0122 - Der Knochenthron
Saloon und sogar bis auf die Main Street schauen.
Auch die anderen konnten uns sehen. Sie allerdings waren beschäftigt und kümmerten sich nicht darum, was in ihrem Rücken geschah.
Wir betraten den Saloon.
Geduckt schlichen wir hinein und suchten sofort hinter dem staubbedeckten Tresen Deckung.
Er war noch ziemlich gut erhalten. Sogar die Spuren einiger Schießereien entdeckten wir. Löcher, die von schweren Kugeln in das Holz hineingerissen worden waren.
Wir bewegten uns dorthin, wo früher einmal das Spülbecken gewesen war. Das existierte jetzt nicht mehr. Man hatte die Wanne herausgehoben, aber die Öffnung war noch vorhanden. Sie lag etwas tiefer als der übrige Tresen, wir konnten bequem darüber hinwegschauen.
Die fünf Zombies hatten mit der Figur des Spuks die Main Street inzwischen erreicht. Sie waren stehengeblieben, und die Kapuzentypen hatten einen Kreis gebildet.
Auch der blondhaarige Mann gehörte dazu. Man ließ ihn aber nicht aus den Augen.
Ich merkte Bill Conolly an, daß er ein wenig nervös war. Wahrscheinlich wollte er schon eingreifen, doch ich schüttelte den Kopf und legte gleichzeitig einen Finger auf die Lippen.
Bill verstand. Wir beobachteten weiter. Ich wollte endlich herausfinden, was hier gespielt wurde.
Lange brauchten wir nicht zu warten.
Die Kapuzen fielen. Einer nach dem anderen zog sich den Stoff über den Kopf.
Wir erlebten die erste Überraschung.
Von den fünf Maskierten waren zwei Frauen.
Ein echter Hammer!
»Verstehst du das?« flüsterte Bill.
»Noch nicht. Aber schau dir mal die weiblichen Zombies an«, gab ich raunend zurück.
»Ja, du hast recht«, sagte der Reporter nach einer Weile. »Die… die haben sogar Ähnlichkeit mit den Maskierten.«
»Genau.«
»Das ist ein Ding.«
Danach schwieg mein Freund, und ich sagte ebenfalls nichts mehr, denn die Ereignisse auf der Main Street nahmen uns regelrecht gefangen. Wir waren Zeugen, wie das Rätsel der Geisterstadt gelöst wurde…
***
Zuerst geschah nichts.
Die Zombies und die Menschen starrten sich nur an. Jeder versuchte, im Gesicht des anderen zu forschen, darin zu lesen, etwas zu erwarten.
Dann trat eine blonde Frau vor. Sie ging auf ihr untotes Ebenbild zu und lächelte dabei.
Einen Schritt davor blieb sie stehen.
»Linda?«
Die Untote nickte.
»Bist du wirklich Linda La Roche.«
»Ja, ich bin es.«
»Wie bist du gestorben?«
Die Untote schüttelte den Kopf. Sie wollte wohl nicht gern an dieses Thema erinnert werden.
»Sag es mir!«
Der weibliche Zombie nickte. »Ja, du sollst Auskunft erhalten. Es war eine gute Zeit damals. Wir fanden Gold, alles Gold, was wir haben wollten. Wir wurden reich, sehr reich sogar. Wir gruben Stollen in die Felsen und wuschen das Gold aus dem Fluß. Doch dann merkten wir, daß es etwas Besonderes damit auf sich hatte. Diese Gegend gehörte nicht uns, sie gehörte dem Spuk. Es begann mit der Warnung des Indianers. Er tauchte plötzlich auf und wies uns an, den Ort zu verlassen, denn hier geisterten die Seelen der Verfluchten herum. Wir lachten ihn aus und schickten ihn weg. Doch er kam wieder. Da packten wir ihn und hängten ihn auf. Eine Schmach für jede Rothaut. Seine Leiche haben wir danach verbrannt. Dann suchten wir weiter, fanden Gold und wurden immer reicher. Doch der Tod des Indianers geisterte über uns wie ein drohender Schatten. Die ersten wurden plötzlich krank. Sie waren wie wahnsinnig. Liefen in der Stadt herum, schossen sich gegenseitig nieder oder zündeten die Häuser des Nachbarn an. Das war die Zeit, in der sich die ersten von uns sich zur Flucht entschlossen. Sie packten ihre Habe, ließen das Gold liegen und flohen.«
»Wie viele blieben zurück?« fragte die Frau.
»Fünf.«
»Ihr fünf?«
»Jawohl. Wir ließen uns nicht verscheuchen, sondern hielten zusammen, egal, was kam. Wir bildeten eine Gemeinschaft, und wir wählten einen Anführer. Es war Norman Ray. Er war von nun an der Boß unserer Gruppe.«
»Blieb die Krankheit?«
»Natürlich blieb sie. Aber sie wurde nicht mehr stärker. Sie teilte sich sogar. Tagsüber merkten wir nichts, doch nachts kamen die Träume. Dann raubte man uns den Schlaf, dann irrten wir durch die Stadt, gingen zum Fluß, und dort erschien uns der Spuk eines Tages. Er machte uns klar, daß er uns ausgesucht hatte. Uns fünf nur. Er fragte uns, ob wir bereit wären, ihm zu dienen. Was blieb uns anderes übrig, wenn wir nicht alles verlieren wollten. Wir stimmten zu. Er überließ uns das Gold und heilte
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