0111 - Lockruf aus dem Jenseits
hatte ihn nahezu völlig ausgelaugt.
Sie befanden sich nach wie vor in der Ebene. Doch schien auch eine leichte Ortsveränderung eingetreten zu sein; die Vulkanberge waren merklich nähergerückt. Zamorra schätzte, daß sie noch rund fünfzig Kilometer von den rostroten Kegeln entfernt waren, aus deren Mündungen Rauch kräuselte und zuweilen rote Glut hervortrat.
Fünfzig Kilometer!
Das war zu weit, um die Berge zu erreichen. Der Professor griff sich an die Stirn. Seine Augen begannen zu flattern, irretiert und gereizt durch das ständige Flimmern, Vibrieren der unscharfen Konturen. Irgendetwas war geschehen, was den festen Zusammenhalt der Masse störte.
Zamorras suchender Blick blieb auf Birgit Hansen liegen. Ein Gedanke schoß durch seinen Kopf, setzte sich fest. Er entsann sich, daß das Mädchen ihr Interesse an seinen Gastvorträgen erwähnt hatte, mittags auf dem Parkplatz. Interesse an parapsychischen Dingen kommt nicht von ungefähr, oftmals spielen eigene Erlebnisse mit hinein.
Der Professor näherte sich der Studentin. »Birgitt, verfügen Sie über parapsychische Fähigkeiten?« fragte er unvermittelt.
Das Mädchen fuhr zusammen. »Ich, wieso, wie kommen sie darauf, Monsieur?«
Zamorra lächelte dünn.
»Ich kann es nur hoffen, Birgit. Ich beabsichtige einen Versuch. Doch meine eigenen Kräfte sind durch den Zeitsprung stark erschöpft. Ich könnte Hilfe benötigen.«
Die Studentin sah ihn erwartungsvoll an. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Zamorra zögerte einen Moment. Seine eigenen Para-Kräfte waren nicht allzu überragend, beruhten in der Hauptsache auf den verstärkten Energien des Amuletts und auf einigen Zauberformeln der Weißen Magie. Und doch war es ihm oft genug gelungen, das Böse in die Schranken zu verweisen, unter ganz bestimmten Voraussetzungen vermochte er sogar Gedanken zu »lesen«.
Auf Nicole, seine geliebte Sekretärin, konnte er bei diesem Versuch nicht zurückgreifen. Sie verfügte über keinerlei übersinnliche Fähigkeiten - außer jener, in Modeboutiquen stets die extravagantesten und teuersten Modellkleider ausfindig zu machen. Der Professor mußte auf jemanden zurückgreifen, der zumindest latent ausgeprägte Fähigkeiten aufwies. Und er hoffte, eine solche Person in Birgit gefunden zu haben.
Sehr zu Nicoles Verdruß, die Birgit trotz allem als eine Art Rivalin betrachtete.
Zamorra kniete sich auf den harten Boden nieder. »Ich weiß nicht, ob wir es schaffen können. Ich benötige Ihre Geisteskräfte zur Unterstützung, als Verstärker gleichsam. Ich will versuchen, den Dämon zu orten, aus seiner Reserve zu locken oder zumindest exakt festzustellen, wo er sich hauptsächlich aufhält, um ihn dort eine Falle stellen zu können. Sie müßten sich entspannen. Mit Ihrem Einverständnis versetze ich Sie in Trance, um Ihre parapsychischen Fähigkeiten bei Bedarf anzuzapfen.«
Birgit überlegte, hielt dabei den Kopf etwas schräg und sah den Professor an. Fasziniert betrachtete sie seine grauen Augen, deren Ausdrucksmöglichkeiten vielfältiger waren, die warm, und sympathisch blicken konnten, ebensogut aber auch eiskalt und unbarmherzig. Es sind gute Augen, durchfuhr es ihr, und ein warmer Schauer rieselte durch ihr Rückenmark. Ein Mann von Zamorras Art vermochte ihr Blut in Wallung zu bringen. Er faszinierte sie ungeheuer. Dennoch begriff sie, daß er unerreichbar für sie war, daß es eine andere Frau in seinem Leben gab, an die er sein Herz verloren hatte - Nicole Duval.
»Ich will Ihnen nicht verhehlen, daß es lebensgefährlich werden kann« vernahm sie seine Warnung.
»Ich mache mit.« erklärte sie fest. »Was muß ich tun?«
Ein warmes Lächeln spielte um Zamorras Lippen, als er ihr bedeutete, sich auf den Boden auszustrecken. Eifrig kam sie der Aufforderung nach. Der Parapsychologe ließ seinen Blick über den schlanken Körper des Mädchens wandern. Noch immer war ihre Kleidung wie die der anderen tropfnaß, befanden sich auf den freien Hautstellen winzige rote Flecken, dort, wo die Säuretropfen aufgeprallt waren. Diese Dinge hatte der Zeitsprung nicht zu korrigieren vermocht.
»Entspanne dich«, bat Zamorra. Unwillkürlich ging er zum Du über. Dann ließ er das leuchtende Amulett vor ihrem Gesicht pendeln. »Konzentriere dich auf das Amulett. Du vergißt alles andere. Es gibt nur noch das Amulett auf dieser Welt«, murmelte er mit ruhiger, leiser Stimme eindringlich. »Verfolge es, laß es nicht mehr aus den Augen. Das Amulett, es ist
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