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0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Bord des Schiffes los. Schattenhafte Gestalten schoben sich, wild fuchtelnd die Reling entlang. Es wurde gebrüllt. Ein Mann ging zu Boden. Plötzlich löste sich ein zweiter Mann aus dem Knäuel, kam in Schwung und flog über Bord. Er klatschte in das Wasser zwischen zwei Schiffen.
    Wir alle rannten schon, aber dann brüllte der Mann, der ins Wasser gefallen war, und er brüllte mit Tony Oldens Stimme: »Cotton, der Kahn ist richtig. Holt sie raus!«
    Als der Anruf uns traf, hatten wir gestoppt, aber als wir ihn verstanden hatten, gab es kein Halten mehr. Die Engländer, die Schweden, Larry Bern, Phil und ich, wir enterten den Kahn stilgerecht wie die Korsaren, die vor ein paar Hundert Jahren an dieser Küste ihr Unwesen getrieben haben.
    Glauben Sie nur nicht, die Besatzung hätte die Hände hochgenommen! Ganz im Gegenteil. Sie taten alles, um mit uns fertig zu werden, und noch bevor wir heran waren, legten sie Mac Beer flach.
    Im Anfang hinderte uns der geringe Platz, der sich zwischen den Aufbauten und der Reling bot, aber dann kämpften wir uns den Weg zum Vorschiff frei. Phil, ich und einer der Engländer fungierten als Brecher, und unserer gemeinsamen Kraft, unterstützt vom Druck der nachfolgenden Männer, hatten die Matrosen nichts entgegenzusetzen.
    Am Mast des Vorschiffes brannten zwei Bordlampen, und sie tauchten den Kahn in trübes Licht.
    Wir hielten uns gut. Ich sah den Chef der Engländer in einem Stil boxen, der geradezu klassisch war. Seine Gegner rannten sich an seiner langen Linken fest. Manchmal sah es aus, als klebten sie geradezu daran, und hin und wieder wischte er sie mit einer kurzen Rechten weg wie lästige Fliegen.
    Es muss ein merkwürdiger Anblick gewesen sein, ein rundes halbes Dutzend Gentlemen im Smoking gegen mehr als ein Dutzend Männer in bunten, oft zerfetzten Hemden, ölverschmierten Hosen und fettigen Sandalen kämpfen zu sehen. Aber für uns, die wir daran beteiligt waren, war es nicht so spaßhaft, sondern recht ernst, denn die Matrosen, durchweg sehnige, kräftige Gestalten, setzten alles daran, uns über Bord zu werfen. Vielleicht wussten sie überhaupt nicht, worum es ging, sondern gehorchten einem Befehl ihres Kapitäns, und sicherlich brachte etwas Klassenhass gegen die in ihren Augen geschniegelten Smoking-Träger den nötigen Pfeffer in das Gefecht.
    Aber auch wir hatten einiges zu bieten. Larry Bern wütete wie ein Bär. Er schmiss mit Männern um sich. Hin und wieder wurde er selbst geschmissen. Dann stand er auf und stürzte sich mit doppelter Begeisterung in das Spiel.
    Ungefähr gleichzeitig beförderte Phil einen Knaben in den Schlagschatten des Rettungsbootes. Der Mann wollte aufstehen. Phil griff sich einen Rettungsring von der Reling und legte ihn dem Mann mit sanfter Gewalt um. Der Mann setzte sich wieder und glotzte dumm in die Gegend.
    Phil rieb sich mit dem Handrücken ein wenig Blut von der Nase.
    »Hoffentlich ist diese Mary Angers wirklich an Bord«, sagte er, »damit wir einen Grund für unsere Prügelei vorweisen können. Sonst werden wir sicherlich für alle Zeiten aus Frankreich ausgewiesen. Ich hole mir ungern den Ruf eines wütenden Schlägers. - Du lieber Himmel!-Da kommen schon wieder neue Kunden.«
    Die Kunden kamen nicht, sondern sie stürzten heran. Derjenige, der mich aufs Korn genommen hatte, breitete die Arme aus, als wolle er mich umarmen und erdrücken. Ich schlüpfte aus der Schlinge, wich seitwärts aus, stellte ein Bein in seinen Weg, und er fiel platt auf die Planken. Er wunderte sich, schnaubte zornig, sprang auf und stürzte erneut vorwärts. Dieses Mal blieb ich stehen, streckte nur beide Fäuste vor. Er rannte mit seinem Kinn dagegen, stoppte, als sei der Blitz vor seinen Füßen eingeschlagen. Dann drehte er sich um die eigene Achse und legte sich schlafen.
    Immer, wenn wir den zweiten Gegner schlafen schickten, hatte der erste seinen Knockout verdaut und fiel uns mit frischen Kräften an. Auf diese Weise waren wir beschäftigt, ohne dass ein Ende abgesehen werden konnte. Außerdem gingen die Kämpfe nicht immer gut für uns aus. Der Engländer mit dem klassischen Boxstil ging gerade in einer Wolke von vier Matrosen unter. Ich sah für einen Augenblick sein Gesicht. Es war so unbewegt, als tränke er in seinem Klub eine Tasse Tee.
    Ich machte mich daran, die Matrosen von dem Engländer herunterzuräumen. Zwei von ihnen boten mir ihren verlängerten Rücken so verlockend dar, dass ich meine Hände in diesem Falle nicht zu bemühen

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