0115 - Der Kampf mit den Höllengeistern
hielte es hier drinnen nicht aus und rannte davon.«
»Wohin?« wollte Nicole wissen.
»Zum Strand. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Einige Leute wollen wenig später ein entsetzliches Gebrüll gehört haben«, erzählte Molly Wicker weiter.
»Ein Gebrüll?« fragte Zamorra.
»Ja. Kein Mensch soll auf diese Weise brüllen können. Als ich das hörte, dachte ich sofort an dich, Zamorra. Ich habe den Eindruck, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Ted lief nicht zum erstenmal im Zorn weg, aber er kam immer in derselben Nacht noch zurück. Ich werde den Verdacht nicht los, daß sein Verschwinden irgendwie mit diesem unmenschlichen Gebrüll zusammenhängt. Ich gebe zu, das hört sich reichlich an den Haaren herbeigezogen an, aber wer schon mal in so großer Sorge war wie ich, der wird mich verstehen.«
Sie schwiegen eine Weile.
»Außerdem«, fuhr Molly Wicker schließlich fort, »machte ich eine Entdeckung, die mir ziemlich rätselhaft erscheint.«
Zamorra blickte Molly interessiert an.
Die Frau wies auf ein Highboard. »Ted und ich verbrachten sieben Tage in diesem Bungalow, bevor er verschwand. Am zweiten Tag stand auf dem Highboard dort drüben plötzlich eine Drachenfigur. Kunstvoll gearbeitet. Aus Koa-Holz geschnitzt. Etwa so groß wie meine Faust. Die Figur war mir unheimlich. Ich hatte das Gefühl, sie wäre von dämonischem Leben erfüllt. Ich hatte keine Ahnung, wie sie dorthin kam, und auch Ted konnte mir das nicht sagen. Weder er noch ich hatten die Figur dorthin gestellt. Und doch war sie dagewesen. Einmal hatte ich das Gefühl, der Drache würde uns anstarren, als hätte er die Absicht, uns zu hypnotisieren. Es war Abend. Ich wollte die Figur vom Highboard entfernen, doch es war mir nicht möglich. Das Ding ließ mich nicht an sich heran.«
»Wie wehrte es dich ab?« fragte Zamorra neugierig.
»Ich kann es nicht erklären. Möglicherweise verwirrte die Figur meinen Geist. Ich war immerzu abgelenkt. Es war kein Widerstand zu spüren, verstehst du? Und dennoch war es mir unmöglich, den Drachen zu ergreifen und zu entfernen. Ich wurde zu mehreren Ersatzhandlungen verleitet und vergaß schließlich ganz, was ich eigentlich vorgehabt hatte.«
Zamorra blickte Nicole an. »Kein Zweifel. Ein magischer Drache. Wo ist er hingekommen?« fragte er Molly Wicker.
Diese hob überfragt die Schultern. »Seit Teds Verschwinden, steht auch der Drache nicht mehr auf dem Highboard: Ich habe fast den Eindruck, daß er sich nach getaner Arbeit selbst zurückgezogen hat, wenngleich ich das auch nicht plausibel zu erklären vermag.«
»Du hast ganz recht«, sagte Zamorra. »Der Drache scheint mir eine ganz bestimmte Aufgabe gehabt zu haben. Nach Erledigung derselben war seine Anwesenheit in diesem Bungalow nicht mehr nötig, und er verschwand.«
»Aber es war doch nur eine Figur aus Koa-Holz«, sagte Molly.
»Trotzdem kann sich Leben in ihr befunden haben. Magisches Leben.«
Schritte.
Zamorra hob den Kopf.
Es klopfte. Molly öffnete. Ein blonder Mann mit braunem Teint und der schlanken Figur eines Tennisspielers trat ein. Bob Curtis. Zamorra kannte den Blonden.
Curtis war Ted Wickers Stellvertreter. Ein tüchtiger Mann. Ein harter Geschäftsmann, der nicht so leicht zu überfahren war. Er verstand sehr viel von seinem Job und war nur um eine Spur schwächer als Ted.
Sollte Ted Wicker irgendwann mal durch irgendwelche Umstände aus dem Geschäftsleben ausscheiden, dann würde Bob Curtis die Anwaltspraxis übernehmen und allein weiterführen, das war ein offenes Geheimnis.
»Professor Zamorra!« rief Curtis erfreut aus. »Miß Duval.« Er ging auf die beiden zu und schüttelte ihnen herzlich die Hand. Sein Gesicht strahlte für einen kurzen Augenblick, wurde dann aber sofort wieder ernst. »Was sagen Sie zu Teds Verschwinden?«
»Furchtbar«, erwiderte Nicole Duval.
»Wir sind hier in diesem Feriendorf gewissermaßen eine große Familie. Jeder kennt jeden in dieser Clique. Manche Leute kommen jedes Jahr aufs neue hierher, um alte Bekannte wiederzutreffen, um freundschaftliche Beziehungen neu aufzufrischen…« Curtis wandte sich an Molly Wicker. »Sie alle nehmen großen Anteil am Verschwinden von Ted. Sie würden dir gern helfen, aber keiner weiß, wie.«
Zamorra sagte: »Ich muß gestehen, ich bin einigermaßen überrascht, Sie hier anzutreffen, Mr. Curtis.«
»Wieso?«
»Nun ja. Die Praxis in New York steht doch jetzt leer oder?«
Curtis winkte ab. »In der heißen Jahreszeit ist
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