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0111 - Geschäfte mit Menschen

0111 - Geschäfte mit Menschen

Titel: 0111 - Geschäfte mit Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschäfte mit Menschen
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bei dir, Jerry. Wie wär’s, wenn wir ihn im ›Pelican Club‹ anlegten?«
    »Darüber lässt sich reden. Du denkst an Fletcher?«
    »Auch an ihn. Mason muss ihn gut gekannt haben. So gut, dass er sich eine Meinung über ihn bilden konnte. Und dann bist du einer tollen Frau die Telefonnummer noch schuldig.«
    »Ich verstehe, Phil. Ich dachte auch bereits daran. Fahren wir zunächst mal in die Potomac Avenue.«
    Eine ziemliche Menschenmenge stand vor dem Ranroad Building wartend herum. Fünf, sechs Uniformierte versuchten die Fahrbahn zu räumen, aber gegen die gaffende Neugierde der Masse kamen sie nicht an. Wir mussten uns mit Ellenbogen durch die Menschenmauer zwängen. Ein weiß lackierter Krankenwagen fuhr mit Blinklicht in die Paloma Street ein. Gellend heulte die Sirene. Dann trugen zwei Mann eine Bahre in den Ranroad Building hinein. Sie taten so, als käme es auf jede einzelne Sekunde an.
    ***
    Phil blieb beim Wagen zurück.
    »Zehn Minuten, was?«, sagte er grinsend. »Wenn es länger dauern sollte, gib mir ein Zeichen. Oder bring das Mädchen mit her.«
    »Ich glaube nicht, dass sie überhaupt etwas von Masons Freundin wissen. Sonst würden sie die Liebesbriefe vernichtet haben.«
    »Trotzdem, das ist eine verdammt heikle Angelegenheit, Jeriy«, murrte Phil besorgt. »Wir wollen möglichst jedes unnötige Risiko vermeiden.«
    Die Potomac Avenue war ein hässlicher Schlauch, der sich im Norden der Stadt bis tief ins Industrieviertel erstreckte. Die erste Hälfte ging noch an, der Rest bestand aus alten, schmutzigen Mietskasernen, aus Vorgärten ohne Blumen und mit vertrocknetem Rasen, aus Tankstellen und Lagerhallen. Zwischen diese Pracht waren malerisch unkrautüberwucherte Bauplätze verstreut. Hundertsiebzehn bildete fast den Schluss der Straße, die in die Garson Road einmündete.
    Ein fünfgeschossiges Gebäude aus roten Backsteinen. Es mochte um die Jahrhundertwende errichtet worden sein, aber die Jahrzehnte hatten dem Haus den Todesstoß versetzt. Die Menschen, die hier lebten, gehörten nicht zu den Auserwählten des Schicksals. Sie besaßen gerade das Notwendigste zum Leben, genügend Geld, um satt zu werden und sich gelegentlich ein paar billige Schuhe kaufen zu können.
    Ich schlenderte die fünfzig Meter der Potomac Avenue hinab, kaufte am Kiosk eine Abendzeitung und überflog die Schlagzeilen. Über Mason wurde nichts Neues berichtet. Lieutenant Dempster hatte sich den Reportern gegenüber gewunden wie ein Aal. Er wollte gern die Verantwortung für den Fall los sein, gleichzeitig aber nicht zugestehen, dass das FBI ihm den ganzen Fall aus den Händen genommen hatte. So leistete er sich ein Meisterstück von Interview, dem nichts zu entnehmen war als die Tatsache, dass man verschiedene Spuren verfolge, über die im Interesse der Aufklärung selbstverständlich noch nichts gesagt werden könnte.
    Die Zeitung unter den linken Arm geklemmt, betrat ich das Haus und versuchte mich an Hand der Briefkästen zu orientieren. Ich sah keinen, der das Namensschild von Joan Delague trug. Sie musste in Untermiete wohnen oder bei Verwandten.
    Im Erdgeschoss klingelte ich an der nächsten Wohnungstür. Es war inzwischen sechs Uhr nachmittags geworden. Die Sonnenstrahlen fielen schräg durch die staubblinden Scheiben der breiten Haustür. Es stank grauenhaft nach aufgewärmtem Kohl.
    Ein älterer Mann in Hemdsärmeln und ausgebeulten Hosen öffnete. Misstrauisch starrte er mich abschätzend an.
    »Was wollen Sie? Wir kaufen nichts.«
    »Hab ich das vielleicht gesagt?«
    »Versuchen Sie es erst gar nicht«, brummt er unwirsch. »Sie können sich Ihre Zeit sparen.« Er schickte sich an, die Tür zuzuwerfen.
    »Ich wollte zu Miss Delague. Aber ich weiß nicht, in welchem Stockwerk sie wohnt.«
    »Zweite Etage«, fauchte er und schmiss die Wohnungstür ins Schloss. Ich hörte, wie von innen sehr entschieden eine Kette vorgelegt wurde.
    Im zweiten Stockwerk zählte ich vier Wohnungen, aber keine verriet durch ein Schild oder einen sonstigen Hinweis, in welcher Joan Delague zu Hause war. Es gab eine Menge Visitenkarten, auch ein paar altmodische verschnörkelte Emailleschilder, die wahrscheinlich noch von den ersten Mietern des Hauses stammten, und es gab auch hier die übliche Neugierde klatschsüchtiger Hausbewohnerinnen, die hinter den Fenster lauerten und ihre Mitmenschen beobachteten. Ich war noch nicht mit dem Studium sämtlicher Namen fertig, als umnittelbar vor mir eine Tür geöffnet wurde. Die Frau, die

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