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0110 - Wer andern eine Grube gräbt

0110 - Wer andern eine Grube gräbt

Titel: 0110 - Wer andern eine Grube gräbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer andern eine Grube gräbt
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Kopf.
    »No. Höchstens, daß er mir wieder die übliche Predigt hielt. Mein Vater gehört so einer frommen Sekte an, wissen Sie.« Jetzt wurde uns der seltsame Aufzug erklärlich, in dem der Alte erschienen war. Ich mußte unwillkürlich denken, was für ein Früchtchen von Sohn bei einer so frommen Erziehung entstanden war.
    »Wann sind Sie das erste Mal vorbestraft worden, Garrison?«
    »Mit sechzehn.«
    »Wie kam das?«
    »Ich war von zu Hause getürmt. Es war ja nicht mehr auszuhalten. Ich durfte nicht ins Kino, wir hatten altmodische Anzüge, mein Bruder und ich, wir durften uns überhaupt nichts gönnen und sollten am Tag sechs Stunden beten. Da wird man ja verrückt.«
    »Jedenfalls wären Ihnen sechs Stunden Beten besser bekommen als eine Stunde Gangsterdasein, mein Lieber. Wo ist Ihr Bruder?«
    »Der ist tot. Er brachte sich um, weil ein Mädchen nichts von ihm wissen wollte. Sonst war er ein verdammt prächtiger Bursche.«
    »Was halten Sie heute von Ihrem Vater?«
    Er zögerte, dann murmelte er:
    »Er hat’s wohl immer gut gemeint. Aber er hätte es nicht so auf die Spitze treiben sollen. Als Junge will man doch auch mal’n Vergnügen haben, glaube, wenn er nicht so fanatisch vernarrt in seine Sekte wäre, könnte er ein ganz patenter Bursche sein, der alte Herr.« Die Zeit hatte ihn also doch manches Urteil revidieren gelehrt. Ich lehnte mich zurück und studierte sein Gesicht. Es war erfüllt von Haß, Mißtrauen, Härte und Brutalität.
    »Hören Sie mal zu, Garrison«, sagte ich. »Haben Sie Lust, eines Tages von einem Gangster oder von einem Polizeibeamten über den Haufen geschossen zu werden? Meine Güte, was führen Sie denn für ein Leben?«
    Er verzog verächtlich die Lippen. »Geht Sie das was an?«
    »No. Aber ich kann Ihnen in meinem Office sagen, was ich will und was ich für nötig halte. Und Sie werden es sich anhören.«
    »Na schön.«
    Ich zog die Karteikarte von Cellham heran, die noch auf meinem Schreibtisch lag. Ich rechnete kurz, dann sagte ich:
    »Wir haben heute aus der Kneipe, in der auch Sie wohnen, die Cellham-Gang abgeholt. Wahrscheinlich wissen Sie es schon. Cellham ist jetzt achtundvierzig. Davon hat er einundzwanzig Jahre in Gefängnissen und Zuchthäusern zugebracht. Jetzt hat er eine Strafe von zehn bis zwanzig Jahren zu erwarten oder gar lebenslänglich. In ,diesem Falle können Sie von ihm sagen, daß er praktisch außer geringer Unterbrechung und außer seiner Kindheit sein ganzes Leben in einem Gefängnis zugebracht hat. Wollen Sie’s ihm gleichtun?«
    Er schwieg. Trotzig schob sich sein Unterkiefer vor.
    »Haben Sie einen Besuf erlernt, Garrison?«
    Er nickte.
    »Ja. Autoschlosser. Im Zuchthaus.«
    »Wo Sie es gelernt haben, spielt keine Rolle, wenn Sie etwas in Ihrem Fach können. Wir könnten Ihnen vielleicht eine Anstellung verschaffen. Dreiundsechzig Dollar die Woche, ohne Überstunden. Wenn Hochbetrieb ist, kommen Sie auf neunzig Dollar die Woche. Wenn Sie sich eine billige und saubere Bude suchen, Garrison, können Sie davon einigermaßen gut leben.«
    Er hob den Kopf. Ich hatte richtig getippt. Trotz seines Gesichtes war er mir müde vorgekommen. Nicht körperlich, sondern seelisch. Jeder wird es auf die Dauer leid, immer auf der Flucht zu sein, ständig gehetzt und gejagt zu werden, nie zu wissen, ob man den nächsten Tag noch in der Freiheit und lebend wird zubringen können.
    »Sparen Sie sich die Mühe, G-man«, knurrte er. »Mich nimmt ja doch keiner, wenn sie erst mal mein Vorstrafenregister sehen.«
    »Doch. Ich kenne jemand, der Sie nehmen würde. Aber wenn Sie mich dort blamieren, Garrison, dann haben Sie mich zum persönlichen Feind. Und dann werden Sie in Ihrem Leben keine ruhige Minute mehr haben, das verspreche ich Ihnen.«
    Er streckte die Beine von sich und schien nachzudenken. Plötzlich war er wieder mißtrauisch und fragte:
    »Warum geben Sie sich soviel Mühe mit mir? Was für eine krumme Sache steckt dahinter, hay?«
    »Gar keine krumme Sache. Wir sind FBI-Beamte, Garrison. Hier werden keine krummen Sachen vermittelt.«
    »Ich weiß nicht…«
    Ich zuckte die Achseln. Dann stand ich auf. Ich wußte, daß der Doc erst morgen früh dazu kommen würde, die Obduktion der Leiche vorzunehmen. Also mußte sie noch genauso aussehen, wie wir sie aufgefunden hatten.
    »Kommen Sie mit, Garrison«, sagte ich.
    »Wohin?«
    »Ich will Ihnen nur was zeigen.«
    Er kam mit. Phil und ich nahmen ihn in die Mitte, aber wir verzichteten darauf, ihm

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