0111 - Geschäfte mit Menschen
Alkohol. Wie sollte er plötzlich dazu kommen, sich sinnlos zu besaufen? Und noch etwas, seine Schuhe sind unbenutzt. Nicht die mindeste Abnutzung ist auf den Sohlen zu erkennen. Selbst wenn er nur zehn Schritte gegangen wäre, hätten sie verkratzt sein müssen.«
»Eine Finte, wie?«, fragte Milton. »Sie betäuben ihn und richten ihn als Betrunkenen her, um beim Transport nicht aufzuplatzen. Natürlich müssen sie Rollins in einen Abendanzug zwängen, wenn der ›Pelican Club‹ das Ziel war. Sie schnappen sich in der Eile ein paar schwarze Schuhe, ohne darauf zu achten, dass sie völlig neu sind. Gut, ich verstehe… Eine Flasche Whisky über die Kleider ausgegossen, und selbst ein gewitzter G-man fällt prompt darauf herein. Verdammt noch mal die verstehen aber ihr Handwerk, Cotton. Von hier nichts Neues. Die Boys haben in der ›Hawaii Bar‹ nichts von Belang gefunden. Ich mache mir ziemliche Sorgen um Ihren Freund Decker.«
»Ein Mann kann nicht spurlos verschwinden. Phil war bestimmt in der Bar. Wenn er Fletcher in die Hände gefallen ist, so muss es einen Weg geben, ihn unbemerkt fortzuschaffen.«
»Der Zeitfaktor stimmt«, kam Miltons besorgte Stimme aus dem Lautsprecher. »Gelang es ihnen, Ihren Freund außer Gefecht zu setzen, so könnten sie ihn sehr gut zum Jachthafen gebracht haben. Ungefähr um die gleiche Zeit startete Bannisters Flugzeug.«
Es war zum Wahnsinnigwerden. Wir hielten sämtliche Fäden des Falles in der Hand, aber wir konnten den letzten, entscheidenden Knoten nicht schürzen. Sie entzogen sich unserer Nachstellung mit unglaublichem Geschick. Ich machte mir ernstlich Sorgen um Phil. Nicht, dass ich befürchtete, er könnte nicht mehr am Leben sein. Dieser Gedanke kam mir nicht. Zwar muss jeder von uns damit rechnen, dass ihn eines Tages sein Los trifft, dass er unter den Schüssen rücksichtsloser Gangster seinen Diensteid mit dem Leben besiegelt. Unzählige der besten Männer hat es schon getroffen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob er nicht der Nächste ist, der im gnadenlosen Kampf gegen die Unterwelt sein Schicksal erfährt. Aber im Dienst gibt es' keine falsche Sentimentalität, kein Zögern und Zurückweichen vor Entscheidungen. Hier gelten nur das bessere Wissen und die härtere Ausbildung, die stärksten Nerven und der unerschütterliche Glaube an den Sieg des Rechts. All dies ist bei Phil bis zur Vollendung entwickelt. In hundert Gefahren hatte er sich bewährt, in hundert aussichtslosen Situationen einen Weg gefunden, hundert Niederlagen zum Sieg verwandelt. Wo er sich auch befand, er wusste, dass seine Kameraden vom FBI ihn nicht im Stich lassen würden, dass der riesenhafte Apparat auf vollen Touren lief, ihm beizustehen.
»Ich warte auf Ihre Männer, Mister Milton. Keine Nachricht wegen des Rolls Royce?«
»Er wurde im Süden von Loredo gesehen. Augenblicklich werden die Straßen nach Mexiko gesperrt. Die verdammte Nacht macht uns in vielem einen Strich durch die Rechnung. Wahrscheinlich versucht sie irgendwo über die Grenze zu gelangen. Aber es wird ihr nicht gelingen. Mit einem Wagen niemals. Sie müsste es zu Fuß versuchen, und das hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie entweder die geheimen Grenzübergänge haargenau kennt, oder einen kundigen Führer mitnimmt. So ein Mann ist aber innerhalb von Minuten nicht zu beschaffen, Cotton.«
Die Verbindung wurde abgebrochen. Ich verließ den Wagen und schlenderte quer über den dunklen Parkplatz, folgte dem breiten Kiesweg zur Straße und benachrichtigte Sergeant Buster, dass er mit seinen Leuten die Rückseite des Grundstücks abriegelte. Ich selbst wollte dass vordere Portal im Auge behalten.
Milton schaffte die Strecke von Los Angeles heraus in achtzehn Minuten. Mit zwei schweren Wagen rasten sie über die Spitzkehren. Sie standen noch gar nicht richtig vor dem Eingang zum ›Pelican Club‹ als die G-men mit gezogenen Waffen aus den Fahrzeugen sprangen und das große Haus umstellten. Mitten im Takt erstarb die Musik auf der von bunten Lampions beschienenen Terrasse. Ein paar Frauen schrien erschrocken auf, als sie die bewaffneten Zivilisten entdeckten.
Ryan Milton hob befehlend den rechten Arm.
»Bleiben Sie auf Ihren Plätzen, Gentlemen. Das Haus ist von Beamten des FBI umstellt. Bitte, halten Sie Ihre Ausweise bereit.«
Wir trafen Duff Masters in Fletchers Privatbüro. Er starrte uns mit weit aufgerissenen Augen entgegen, als seien wir gekommen, ihm einen Strick um den Hals zu legen. Masters war ein
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