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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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griffen. Betrunken waren sie immer noch, aber hart gedrillt waren sie auch worden. Rebellen hielten sich im Land auf, machten es unsicher, verminten die Wege. Man hatte ihnen eingetrichtert, auf alles zu schießen, was sich bewegte, weil sie einer Sondereinheit angehörten.
    Auf unvorhergesehene Festnahmen hatte man sie während ihrer Ausbildung nicht vorbereitet.
    Die jungen Männer reagierten ihren Lernmustern entsprechend. Sie brachten ihre MPi’s in Anschlag und zogen die Stecher durch.
    Ohrenbetäubend laut spuckten die Rohre Feuer und Blei. Sie zielten auf das, was sich bewegte.
    Es bewegte sich schon nach zwei Sekunden nichts mehr. Ein gellender Todesschrei riß abrupt ab.
    Die Polizisten waren immer noch benommen. Sie hatten rein instinktiv gehandelt. Doch das lärmende Rattern ihrer Mordmaschinen schien sie nüchterner gemacht zu haben. Sie senkten die Läufe und schauten Justin Malder an, der im Pyjama zwischen ihnen stand.
    Justin Malder fluchte flämisch alle ihm bekannten Heiligen auf die beiden unerfahrenen Polizisten herunter. Zu ändern war nichts mehr. Seit er Harri van Straaten sterben gesehen und gehört hatte, wußte er, wie Todesschreie klangen.
    »Ihnen ist auch nichts passiert?« fragte der Junge, der sich als Murrai vorgestellt hatte und der sich jetzt mit seiner freien Hand am Schädel kratzte.
    Malder gab keine Antwort. Er wühlte an der Zeltbahn herum, zog und zerrte daran. Das verfluchte Ding wollte nicht so wie er.
    Die Polizisten legten ihre Maschinenpistolen weg und halfen ihm.
    Da lag Hassan al Jareff. Er war tot, aber der Dolch, mit dem er Justin Malder hatte umbringen wollen, lag fest umkrampft in seiner Hand.
    Die andere war noch fester geschlossen. Justin Malder bog ihr die Finger auf.
    In der Handfläche fand er die winzige goldene Miniatur der Truhe in der Gruft.
    Dann stand Malder sehr schnell auf und rannte ein paar Schritte zur Seite, wo er sich übergab. Die beiden Polizeibeamten schauten sich verständnislos an.
    ***
    Zamorra sprang auf und fuhr herum. Das Geklimper der Glasharfe wurde lauter und lauter und blieb dennoch ein zärtliches Geräusch. Die Klänge modulierten, wurden tiefer und höher.
    Und dann war dieser Druck wieder in seinem Gehirn. Derselbe Druck, den er in der Moran verspürt hatte, als das Flugzeug von seinem Kurs abwich und er das Steuer übernahm. Ein Gefühl von Wärme und Verständnis durchflutete ihn. Ließ er sich täuschen?
    Er vielleicht, ja.
    Aber sein silbernes Amulett nicht.
    Es ruhte temperiert auf seiner Brust. Sein Hemd war zerrissen, die Knöpfe abgesprungen, und deshalb lag das Amulett frei.
    Das Silber schimmerte ein wenig. Es erwärmte sich sogar, doch es war eine angenehme, anheimelnde Wärme.
    Da vertraute Zamorra, wie er schon gestern vertraut hatte. Er kannte noch nicht alle Eigenschaften dieses Zauberamuletts, aber seit er es hatte und anwandte, hatte es ihn noch nie enttäuscht. Sie beide gehörten zusammen wie Himmel und Hölle, wie Plus und Minus, wie Kathode und Anode. Das eine war ohne das andere nicht denkbar.
    Auf das Amulett war Verlaß.
    Begleitet vom Zirpen der Sphärenklänge hatte die Ruine zu »wachsen« begonnen, und dieser Umstand hatte Nicole wohl auch wieder in die Bewußtlosigkeit zurückbefördert. Mit einem Male hing eine Lichtkuppel wie aus Nordlichtern gewebt über dem ganzen Berg. Die Lücken zwischen den eingebrochenen Wänden füllten sich auf. Geisterhände ließen die Burg, die immer mehr trotz ihrer archaischen Robustheit filigranhafter und kunstvoller errichtet wirkte, aufs neue erstehen. Sie wuchs wie ein organisches Wesen. Wie eine Blume beispielsweise, deren Entwicklung Trickspezialisten vom Samenkorn an bis hoch zur vollen Blütenreife im Zeitraffer gefilmt hatten.
    All das geschah lautlos, von den Tönen der Glasharfe abgesehen.
    Eine weiche, zärtliche Stimme.
    »Zamorra…«
    Die Stimme klang im Rücken des Dämonenjägers. Von dorther, wo Nicole lag.
    Professor Zamorra starrte auf seine Geliebte. Sie hatte die Augen offen. Und doch war Nicole nicht mehr Nicole. Sie war eine andere.
    Die junge Frau bewegte sich meist wie ein vom Zaum gelassener Wirbelwind. Ihre Gestik war ein Ausdruck ihres Charakters. Aber jetzt erhob sie sich mit einer kaum beschreibbaren, in sich verankerten Gravität. Die Gestalt hatte noch Nicoles Gesicht, aber sie war nicht mehr Nicole.
    Da war eine andere, die in Nicoles Körper geschlüpft war.
    »Ich bin Ayscha«, sagte Nicoles roter Mund.
    »Und wo ist Nicole?«
    Zamorra

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