0119 - Marihuana ist kein blauer Dunst
an mir ausprobiert, wenn die anderen Verhafteten, die er für meine Kumpane hielt, mein immerhin lädiertes Gesicht zu sehen bekamen.
Armer Kelling! Er konnte nicht ahnen, dass ich genau das gewollt hatte: Mit einem lädierten Gesicht von der Polizei zurückkommen.
***
Jetzt dauerte es nicht mehr lange, bis die Cops es endgültig leid waren, in einer Rauschgiftsache herumzustochern, bei der sie kein Gramm Rauschgift gefunden hatten. Innerhalb der nächsten zwei Tage wurden wir samt und sonders entlassen. Dem einen oder anderen, Tockbeen zum Beispiel, wurde ein kleines Verfahren angehängt, in diesem Fall wegen Zollvergehens. Mich wollten sie anscheinend zuletzt gehen lassen, wahrscheinlich, damit mein Gesicht vorher ein wenig verheilte, aber ich brauchte mein Gesicht, und deshalb sorgte Phil dafür, dass ich zwar als letzter, aber doch am gleichen Tage entlassen wurde wie die anderen.
Ungefähr abends um neun Uhr stand ich vor dem Eingang zur Seven Stars Bar. Es brannte Licht hinter der Tür, aber Freddy stand nicht davor. Ich ging hinein.
Sie wussten, dass jeder, der zur Bar gehörte, genau so festgenommen worden war wie ich, und die Mädchen, die Kellner und die Musiker waren erst heute entlassen worden. Ich fand sie alle an dem großen Ecktisch. Mitten unter ihnen saß Steve Conally, der liebe Steve, der sich rechtzeitig genug aus dem Staube gemacht hatte und der nun wieder aufgetaucht war wie eine Ratte, sobald sie gemerkt hat, dass das Schiff doch nicht untergeht.
Die Mädchen waren nicht im Abendkleid, die Musiker nicht im Smoking, Freddy, der Portier, nicht in Uniform.
»Hallo«, sagte ich.
Ich sage Ihnen, sie starrten mich an wie einen Geist.
»Was ist los?«, fragte ich. »Wollt ihr heute nicht arbeiten?«
Conally fasste sich zuerst.
»Fein, dass du wieder da bist, Stanley«, flötete er.
»Ich freue mich, dich zu sehen, Steve. Keine Angst mehr?«
»Ich kam zurück, als ich merkte, dass du dich rauslavieren würdest, Stan.«
»Und ich mache mich jetzt auf die Socken, Steve, um herauszufinden, wer mich hineinlaviert hat.«
»Was meinst du?«, fragte er unsicher zurück.
»Rege dich nicht auf! Es berührt dich nicht.«
»Chef, hat man Sie bei der Polente so zugerichtet?«, wisperte Suzy und schob sich näher an mich heran. »Armer Chef!«
»Ich kann mich überhaupt nicht besinnen, ihn je mit seinem normalen Gesicht gesehen zu haben«, sagte Cat Sander, die mich immer noch nicht leiden mochte. »Erinnert euch! Er kam herein und fing eine Schlägerei an. Er hat ’ne Schwäche für Schlägereien.«
Ich lachte. »Jedenfalls eine größere Vorliebe als für schlechte Sängerinnen, Cat. Aber das hier«, ich deutete in mein Gesicht, »das stammt nicht aus einem mehr oder weniger fairen Boxkampf.« Ich senkte die Stimme zum Flüsterton.
»Sie probierten an mir den dritten Grad aus.«'
Ich glaube, Suzy, Joan und Ann standen die Haare zu Berge. Gleichzeitig begannen ihre Augen zu glitzern.
»Wie schrecklich«, flüsterte Ann. »Was haben Sie mit Ihnen gemacht, Chef?« Sie tat, als wäre sie entsetzt, aber ich wette, in Wirklichkeit wünschte sie, sie hätte zusehen können.
»Reden wir nicht davon«, erklärte ich mit großartiger Handbewegung. Ich klatschte in die Hände.
»An die Arbeit, Ladies and Gentlemen! Ich habe ohnedies acht Tage lang keinen Cent verdient, und ich fürchte, der Staat wird mir keinen Ersatz leisten.«
Während die Mädchen, die Musiker, die Kellner gingen, um sich umzuziehen, nahm ich Steve zur Seite.
»Ich brauche ’ne Kanone, Conally. Die Cops haben mein Schießeisen behalten, und ich glaube nicht, dass sie es mir bald zürückgeben werden. Kannst du mir ein Ding beschaffen?«
»Wozu brauchst du sie?«
»Denk mal nach, Steve! Erinnerst du dich an den Abend, als ich dir sagte, ich hätte das Gefühl, die Cops wären mir auf den Fersen? Zuerst sah es ja so aus, als hätte ich den richtigen Riecher gehabt, aber im Laufe der acht Tage, die sie mich durch die Mangel gedreht haben, sah ich ein, dass dieser Karren nicht von selbst den Berg hinaufgelaufen war, sondern dass jemand ihn geschoben hatte, und ich saß in dem Karren und sollte verschoben werden. Hinaufspediert haben sie mich bis auf die Kuppe des Berges, und dann haben sie losgelassen. Ich sollte auf der anderen Seite heruntersausen und mir das Genick brechen. Genauso haben sie sich es vorgestellt.«
»Wovon sprichst du?«, fragte er ratlos.
»Von Albert und von allen, die ihm bei dem schiefen Ding geholfen
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