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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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Schritte, während derer ich alle meine Sinne anspannte. Es roch aufdringlich nach verbranntem Gummi. Dann kam eine Treppe, deren Steinstufen ausgetreten waren. Ich zählte zwölf, ein Absatz und dann elf. Einen neuen Absatz und das gleiche noch dreimal.
    Im dritten Stock hörte ich das Schreien eines Säuglings, untermischt mit der Ansage für die bekannte Mitternachtssendung OMNIBUS. Es musste also genau zwölf Uhr sein. Im vierten Stock blieben wir stehen. Einer meiner Begleiter klingelte. Er klingelte in einem bestimmten Rhythmus, dreimal kurz, dreimal lang. Die Tür quiekte durchdringend, sie musste lange nicht geölt worden sein.
    Im Innern roch es nach einem Gemisch von altem und frischem Tabakrauch. Jetzt endlich war der Druck der Pistole in meinem Rücken verschwunden. Jemand machte sich an der Schnur zu schaffen, die die schwarze Kapuze über meinem Kopf festhielt. Dann war sie plötzlich weg, und ich blinzelte in das helle.Licht.
    Fünf Männer standen um mich herum. Zwei davon kannte ich, Kantor und Barney. Zwei weitere mochten Collery und Snout sein, von denen Gittler gesprochen hatte, aber es war der fünfte, von dem meine Augen nicht loskamen. Ich glaubte einen Geist zu sehen. Der Bursche war ein Schlacks von nicht mehr als 25 Jahren, sein Gesicht war voller Sommersprossen, die Haare rot. Er stand da und grinste mich, die Hände bis an die Ellbogen in den Hosentaschen vergraben, unverschämt an.
    »Jonny… Jonny Philps«, sagte ich wieder Willen.
    »Stimmt auffallend«, feixte der Bengel niederträchtig. »Haben wir das nicht fein gedreht?«
    »Halt die Klappe«, zischte Kantor. »Wir haben Besseres zu tun, als uns dein Geschwätz anzuhören. Kommen sie, G-man Cotton. Darf ich Sie einladen, hier einzutreten?«
    Der Raum war wahrscheinlich als Besenkammer benutzt worden. Er war nicht mehr als drei Fuß breit und vier Fuß lang. Hoch oben in der Wand befand sich ein kleines, vergittertes Fenster. Man hatte einen Stuhl hinein gestellt, daneben auf dem Fußboden lag eine Packung Zigaretten und eine Schachtel Streichhölzer. Dabei stand eine noch volle Flasche Whisky.
    »Ich bin Ihnen keine Erklärung schuldig, aber ich will sie ihnen geben«, meinte Kantor zynisch. »Vor allem möchte ich Sie darüber beruhigen, dass wir Ihnen nicht an den Kragen wollen. Ich habe ein Prinzip, und das heißt, hüte dich nach Möglichkeit einen Polizisten umzulegen, aber gehe niemals einem G-man ans Leder. Ich habe keine Lust, mich für den Rest meines Lebens jagen zu lassen.«
    »Ich fürchte, Mr. Kantor, dass dies trotz Ihrer Vorsichtsmaßregeln geschehen wird. Beim FBI weiß man schon lange, was mit ihnen los ist. Sie haben Masters hineingelegt, und als er entlassen wurde, ermordet, weil er Ihnen auf die Sprünge gekommen war.«
    »Ich kann das sogar noch ergänzen.« Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln. »Masters hatte das Pech, im Bau einen Mann kennenzulernen, der glaubte, er habe ein Hühnchen mit mir zu rupfen. Dieser Mann hat ihn aufgeklärt, zu seinem Schaden, wie Sie sehen. Es blieb uns gar nichts anderes übrig, als ihn aus Selbsterhaltungstrieb abzuservieren. Leider wussten wir lange nicht, wer Sie sind. Sonst hätten wir beizeiten Vorsichtsmaßregeln getroffen. Wir waren uns darüber klar, dass Sie früher oder später an Jonny herankommen würden. Der Bengel war mir zu nützlich, als dass ich ihn beiseite geschafft hätte. So ließen wir in also ›sterben‹. Es gibt ja noch mehr rothaarige Jungs in New York.«
    »Sie haben also einen unschuldigen Menschen ermordet, um diesen jugendlichen Gangster in Sicherheit zu bringen«, erwiderte ich wütend.
    Ich hätte ihm gerne noch mehr gesagt, aber in meiner Lage wäre es unklug gewesen, den brutalen Kerl zu reizen. Ich hob mir das für später auf.
    »Na, so unschuldig war der Bengel auch nicht mehr«, meinte er. »Aber kommen wir wieder zur Sache. Sie wissen ja wohl jetzt, dass Jonny ein paar Tage später seine Sachen abholte. Es hat uns Leid getan, seine Mutter umlegen zu müssen, aber die Frau wurde lästig. Nicht nur, dass sie und die Polizei sich zuviel um sie kümmerten, sie selbst begann überall herumzufragen und hätte zweifellos früher oder später etwas gehört. Darum musste sie weg.«
    Unwillkürlich sah ich zu Jonny hinüber, aber den schien es nicht im Geringsten zu rühren, dass man seinetwegen seine Mutter umgebracht hatte. Dabei stieg mir zum ersten Mal die Ahnung auf, dass der Junge nicht normal war.
    »Wir überlegten lange, was wir mit

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