0112 - Die Drachensaat
ihren löchrigen Dächern.
Suko lief über den unebenen Weg, bis er eine kleine Straße erreichte, die ihn, wenn er rechts hochging, zur Hauptstraße brachte. Dort lag zwar King Cutlers Haus, aber den normalen Weg wollte der Chinese nicht nehmen.
Von dieser Stelle aus hatte er auch einen freien Blick bis hoch zur Burg.
Über dem zerstörten Gemäuer lagen dicke Wolken. Sie hatten sich zu regelrechten Bergen zusammengeballt und hingen so tief, dass sie die Ruinen fast berührten. Es gefiel dem Chinesen überhaupt nicht, als er dies sah, denn seiner Meinung nach konnten die Wolken keinen natürlichen Ursprung haben. Sie waren sicherlich durch Schwarze Magie erzeugt worden, und der Chinese wusste genau, wer dort oben um sein Leben kämpfte. Am liebsten hätte er sich auf die Burg teleportiert, doch das war leider nicht möglich.
Er drückte nur beide Daumen. Dann schlich er weiter.
Suko bewegte sich lautlos, er hielt sich dabei immer dicht an den Hauswänden, blieb hin und wieder stehen, um die Umgebung abzusuchen, und ging dann weiter. Bevor der Chinese die Hauptstraße erreichte, glitt er in eine schmale Gasse. Er wunderte sich, dass er keine Menschen sah, doch nach den Gründen zu forschen, war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Suko holte den Plan aus der Tasche und verglich. Bis jetzt stimmte alles.
Und weiter lief er. Dann musste er in Deckung gehen, denn zwei Fußgänger kreuzten seinen Kurs. Sie gingen vorbei und warfen keinen Blick auf den alten Kistenstapel, hinter dem Suko hockte. Die Schritte verklangen.
Suko richtete sich wieder auf. Leichtfüßig setzte er seinen Weg fort. Die beiden Männer hatten Gewehre über ihren Schultern hängen, sie hätten sicherlich sofort geschossen. Der Chinese schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand nur so verblendet sein?
Die verdammte Drachensaat schien voll aufzugehen.
An der nächsten Ecke blieb Suko stehen. Ein Blick nach links - die Hauptstraße.
Und er sah das Haus King Cutlers. Es stand etwas zurückgesetzt, war braungrün angestrichen und mit zwei Stockwerken versehen. Das Dach lief spitz zu. Wie Finger stachen die beiden Schornsteine daraus hervor.
Posten oder Wächter sah Suko keine. Das musste nicht heißen, dass man das Haus im Stich gelassen hatte. Sicherlich wurde es beobachtet.
Der schwierigste Teil begann. Der Chinese musste ungesehen an das Haus herankommen. Er schlug einen weiten Bogen, wie es Diana Redford auch auf der Zeichnung gemalt hatte. Suko hoffte, an die Rückseite zu gelangen, denn dort lief ein Hang relativ steil hoch, so dass man ohne größere Schwierigkeiten auf das Dach gelangen konnte.
Ausgestorben lag der Ort da.
Das wunderte den Chinesen. Er hatte damit gerechnet, zahlreiche Menschen anzutreffen, doch Gulbine wirkte nach dem Löschen des Feuers wie tot.
Noch immer hing ein leichter Brandgeruch in der Luft. Er erinnerte Suko an das, was geschehen war. Auch überlegte er, wo der Drache stecken mochte. War er vielleicht in ein jenseitiges Reich geflogen, oder hielt er sich noch irgendwo im Lande versteckt? Über eine feuchte Wiese gelangte Suko an den jenseits des Hauses gelegenen Hang. Eine halbe Stunde war seit seinem Fortgang vergangen, eine kurze Zeitspanne, wie er fand. Ein dunkel gebeizter Zaun hielt ihn nicht auf. Suko stieg hinüber und lief durch einen Garten, der an dem schräg verlaufenen Hang angelegt worden war. Dann erreichte er das Haus des Bürgermeisters.
Schon jetzt sah er, dass es keine Schwierigkeiten bereiten würde, auf das Dach zu klettern. Sein Rand berührte zwar nicht den Hügel, doch der Zwischenraum war leicht zu überwinden. Suko konnte durch einen Sprung die Rinne erreichen, und er sah das schräge Fenster auf dem Dach. Den Mann allerdings entdeckte er etwas zu spät. Er hatte an der Westseite des Hauses neben einem Holzstapel gelauert. Als sich Suko in der Höhe des Stapels befand, sprang der Mann vor und riss sein altertümliches Gewehr hoch.
Der Chinese reagierte reflexhaft. Seine Handkante sichelte in die Höhe, traf das Gewehr und schmetterte es dem Bewacher aus den Fäusten, ohne dass sich ein Schuß löste. Diesmal wurde der Aufpasser überrascht. Aus großen Augen starrte er Suko an.
Der Chinese schlug zu, doch der Mann verdaute den Schlag. Es war ein richtiger Naturbursche und schüttelte nur den kantigen Schädel, wobei er den Mund zu einem Warnschrei aufriss.
Suko hechtete vor. Der Kerl durfte nicht schreien. Blitzschnell presste Suko dem Gegner seine Hand auf die Lippen, und der
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