0118 - Der Dämonenwolf
Sie ahnte nicht, daß sie diesen jungen Mann schon einmal gesehen hatte.
»Vielen Dank.« Er stieg ein und schlug die Tür zu. »Fahren Sie nach Rranlin? Bin ich froh, daß Sie vorbeigekommen sind.«
»Ja, schon gut«, murmelte Marga, die nicht zu einer Unterhaltung aufgelegt war.
Der Junge drehte sich um und entdeckte das Gewehr auf den Rücksitzen. »Sind Sie Jägerin? Waren Sie schon auf Jagd oder gehen Sie erst?«
»Ich gehe erst!« zischte Marga. »Ich knalle ihn ab, diesen räudigen Wolf!«
»Den Wolf wollen Sie jagen?« rief der Junge, der kein anderer als Pete MacCranter war. Sein Erstaunen klang nicht echt, doch Marga merkte es nicht. »Sie haben Glück! Ich habe die Bestie vor zehn Minuten gesehen. Ist dort hinüber gelaufen. Da gibt es eine Ruine. Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg!«
Die Aussicht, den blutrünstigen Wolf so schnell zu finden, verblendete Marga noch mehr. Sie gehorchte den Anweisungen des Jungen, und sie zitterte vor Aufregung, als sie ihren Sportwagen vor der überwucherten Ruine stoppte.
Sie stiegen aus. Marga nahm das Gewehr, prüfte und entsicherte es.
Enttäuscht sah sie sich um.
»Hier ist er nicht«, sagte sie gedämpft. »Sie haben mich doch nicht belogen?«
Plötzlich wurde sie mißtrauisch. Sie schwang herum und richtete den Gewehrlauf auf den Jungen. Wenn er nun ganz andere Absichten mit ihr hatte, sie nur von der Hauptstraße weggelockt hatte?
Er war hinter sie getreten. Jetzt stand er direkt vor der Gewehrmündung.
Auf seinem blassen Gesicht lag ein häßliches Grinsen. Marga sah es im Schein der Standbeleuchtung.
Der Junge deutete auf ein dunkles Loch in der Erde. »Steig hinunter!« befahl er mit harter Stimme. »Die Hölle wartet schon auf dich! Steig hinunter, oder ich töte dich!«
In seinen Augen glitzerte die Morddrohung. Entsetzt erkannte Marga die Falle, in die sie gegangen war.
Der Junge hob die Hand und wollte nach ihr schlagen.
In diesem Moment zog Marga durch. Der Schuß brüllte auf.
***
Wir lieferten die vier Überlebenden der Familie MacCranter im Hotel ab. Der Wirt wies ihnen Zimmer neben den unseren zu. Wenigstens hier bewährte sich die Hilfsbereitschaft. Alle kümmerten sich um die Leute, die ihre gesamte Habe verloren hatten.
Während niemand auf uns achtete, erzählte mir Suko sein Erlebnis mit Tom Meredith. Erst jetzt erfuhr ich von dem Tod des Anführers der Flying Scotsmen.
»Wir müssen Fenris ausschalten!« sagte ich bitter. »Aber wie? Er ist uns vorläufig noch überlegen! Es muß eine Methode geben, ihn zu überwältigen. Das Böse ist nicht allmächtig.«
Ich verständigte den Konstabler James Clowders. Er besaß die nötigen Vorkenntnisse und akzeptierte unsere Schilderungen. Clowders Aufgabe war es, im Hotel zu wachen, während wir Fenris jagten. Ich erzählte ihm auch, welches Ende Tom Meredith genommen hatte. Er sagte nichts dazu, aber an seinem verkrampften Gesicht merkte ich, daß er mir glaubte.
»Es gibt nur zwei Orte, wo wir Fenris suchen können«, sagte ich zu Suko, als wir das Hotel verließen. »Das sind die Ruine und MacCranters Haus. Oder was eben davon übrig geblieben ist.«
»An diesen Orten wird auch Mrs. Hemmings suchen«, erwiderte Suko.
»Das heißt, von der Ruine weiß sie nichts.«
»Dann finden wir sie hoffentlich bei MacCranters Haus, bevor es zu spät ist.« Ich öffnete für Suko die Seitentür des Bentley.
Schweigend verließen wir Rranlin. Die Stadt erstickte im Grauen, ohne daß die Einwohner ahnten, was um sie herum vorging. Und wir jagten einem Phantom nach, das auftauchte, verschwand und wieder zuschlug, wenn man es nicht erwartete. Unsere Lage war kritisch.
Vergeblich sah ich mich nach Fenris und dem roten Sportwagen um.
Die Feuersäule über dem brennenden Haus inmitten der Hügel war erloschen. Nichts deutete mehr darauf hin, was sich vor kurzer Zeit ereignet hatte.
»Halt an, John!« rief Suko, als wir an der Abzweigung zu der Ruine vorbeirollten.
Er stieß die Tür auf und kletterte auf den Sitz, um besser sehen zu können. Aufgeregt stieg er wieder ein.
»Fahr zu der Ruine!« rief er. »Schnell! Dort parkt ein Wagen. Der Form nach könnte es Margas Wagen sein.«
Ich setzte ein Stück zurück, riß das Steuer herum und trieb den Bentley auf den holprigen Pfad mitten durch die Wiesen. Als ich zum ersten Mal freie Sicht auf die Ruine bekam, erkannte ich Einzelheiten.
Vor der Ruine standen zwei Personen. Das Licht des Wagens reichte nicht aus, um sie zu erkennen.
»Sie ist
Weitere Kostenlose Bücher