lange, bis sie davon ausgehen konnte, daß die meisten Menschen in der Burg in tiefem Schlaf lagen. Die Wartezeit verbrachte sie in dem großen, angenehm weichen Bett, das baldachingeschmückt den Mittelpunkt ihres Raums bildete. Sie döste sogar ein bißchen, um Kräfte zu sammeln und die in ihr bohrende Nervosität in den Griff zu bekommen.
    Beides gelang ihr. Als sie schätzungsweise zwei Stunden vor Sonnenaufgang leise aus dem Bett kletterte, fühlte sie sich erstaunlich frisch. Auch das drückende Gefühl in der Magengegend war von ihr gewichen. Sie wußte, daß es jetzt darauf ankam, und war ganz ruhig.
    Es war stockdunkel im Raum. Aber Nicole hatte keine Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Sie hatte sich die Positionen des Mobiliars vorher genau eingeprägt.
    Sie huschte zu der Wand, an der der Gong hing, tastete nach dem Klöppel und ergriff ihn. Das Ding war ziemlich schwer, wog ungefähr ein Kilogramm. Und es war sehr handlich, wie gemacht für ihre Hand.
    Nicole stieß einen Schrei aus, einen Schrei wie in höchster Todesnot. Er war nicht zu laut, dieser Schrei. Gerade laut genug, daß ihn die beiden Wachen vor der Tür und sonst - hoffentlich - niemand hören konnte. Dann eilte sie leichtfüßig zur Tür und preßte sich zwei Meter davon entfernt eng gegen die Wand. Jeder Muskel ihres Körpers war angespannt, als sie abwartend in

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