0118 - Der Teufel kam aus Frisco
Großfürsten. Sie hatte sich ein ausgezeichnetes Abendessen samt Koch von der besten Stadtküche schicken lassen. Woher die beiden Mädchen, die servierten, stammten konnte ich nur ahnen; jedenfalls waren sie nicht aus der Gastronomie.
Lillys Aufmerksamkeit und Liebenswürdigkeit war einfach überwältigend. Was mich jedoch weniger erfreute, war ihre gelegentliche Neigung zu Zärtlichkeitsbeweisen und die Leidenschaft, mit der sie alte Erinnerungen ausgrub, von denen ich keine Ahnung hatte.
»Was war ich doch damals, als wir uns kennenlernten, so jung«, seufzte sie, und ich konnte nicht anders, als ihr beipflichten.
»Ja, das ist lange her«, stöhnte ich.
»Weißt du noch, ich war gerade zwanzig geworden«, sagte sie.
»Ich bin auch älter geworden«, behauptete ich mit resignierter Miene, was bei ihr einen lebhaften Protest auslöste.
Solange es dabei blieb, ging es ja noch an, aber dann wurde es gefährlich.
»Was macht Nelly?« wollte sie wissen. »Du erinnerst dich doch noch an sie und an Joice?«
»Gewiß, aber ich habe längere Zeit nichts mehr von beiden gehört«, redete ich mich heraus.
»Tja, und die anderen…« sie stützte nachdenklich ihr Kinn in die Hand, »die anderen hat wohl der Teufel geholt. Ich glaube, ich bin die einzige, die über die Runden gekommen ist.«
»Das bist du, und zwar recht gut«, sagte ich.
»Wie ist das nun eigentlich mit den Mädchen?« fragte sie plötzlich. »Ich habe alles klar. Wir können jederzeit anfangen.«
Ich spielte den Nachdenklichen und behauptete, das gehe alles nicht so schnell, wie man es wohl wünsche.
»Es wäre aber gut, wenn wir so bald wie möglich loslegen«, sagte sie eifrig. »Du weißt, dieser Zweig des Syndikats ist im Augenblick tot. Die vom FBI haben uns die Arbeit abgenommen. Sie haben gründlich aufgeräumt. Wir müssen anfangen, bevor andere auf die gleiche Idee kommen. Du mußt immer berücksichtigen, daß es hier eine Menge Leute gibt, die Geld und Unternehmungsgeist haben. Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst.«
»Mach dir darüber keine Sorgen. Wir lassen uns dieses Geschäft genauso wenig aus der Hand nehmen wie ein anderes. Ich werde mit den Burschen schon zurechtkommen. Wer nicht mitspielen will, der soll es lassen, dann hat er eben gar nichts.«
»Hast du eigentlich schon mit Dickson gesprochen?« fragte sie dann.
»Und ob. Wir haben uns schon gestritten, und der Junge war so dumm und wollte mir seinen Leibwächter auf den Hals hetzen. Der Bursche ist tot und Dickson selbst unauffindbar. Kennst du übrigens auch Cagliostro?« klopfte ich auf den Busch.
»Klar kenne ich ihn. Vor dem mußt du dich in acht nehmen. Er ist tausendmal geschickter und darum gefährlicher als Dickson.«
»Den Eindruck habe ich auch schon gehabt, aber ich dachte, er meine es ehrlich.«
»Das kannst du bei dem niemals wissen. Er ist eine Giftschlange.«
»Und ich habe gedacht, er sei ein Frauentyp«, meinte ich.
»Das ist er auch, aber für mich gibt es nur einen Mann auf der ganzen Welt.«
Jetzt kriegte ich es langsam mit der Angst zu tun. Ich brachte die Sprache schnell wieder auf »Geschäfte«.
»Was hältst du von Jackie Creole?« tippte ich an.
Sie machte ein sehr bedenkliches Gesicht.
»Jackie ist ganz große Klasse und entsprechend gerissen. Er hat keine bestimmte Spezialität, aber er gibt sich nur mit Dingen ab, die sich lohnen. Er ist einer von denen, die sich nicht unterordnen wollen. Am liebsten hätte er selbst sämtliche Gangs in New York geschluckt, aber dazu langt es nicht. Sein Vorteil ist, daß er eine ganze Anzahl einflußreicher Leute in der Tasche hat. Er weiß zuviel von ihnen.«
»Das ist immer eine gute Politik«, bestätigte ich. »Beziehungen ist alles. Wenn ich die nicht hätte, säße ich für einige Zeit hinter Gittern.«
Und dann fing ich an, grausig zu renommieren und anzugeben, wie ich die Herrschaften von der City Police um den Finger gewickelt hätte.
Es wurde spät, und je weiter die Zeiger der Uhr rückten, um so mulmiger wurde mir zu Mut. Lilly schien nicht daran denken zu wollen, die Sitzung aufzuheben. Ich mußte ganz schwere Geschütze auffahren, und es gelang mir tatsächlich, einen Schwächeanfall zu mimen, der so echt war, daß sie darauf bestand, ich müsse mich eine halbe Stunde hinlegen. Ich tat ihr sogar diesen Gefallen, und dann verdrückte ich mich fluchtartig. Dieses Mal war ich noch gut weggekommen.
Sid und Alf warteten auf mich. Sie rochen zehn Meilen gegen den Wind nach Gin, und so
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