0115 - Heiße Eisen - kalte Duschen
Hälfte Arbeit das Zehnfache zu verdienen?«
»Wer hätte das nicht! Aber wissen Sie, ich bin ein merkwürdiger Mensch. Ich liebe es, die Herkunft meines Verdienstes genau zu kennen.«
»Stellen Sie sich nicht so an. Tun Sie nicht, als seien Sie ein unschuldiger Säugling. Sie wissen ganz genau, was los ist. Ihr Wort, daß Sie den Grouch-Mord begraben, und Sie haben morgen zwei Mille. In vier Wochen bekommen Sie nochmals dasselbe, wenn bis dahin nichts geschehen ist.«
Mir platzte der Kragen.
»Hängen Sie sich auf«, empfahl ich und warf den Hörer auf die Gabel.
»Hättest du nicht wenigstens der Form halber darauf eingehen sollen?« meinte Phil. »Vielleicht wären wir dann dahintergestiegen, wer der Mann im Hintergrund ist.«
»Das glaubst du doch selbst nicht. Wenn die Leute mir zweitausend Dollar geschickt hätten, und ich zweifele nicht daran, daß das Angebot ernst gemeint war, so wäre das unter so vielen Vorsichtsmaßregeln geschehen, daß wir den Absender niemals ermitteln könnten. Ich hielt es für besser, das schmutzige Angebot abzulehnen. Dann werden die Gangster ihrerseits Abwehrmaßnahmen ergreifen, und dabei können wir sie wahrscheinlich erwischen.«
»Wenn sie dich nicht vorher erwischt haben«, antwortete Phil. »Wir sind uns doch wohl klar darüber, welcher Verein sich da um dich bemüht hat.«
»Mir ist noch etwas anderes klar, an das du überhaupt nicht denkst«, sagte ich triumphierend. »Der Mord an Ellen Grouch ist keine Familienangelegenheit. Wenn das Syndikat versucht, die Untersuchung auf ein totes Gleis zu schieben, so ist ein Mitglied dieses Syndikats daran beteiligt.«
»Ich tippe auf Patrick Grouch«, sagte Phil ganz ernsthaft. »Wenn einer der Beteiligten ein Gangster ist, dann nur er.«
Am Nachmittag fuhr Phil zu Dorothy Weaver, um sie zu fragen, warum sie wegen des Kinos am Vorabend gelogen habe. Leider hatte Phil kein Glück. Dorothy war ausgegangen und die Wohnung verschlossen. Nun, diese Angelegenheit hatte auch Zeit bis morgen.
Der anonyme Anruf ging mir nicht aus dem Kopf, und ohne daß ich es wollte, brachte ich ihn mit Yvonne Cascos Beschützer Hardy in Zusammenhang. Wenn der Kerl das war, was man von ihm behauptete, so würde es der Mühe wert sein, sich mit ihm zu befassen. Dieser Anruf hatte überhaupt alles wieder durcheinander gebracht. Wenn der Mord an Ellen und der Tod Frank Weavers ein Familiendrama war, welches Interesse hatte das Syndikat daran, daß die Untersuchung eingestellt wurde? Es war eine geradezu grenzenlose Unverschämtheit, einem G-man ein paar tausend Dollar anzubieten, um ihn zu kaufen. Ich bestellte mir das dicke Aktenbündel mit der Aufschrift: SYNDIKAT. Idi kannte es zwar bereits auswendig, aber ich hatte das Gefühl, darin den Schlüssel zu dem Geheimnis zu finden, das ich enträtseln mußte.
Ich las und las. Alte Bekannte und berüchtigte Namen tauchten auf, Anastasia, Rubinstein, Castello und viele andere. Alle waren tot oder in Zuchthäusern sichergestellt. Die neuen Bosse schien keiner zu kennen. Zwei oder dreimal war die Rede von einem gewissen Carlos Marcello, diesen hatte jedoch noch niemand gesehen. Immer wenn er genannt wurde, ging es um Glücksoder Falschspiel.
Ich tat noch eine ganze Menge an diesem Nachmittag. Ich kümmerte mich nicht mehr um die Familienverhältnisse Grouch-Weaver, die mir plötzlich nebensächlich erschienen. Ich hatte etwas ganz anderes vor. Mit Phil zusammen entwarf ich einen Plan. Wie so oft wurden V-Leute und Spitzei eingesetzt, alle mit der einzigen Aufgabe, festzustellen, welche Clubs und Spielhöllen vom Syndikat kontrolliert wurden und wem sie ihre Abgaben bezahlten.
Phil und ich wollten einen Stadtbummel machen und uns bei dieser Gelegenheit ebenfalls für eine Anzahl Spiellokale interessieren.
Wir fingen an der 5th Avenue an und arbeiteten uns langsam weiter in Richtung auf den East River. Um zehn Uhr watten wir drei Blocks und siebzehn Lokale hinter uns gebracht. Das heißt, wir hatten dabei auch die entsprechende Anzahl harter Sachen geschluckt und waren in bester Stimmung. Je weiter wir nach Osten kamen, umso weniger vornehm wurde die Umgebung. Die Clubs wurden spärlicher und schäbiger, die Spielsalons mit unzähligen Automaten herrschten jetzt vor.
»Sehen wir uns den Laden einmal an«, schlug Phil vor und wies auf ein Lokal, über dessen Eingang in roter Neonschrift die Worte leuchteten: TRY YOUR LUCK — Versuche dein Glück!
Drinnen wimmelte es von Menschen aller Altersklassen.
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