0112 - Der Mann mit den zwei Gesichtern
die vorhandenen Fähigkeiten bis zur Vollendung weiterentwickelt.
Brazo Alkher flog die 1-109. Die Wanderer-Koordinaten waren von der großen Schiffspositronik dem kleinen Bordcomputer der Space-Jet übermittelt worden. Das Venussystem hatte sie in einer mehrstündigen Arbeit zuvor erstellt.
Alkher und Nolinow waren allein in der Zentrale der 1-109. Der Chef hatte sich in seine Kabine zurückgezogen. Obwohl das diskusförmige Boot mit nur dreißig Meter Durchmesser gegenüber jedem Kugelraumer wie eine Nußschale wirkte, bot es alles, was man von einem guten Raumfahrzeug erwartete. Ausgerüstet mit dem modernsten Hypertriebwerk und der besten Automatik, war es vielen größeren Schiffen anderer Völker sogar weit überlegen, und was die Bewaffnung betraf, so durfte eine Space-Jet nicht unterschätzt werden. Trotzdem war es objektiv Unsinn gewesen, mit diesem kleinen Raumfahrzeug Wanderer anzufliegen; die IRONDUKE bot in jedem Falle einen tausendfach besseren Schutz für alle Eventualitäten.
Darüber unterhielten sich Brazo Alkher und Stana Nolinow halblaut., daß der Chef sich schon kurz nach dem Start von Pluto in seine Kabine zurückgezogen hatte, erschien ihnen nicht bemerkenswert.
Wie sollten sie auch ahnen, daß der Mann, den sie für Perry Rhodan hielten im Augenblick keine Menschen um sich sehen konnte?
Thomas Cardif rechnete sich seine Chance aus, daß auf dem Kunstplaneten ein relativ unsterbliches Wesen existierte, das in seiner unbeschreiblichen Form als einzelner ein gesamtes Volk darstellte - körperlos, aber versehen mit dem unermeßlichen Wissen eines Volkes, das vor Äonen die Galaxis beherrscht hatte.
Logisch, nüchtern bewertete er seine Situation und seinen Plan.
Er dachte an die Wissensübertragung auf Okul, bei der Perry Rhodan gezwungen worden war, seine Fähigkeiten an ihn, Thomas Cardif, abzugeben. Die Übertragung war nicht hundertprozentig geglückt. Das Ich in Cardif hatte die Oberhand behalten. Dies stellte die größte Gefahr für sein Spiel im Solarsystem dar. Er war sich selbst der größte Feind!
Er wußte es, aber er wußte nicht, was geschehen würde, wenn er vor dem Wesen auf Wanderer stand und die Zellaktivatoren verlangte.
Er versuchte, in sich hineinzulauschen, suchte nach Unsicherheiten, doch je länger er es tat, um so ruhiger wurde er.
Rhodans Telepathen und Orter hatten die Täuschung nicht erkannt, ihn bis zur Stunde für Perry Rhodan gehalten, und gerade diese Gewißheit verschaffte ihm jene gelassene Sicherheit, die ihn befähigen würde, dem Wesen von Wanderer gegenüberzutreten.
Thomas Cardif lag wie ein Träumer auf der Couch. Sein Gesicht war wie das des echten Rhodan, ausdrucksvoll, und es schien entspannt zu sein; seine Haltung war gelockert; nichts verriet, daß hier ein genialer Psychopath einen Plan schmiedete, der den Vater das Leben kosten sollte, und ihn selbst, Cardif, aus der Abhängigkeit der Antis befreien mußte.
Er haßte Rhodan noch genauso wie vor mehr als sechzig Jahren. Für ihn war der Erste Administrator nicht sein Vater, sondern nur der Erzeuger und der Mann, der seine Mutter absichtlich in den Tod geschickt hatte.
Es war so! Davon war er überzeugt, und jede gegenteilige Behauptung war Lüge und sollte nur Rhodan schützen!
Wie oft hatte er im übernommenen Wissen Rhodans gesucht; nie hatte er einen einzigen Gedankenimpuls über seine Mutter darin gefunden.
Es gab ihn nicht. Aber es gab für Thomas Cardif darauf eine Antwort: Perry Rhodan hatte sich durch Suggestivbehandlung das Wissen nehmen lassen, der Mörder der arkonidischen Fürstin Thora zu sein!
Cardif kam nicht auf den Gedanken, daß dann dieser Teil von Rhodans Wissen auf ihn hätte übertragen werden müssen.
Die Durchsage von der Zentrale schreckte ihn auf.
„Sir, gab Nolinow bekannt, „wir springen in drei Minuten dreißig Sekunden. Es ist der letzte Sprung!"
Der echte Rhodan hätte für diese Durchsage gedankt; der echte Rhodan war der geborene Menschenführer. Er wußte, wie er seine Mitarbeiter anzufassen hatte, um sie immer wieder zur höchsten Leistung anzuspornen.
Rhodans Double besaß diese Fähigkeit nicht.
Nolinow blickte Brazo an. „Na, Brüderchen", sagte er leger, „was hältst du von der Laune des Alten? Ich habe schon fröhlichere Leute spazieren geflogen." Brazo Alkher war nicht so schnell bereit, mit Nolinows Ansicht konform zu gehen. „Vergiß nicht, was der Chef auf Okul erlebt hat. Er hat nur einen Sohn und wenn einem Vater so etwas
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