0116 - König der Vampire
heraus?
Grübelnd setzte er einen Fuß vor den anderen. Zunächst mußte er in Erfahrung bringen, wie er hierhergekommen war. Dann konnte er ansetzen und sich Gedanken darüber machen, wie man diesen Vorgang umkehren konnte. Denn er hatte nicht die geringste Lust, hier zu verweilen. Er brauchte zum Leben nicht nur Schwert und Mantel, die er sich aus reinem Jux gekauft hatte, sondern auch Essen und Trinken. Irgendwann war sein Vorrat an Münzen verbraucht, und ob die Bewohner dieser Stadt Geldscheine und Schecks akzeptierten, war fraglich. Er würde arbeiten müssen. Und in einer archaischen Welt wie dieser dürfte das nicht gerade eine angenehme Beschäftigung sein. Da gefiel ihm sein Job als Dozent doch bei weitem besser.
Bill beschloß, sich mit dem Nachdenken zu beeilen.
Und da sah er - Nicole Duval!
***
Carmor der Mächtige hatte das Tor ohne besondere Kontrollen passiert. Auf Zamorras Befragen gab er zu, nicht zu den Wächtern zu gehören, aber in der Stadt über große Privilegien zu verfügen. Jeder kannte und schätzte Carmor, der seinen Beinamen nicht zu Unrecht erhalten hatte. Er liebte es, zuweilen am Tor zu sein und sich mit den Wachen zu unterhalten. Dabei las er so manchen Reisenden auf, der ihm gefiel, und nahm sich seiner persönlich an, wie auch in diesem Fall.
Wie Bill Fleming, so stolperte auch Zamorra über die Tatsache, daß die Stadt keinen Namen besaß. Sie war einfach die Stadt. Auf näheres Befragen gab Carmor zu erkeimen, daß es nur diese eine Stadt in dieser Welt gab und daß die Welt zehntausend Meilen groß sei. Die Stadt läge genau im Zentrum. Ringsum gäbe es ein paar Dörfer und kleinere Burgen, die sich zuweilen vereinigten und Krieg gegen die Stadt führten, wenn sie wieder einmal zu der Ansicht kamen, die Abgaben, die ihnen Camoran auferlegte, seien zu hoch.
»Camoran?« fragte Zamorra. »Das klingt wie Zamorra, wie mein Name!«
Der Mächtige schmunzelte. »In der Tat, und du siehst ihm sogar entfernt ähnlich. Camoran ist der Herrscher über die Welt. Er ist unsterblich und war immer der Herrscher, ist der Herrscher und wird immer der Herrscher sein. Mit seiner Zauberscheibe regiert er die Welt.«
Zamorra runzelte die Stirn. »Eine Zauberscheibe?«
Merlins Worte klangen wieder in ihm auf. Der hatte doch davon gesprochen, daß es das Amulett in dieser Welt ebenfalls gäbe und daß er, Zamorra, es in seinen Besitz bringen müsse.
»Richtig«, entgegnete Carmor der Mächtige und stoppte den fliegenden Teppich mit einer kurzen Handbewegung ab. Der tapfere Vrid sprang ab. »Dies ist die jämmerliche Behausung des Carmor!« erklärte er mit einer weit ausholenden Handbewegung zu einem von der Straße zurückgesetzten kleinen Palast in einem prachtvollen Garten.
»Aber dir gefällt es recht gut, in dieser jämmerlichen Behausung mein Dauergast zu sein«, stellte Carmor trocken fest. »Sucher Zamorra, ich lade dich ein, mein Gast zu sein. Zunächst werden wir dich neu einkleiden, denn so gefällst du mir gar nicht, und dann erzählen wir uns von unseren Welten. Einverstanden?«
Zamorra lächelte und ergriff die ausgestreckte Hand Carmors. »Einverstanden.«
Der tapfere Vrid rollte den gelandeten Teppich mit raschen Bewegungen zusammen und lud ihn sich über die Schulter. Doch an der Pforte des Vorgartens überlegte er es sich anders und ließ ihn in den Staub fallen. »Bin ich des Wahnsinns?« trompeteteer. »Wofürhast du deine Sklaven, Carmor?«
Carmor der Mächtige klatschte ein paarmal in die Hände. Fast im gleichen Moment erschienen zwei kräftige junge Männer, die es ihrem gepflegten Aussehen nach bei Carmor nicht gerade schlecht hatten. Carmor wies auf den Teppich. »Bringt ihn bitte ins Haus«, sagte er. »Und sorgt dafür, daß ein Bad bereitet wird. Zamorra, der Sucher, hat einen weiten Weg hinter sich.«
Verwundert sah der Professor zu, wie die beiden Männer lächelnd nickten, den Teppich aufnahmen und mit ihm im Haus verschwanden.
»Sklaven?« fragte er.
Carmor der Mächtige grinste. »Deinem Gesicht entnehme ich, daß du wie ich Gegner der Sklaverei bist, nur ist es besonders in der Stadt ratsam, sich den Gebräuchen anzupassen. Ich habe Diener, auch wenn ich sie Sklaven nenne. Andere schinden ihre Sklaven und haben Mühe, sie zu halten. Ich glaube von mir, meine Diener gut zu behandeln und gut zu bezahlen. Einst bot ich ihnen an, sie freizulassen, doch aus eigenem Willen blieben sie in meinen Diensten. Sie wissen, daß sie es nicht besser treffen
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