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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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die Zigaretten hatten stark abgenommen. Ich würde sie rationieren müssen, denn vor neun war an eine Erlösung nicht zu denken, wenn diese überhaupt erfolgte.
    Ich begann ungeduldig auf und ab zu marschieren. Drei Schritte zur Tür… Kehrt… Drei Schritte zum Fenster… Hin und her, her und hin.
    Zum ersten Mal fühlte ich, wie es ist, wenn man in eine Zelle eingesperrt wird. Allerdings gab es einen Unterschied. Bei uns nahm man den Gefangenen die Handschellen ab, bevor man sie einlochte. Wir waren also humaner als Kantor und Genossen. Meine Handgelenke begannen steif zu werden und die Finger einzuschlafen. Also machte ich Fingergymnastik, und das half. Langsam erwachte die Stadt. Die Nebelhörner vom Fluss schallten herüber, die Autos der Müllabfuhr klapperten durch die Straßen, und dann hörte ich das unverkennbare Scheppern von Milchkannen.
    Züge donnerten in schneller Folge vorüber, Kraftwagen hupten und ein Motorrad knatterte mit vorschriftswidrig offenem Auspuff vorbei.
    Sieben Uhr. Aus der Wohnung unter mir drangen undeutlich verworrene Geräusche. Ich hätte versuchen können, mit dem Stuhl auf den Fußboden zu schlagen, aber das würde im besten Fälle nur eine Beschwerde der darunter wohnenden Leute zur Folge gehabt haben, die mich nichts genutzt hätte.
    Acht Uhr. Ich bekam einen lausigen Hunger, und die Bartstoppeln in meinem unrasierten Gesicht störten mich. Um halb neun näherten sich Schritte, und dann fragte eine rauhe Stimme.
    »Na, gut geschlafen, Kollege?«
    »Ausgezeichnet. Wann kommt das Frühstück?«, antwortete ich ironisch.
    »Freut mich, dass Sie Ihre gute Laune nicht verloren haben. Jetzt dauert es nicht mehr lange.«
    Die Schritte entfernten sich. Ich glaubte die Stimme erkannt zu haben. Sie gehörte weder Barney noch Kantor oder Jonny, sondern einem der beiden anderen, Collery und Snout. Die Sonne stand bereits hoch, und es wurde unerträglich warm in meinem Gefängnis. Dazu stank es penetrant nach altem Rauch und Zigarettenstummeln. Ich nahm den zweiten Morgentrunk aus der Flasche. Dann rauchte ich die vorletzte Zigarette.
    Es dauerte noch kurz bis vor zehn Uhr. Dann klapperten die Riegel, der Schlüssel wurde im Schloss gedreht, und das unsympathische Gesicht Kantors erschien im Türspalt.
    »Alles inbester Ordnung«, grinste er. »Dein Mädchen hat gespurt, und es geht ihr gut. Du kannst gleich nach Hause gehen und sie losmachen. Wir waren selbstverständlich genötigt, dafür zu sorgen, dass sie nicht das Haus zusammenschrie und telefonierte.«
    Dann kam die ganze Bande herein. Das heißt, eigentlich nur Kantor und Barney, die anderen drängten sich grinsend unter der Tür zusammen. Nur Jonny fehlte. Bevor der dicke Gangster die Schlüssel zu den Handschellen herausholte, zog Barney die Pistole, die mit einem Schalldämpfer versehen war.
    »Wir bringen dich jetzt weg«, sagte er. »Natürlich müssen wir es unauffällig machen. Du bist ein Blinder, den wir ins Krankenhaus schaffen. Wenn du muckst, bekommst du eine Kugel. Klar?«
    Die Armbänder wurden mir abgenommen, und für einen Augenblick bekam ich Lust, es darauf ankommen zu lassen, aber ich beherrschte mich. Die Pistole saß mir bereits wieder im Rücken, und Barney würde nicht zögern, den Finger krumm zu machen, wenn er es für nötig hielt. Kantor förderte zwei schwarze Augenklappen zutage und befestigte sie sorgfältig. Jetzt war ich tatsächlich blind. Dann wurde ich am Ärmel gefasst.
    »Hello, du hast noch einen Schluck in der Pulle. Wir lassen uns nichts schenken. Trink aus.«
    Jemand setzte mir die Flasche an den Mund, ich schluckte den Rest. Dann ging es hinaus aus der Flurtür und die Treppe hinunter. Nur zwei Mann waren bei mir. Kantor führte mich, und Barney Heß mich fühlen, dass die Pistole schussbereit war. Der Weg über die Treppe war ekelhaft. Endlich waren wir unten im Hausflur, wo es immer noch nach Gummi roch. Dann hörte ich das Tuckern eines Motors und wurde in den Wagen geschoben.
    Wir mochten eine halbe Stunde spazierengefahren sein, als wir stoppten.
    »Aussteigen!« Ich erhielt einen Stoß in den Rücken, quetschte mich durch die Tür, und dann fühlte ich Pflaster unter den Füßen.
    Als es mir gelungen war, die Augenklappen abzunehmen, sah ich mich um. Ich befand mich in einer schmalen, schmutzigen Straße. Gerade wischte ein schwarzer Wagen um die nächste Ecke. Mit eiligen Schritten ging ich weiter, bis ich an das Straßenschild kam. Ich befand mich in der Ridge Street, die sich an

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