0120 - Jerry Cottons letzter Fall?
gefaßt.
***
Nach der Mittagspause erschienen sechs Kollegen aus dem Bereitschaftsdienst. Ich hatte vorher schon durch einen unserer Streifenwagen die Liste aller Geschäfte abholen lassen, in denen Airmasteruhren geführt wurden.
Es waren genau neunundsechzig Geschäfte. Wir teilten die Geschäfte so ein, daß jeder G-man diejenigen bekam, die einigermaßen im gleichen Viertel lagen. Dann beschrieb ich ihnen ihre Aufgabe.
»Hier sind die Fotos von der Vorder- und der Rückseite einer Herren-Armbanduhr, Fabrikat Airmaster. Diese Uhr hat auf der Rückseite eine Gravierung, aus der hervorgeht, daß sie von einer gewissen Marry einem gewissen Bill zum 28. Geburtstag geschenkt wurde. Unsere Fragen lauten: 1. Wer ist Marry? 2. Wer ist Bill? 3. Welches Datum war der Jubiläumstag? Natürlich können wir nicht hoffen, alle drei Fragen beantwortet zu bekommen. Die größte Aussicht dürfte Frage Nummer eins haben. Die Dame, die die Uhr kaufte, wird auch die Gravierung bestellt haben. Dabei wird man gefragt haben, auf welchen Namen die Uhr aufgeschrieben werden soll. Dabei müßte die Frau ihren Namen genannt haben. Alles klar?«
Die Kollegen nickten.
»Dann los«, sagte ich. »Ich bin hier im Office telefonisch zu erreichen. Sobald das Geschäft gefunden ist, wo die Uhr gekauft wurde, erbitte ich Anruf über Sprechfunk. Ich komme dann sofort mit der richtigen Uhr, damit wir ganz sicher gehen können.«
Die Kollegen verabschiedeten sich. Phil und ich setzten uns zusammen und arbeiteten den Text für Johos Steckbrief aus. Außerdem setzten wir drei verschiedene Begleittexte auf, die für die Schneider, Zigarettenhändler und Lokale bestimmt waren. Wir ließen es von Mister High genehmigen und gaben es unserem alten Kontaktmann Neville. Der brachte es in die FBI-Druckerei, wo man sofort an die Arbeit ging.
Anschließend studierten wir schnell die Akten der Verhöre der Gangster von der Joho-Bande. Es war eine hübsche Menge von Einbrüchen und Diebstählen ans Licht gekommen, die nun einzeln nachgeprüft werden mußten. Aber damit konnten sich die Kollegen beschäftigen, die die Verhöre durchgeführt hatten. Unsere Aufgabe war, Herkunft und Hersteller des Falschgeldes zu finden.
Mitten in die Arbeit hinein platzte der Kollege, der unsere Pressestelle leitete.
»Gebt mir um Himmels willen ein paar Sachen, die ich den Zeitungsleuten in den gierigen Rachen werfen kann. Mein Telefon glüht, so oft werde ich angerufen wegen der Schießerei in der 22. Straße und wegen dieser mysteriösen Leichengeschichte am East River.«
Phil sah mich an.
»Hältst du es für richtig, die Leichensache schon freizugeben?« fragte er.
Ich schüttelte den Kopf:
»Tut mir leid, aber über die Leiche werden noch keinerlei Angaben gemacht. Wir stehen in einer Fahndung, die in ganz bestimmte Richtungen verläuft. Wenn wir jetzt schon Anhaltspunkte veröffentlichen, kann alles schiefgehen. Über die Schießerei in der 22. Straße wollen wir gern Auskunft geben. Am besten ist es, Kollege, Sie stellen die Fragen, die Sie in diesem Zusammenhang von den Presseleuten am häufigsten gehört haben.«
»Okay. Wieviel Mann sind insgesamt verhaftet worden?«
Ich nannte ihm die Zahl der Verhafteten, der Verwundeten und der Toten. Auch den Tod unseres gefallenen Kameraden erwähnte ich.
Fast eine halbe Stunde lang wurden wir mit typischen Reporterfragen gequält, dann erhob sich der Kollege grinsend:
»Meine Herren, die Zeitungen New Yorks danken Ihnen für Ihre großzügige Beantwortung ihrer Fragen. Bye-bye!«
Im Stile eines Reporters verabschiedete er sich. Phil warf lachend die Tür hinter ihm zu.
Ich blickte auf die Uhr. Es war kurz nach halb vier. Die ersten zwanzig Uhrengeschäfte und Juweliere hatten unsere sechs Kollegen jetzt wahrscheinlich schon erfolglos abgefragt.
In mir stieg langsam ein Gefühl der Spannung empor. Es war meine stärkste Hoffnung, den Toten identifizieren zu können, daß die Sache mit der Uhr klappte. Phil merkte mir an, daß ich langsam nervös wurde. Er warf mir eine Zigarette herüber. Ich konnte mich ohnehin auf nichts mehr konzentrieren, steckte mir die Zigarette an und stellte mich damit ans Fenster.
Totenstille breitete sich in unserem Office aus. Irgendwo in diesem Betonmeer New York versuchten jetzt sechs G-men, den ersten Anhaltspunkt dafür in Erfahrung zu bringen, daß wir einem Toten seinem Namen zurückgeben konnten. Einem Mann, der selbst vielleicht ein Verbrecher war, den man aber ermordet hatte.
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