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0111 - Geschäfte mit Menschen

0111 - Geschäfte mit Menschen

Titel: 0111 - Geschäfte mit Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschäfte mit Menschen
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heraussah, war gut an die sechzig, ungepflegt und schlampig. Das strähnige graudurchsetzte Haar hing ihr wirr in die Stirn. Bekleidet war sie mit einem wallenden zinnoberroten Morgenrock und bunt bestickten Pantoffeln.
    »Suchen Sie was Bestimmtes, Mister?«, flötete sie mir rostiger, unangenehmer Stimme.
    »Joan Delague… Wohnt die bei Ihnen?«
    »Sind Sie ’n Freund von der?«, wollte die Frau wissen.
    »Das kommt darauf an.« Ich lächelte zurückhaltend.
    »Immer neue Männer«, keifte sie gleich los. »Wird noch ein böses Ende mit ihr nehmen. Ich hab sie oft genug gewarnt, Mister. Hab ihr immer wieder gepredigt, sie sollte sich ’nen ordentlichen und fleißigen Boy suchen, der strebt und vorwärtskommen will. Na, ich misch mich nie in anderer Leute Angelegenheiten rein, wissen Sie. Man hat bloß Ärger davon. Aber ich hab ihr hundertmal gesagt, das ist alles nichts Solides, hab ich gesagt… Sieh mal zu, dass du ’nen anständigen Kerl erwischst, nicht bloß einen, der dicke Töne spuckt und sich im richtigen Moment verdrückt, ’ne Frau hat durch so Kerle bloß Ungelegenheiten, sag ich Ihnen.«
    »Interessant.« Ich senkte wie zustimmend den Kopf. Ein Weib mit Haaren auf den Zähnen. Allmächtiger.
    Ich gab mir Mühe, einen seriösen Eindruck zu machen.
    »Ich bin ein alter Bekannter von Miss Delague. Haben uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ich dachte, schau mal bei ihr rein, wo du schon für einige Tage in Los Angeles bist.«
    »Versuchen Sie es da drüben, junger Mann. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt in der Wohnung ist. Hab sie heute nicht rauskommen sehen. Gewöhnlich holt sie um diese Zeit ein. Tagsüber arbeitet sie.«
    »Wo und was?«
    Die Frau zuckte mit den Schultern. Genau wüsste sie es nicht .Vermutlich als Sekretärin oder Stenotypistin. Ich sollte bei Norman Cattright fragen.
    Sie schloss die Wöhnungstür, aber ich hätte schwören mögen, dass sie ihr Ohr gegen den Türrahmen presste. Gelegentlich sind solche neugierigen Frauen für uns Gold wert. Sie wissen alles über die Nachbarschaft.
    Auf dem gelblichen Emailleschild stand: Norman Cattright, Herrenschneider. Zweimal läuten.
    Ich klingelte zweimal. Grell schepperte es hinter der-Tür. Eine ganze Weile verstrich. Ich läutete emeut, diesmal etwas anhaltender. Schlurfende Schritte klangen auf. Kreischend wurde ein Riegel zurückgeschoben, und ich stand einem untersetzten Mann gegenüber, fünfzig vielleicht, mit Stiemacken und rot unterlaufenen Säuferaugen. In der Rechten hielt er eine Fliegenklatsche.
    »Was gibt’s?«, bellte er.
    »Mister Cattright?«
    »Ich denke, Sie können lesen? Oder…?«
    Er angelte nach einer Brille in der Hose, schob sie sich umständlich auf die Sattelnase und stierte mich misstrauisch an. Ich sagte ihm, ich könnte seit mehreren Jahren lesen, aber es freute ihn nicht sehr.
    »Bei Ihnen wohnt eine Joan Delague, stimmt’s?«
    »Was geht Sie das an, he?«, schnaufte er. Er traf Anstalten, die Tür vor meiner Nase zuzuschlagen. Schnell klemmte ich den Schuh dazwischen.
    »Eine Sekunde, Freund… Lassen Sie mich mal rein.«
    Ehe er reagieren konnte, hatte ich ihn zur Seite geschoben und die Wohnungstür hinter mir geschlossen. Ich legte keinen Wert darauf, dass die schlampige Frau von gegenüber unser Gespräch mithören konnte.
    »Raus…!«, brüllte Cattright wie ein Stier. »Verschwinden Sie auf der Stelle, Mann. Sie sind wohl verrückt?«
    »FBI…! Hier ist mein Ausweis. Machen Sie keinen Unfug, Mann. Los, gehen Sie schon vor. Ich will mich mit Ihnen unterhalten.«
    Seine Rechte fiel schlaff herab. Schweigend drehte er sich um und öffnete eine Tür, die zu einer Art Werkstatt führte. Kleiderpuppen standen längs der Wand, mit Stoffen drapiert und halbfertigen Anzügen. Der Boden war bedeckt mit Nähabfällen. Ein altmodisches Gasbügeleisen zischte auf seiner eisernen Unterlage.
    Mit eingesunkenen Schultern schlich Cattright um den großen Zuschneidetisch, klatschte im Vorbeigehen eine Fliege platt und warf das Instrument mürrisch in die Ecke.
    »Hab immer schon gewusst, dass es mal soweit kommen würde«, sagte er geheimnisvoll. »Los. Packen Sie aus, Mister.«
    »Also wohnt sie hier?«
    »Ja, ist ’ne Nichte meiner Frau. Heiliger Himmel, wenn Kathy das erfährt. Was hat sie angestellt?«
    »Was, glauben Sie, könnte denn gegen Joan vorhegen, Mister Cattright?«
    »Wollen Sie mich vielleicht auf den Arm nehmen, Officer? Ich war von Anfang an dagegen, dass sie sich hier einnistete,

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