0114 - Der Würfel des Unheils
Sie hatten schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel, und hinter den Fassaden verbargen sich meistens Höfe. Langsam schritt Jane wieder zurück. Diesmal schaute sie sich die Häuser genauer an.
Das Gebäude rechts neben der Schule stand tatsächlich leer. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckte Jane dies, und sie sah auch die verblichene Schrift über einer größeren Tür.
Brewery!
Eine Brauerei also. Und die war stillgelegt worden, soviel Jane erkennen konnte.
Ein Glücksfall.
In den letzten Jahren hatten die größeren Brauereien durch eine harte Preispolitik und einen immensen Machtdruck die kleinen Unternehmer aus dem Rennen geworfen. Viele Privatbrauereien waren in die Pleite geschliddert. Die Fabriken standen leer, weil sie niemand kaufen wollte, die Grundstückspreise waren zu hoch.
Jane Collins schaute sich das Gebäude an. Es mußte schon lange leerstehen, zudem hatten Jugendliche sich an den Fensterscheiben zu schaffen gemacht. Wo sonst Glas war, gähnten jetzt Löcher.
Ideal für die Detektivin.
Sie schaute sich um.
Niemand schenkte ihr Beachtung. Die Menschen, die sich auf der Straße befanden, hatten genug mit ihren Fahrzeugen zu tun. Ein größerer Wagen sprang nicht an. Drei Männer schoben ihn.
Jane ging ein paar Schritte zur Seite und stand vor einem zerbrochenen Fenster. Es war eine große Öffnung, die nach oben hin spitzbogenartig zulief.
Jane packte die rauhe Kante der Fensterbank, stemmte sich hoch, rutschte mit den Händen noch weiter vor, so daß sie das Gewicht auf beide Ballen verlagerte, und schwang ein Bein nach rechts.
Sie kniete auf der Bank. Vorsichtig, damit sie sich an den Scherbenecken auch nicht schnitt, kletterte sie in das Innere der Brauerei.
Jane konnte riechen, daß hier früher Bier gebraut worden war. Es roch nach Treber, und trotz der teilweise zerstörten Fenster war die Luft feucht und mühsam zu atmen.
Die Detektivin war in das große Sudhaus geklettert. Sie sah die gewaltigen Kupferkessel und die Rohrleitungen, die von den Kesseln ausgingen und unter der Decke entlangliefen. Das Metall schimmerte grünlich und war stumpf. Monatelang hatte hier niemand mehr geputzt. Auch auf dem gefliesten Boden hatte sich der Schmutz angesammelt. Er lag dort als eine graue Schicht.
Vorsichtig ging Jane weiter. Ihre Füße hinterließen Abdrücke auf dem Boden. Sie passierte einen großen Braubottich und wandte sich in die Richtung, wo die Brauerei an das Nebenhaus grenzte.
Jetzt sah Jane einige Türen, die in die anderen Hallen der Fabrik führten. Dort würde sie auch sicherlich in den Hinterhof gelangen.
Keine Tür war verschlossen.
Jane öffnete die erste.
Zwei Schritte danach stand sie in der Halle, wo früher die Flaschen abgefüllt wurden. Sie sah die Etikettiermaschinen und die Füllanlagen und auch die schmalen Bänder.
Auf ihnen standen noch einige Flaschen. Jemand mußte bereits vor ihr in der Brauerei gewesen sein, denn in blinder Zerstörungswut hatten die Eindringlinge zahlreiche Flaschen zu Boden geworfen, wo sich die Scherben reihum verteilt hatten.
Nun konnte Jane auch in den Hinterhof schauen.
Ihr Blick fiel durch eine große Scheibe, die eine Seitenwand der Abfüllungshalle begrenzte. Dort sah sie auch eine Rampe, an die die Lastwagen fuhren und das Bier abholten.
Der Hof besaß eine große Ausfahrt, was für Jane schon einmal wichtig war, denn nun brauchte sie nicht auf dem gleichen Weg zurück.
Sie schritt an dem langen Fließband entlang, sah über sich die graue Decke, vor sich die unbekannten Maschinen und fühlte sich in dieser Umgebung sehr unwohl.
Hier stimmte einiges nicht.
Jane hatte dieses Gefühl, und darauf konnte sie sich fest verlassen. Das Feeling war in all den Jahren gekommen. Die Detektivin hatte bereits so zahlreiche gefährliche Situationen überstanden, daß sie es sogar merkte, wenn Gefahr in der Luft lag.
Wie jetzt.
Jane Collins blieb stehen.
Stille. Nur irgendwo im Hintergrund der Halle tropfte ein Wasserkran. Gleichmäßig pitschten die Tropfen auf den Boden.
Jane ging weiter.
Sie lächelte plötzlich. Vielleicht hatte sie sich auch geirrt, unter Umständen war alles nur Einbildung gewesen. Bestimmt steckte ihr noch der Kampf mit dem gefährlichen Samurai in den Knochen. Die Verletzung am Arm brannte nach.
Aber aufgeben wollte die Detektivin nicht. Jetzt mußte sie es den Männern beweisen. Es ging nicht an, daß man sie so ohne weiteres abschob wie eine lästige Fliege.
Vor sich in der Wand sah sie eine viereckige
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