0124 - Die Mörder-Blumen
geschlossen«, wurde mir erwidert.
»Mit wem?«
»Es ist ein gewaltiger Dämon. Viel stärker, als ihr euch vorstellen könnt. Er heißt Mandragoro und nennt sich Herr der Pflanzen. Dieses Land hier gehört zu seinem Reich.«
Mandragoro! Ich hatte diesen Namen nicht zum erstenmal gehört. Plötzlich entstand vor meinem geistigen Auge das Bild einer Gärtnerei, dann ein Hotel in London, das von Pflanzen überwuchert wurde. Auch damals hatte Mandragoro seine Hand im Spiel gehabt.
Wie sich die Dinge glichen. Irgendwie war alles ein gewaltiger Kreislauf, in den man hineingeriet, und man traf plötzlich auf alte Bekannte.
Mandragoro regierte über die dämonischen Pflanzen, und er war auch der eigentliche Herr der Vampir-Blumen.
Unfaßbar.
»Ist Mandragoro hier?« fragte ich die Untote.
»Ich weiß es nicht. Manchmal kommt er, manchmal auch nicht. Dieser hier ist nur ein kleiner Teil seines Reichs. Der andere ist viel, viel größer. Auch ihr werdet gegen ihn nicht ankommen.«
So hatten schon viele Dämonen geredet, und bis jetzt lebten wir immer noch.
»Wann wolltet ihr euch am See treffen?« fragte ich.
»Irgendwann.«
Nach dieser Antwort wurde mir klar, daß die Frage dumm gewesen war, denn in diesem Reich existierte keine Zeit. Wenigstens keine, wie wir sie kannten.
»Steh auf!« befahl ich ihr.
Sie kam auf die Füße. Auf ihrem hellen Kleid sah ich einen grünen Abdruck, der vom Rasen stammte.
Ich schaute zu Suko.
Der Chinese nickte. Auch er war bereit. Ein Handicap hatten wir allerdings. Wir mußten nicht nur auf uns achtgeben, sondern auch auf die kleine Julie.
Und das inmitten einer menschenfeindlichen Welt…
***
Sofort fiel Jane Collins die klare Luft auf, nachdem sie den Eingang hinter sich gelassen hatte. Hier konnte sie besser atmen als vor der Tür, wo die Schwüle immer mehr zunahm.
Die Detektivin schaute sich um. Ihre Augen wurden vor Erstaunen groß, und tief atmete sie die reine Luft ein.
Es war ein friedliches Bild. Grüne Hügel. Sanft geschwungen reihten sie sich aneinander. Weit darüber lag wie ein Brett der dunkelblaue Himmel mit seinen helleren Streifen. Die Luft erlaubte eine klare Sicht bis hin zum Horizont.
Aber Jane wußte auch, daß dieser erste Eindruck trog. Die Welt war bestimmt nicht so friedlich, wie sie sich hier präsentierte. Überall lauerten Gefahren, irgendwo hielten sie sich verborgen, und Jane wartete nur darauf, angegriffen zu werden.
Das geschah nicht.
Dafür passierte etwas anderes. Auf Grillos Befehl hin stellte Gorman die Blumen auf den Boden. Es war ein riesiger Strauß, wenn auch die Mischung nicht gerade paßte. Da stand die Rose neben der Orchidee, dazwischen der Fliederzweig und die Gerbera. Ein bunter Strauß, aber geschmacklos zusammengestellt, würde der Fachmann sagen.
Die Blumen kippten um, als Gorman sie auf den Boden stellte.
Fächerförmig lagen sie auf dem grünen Rasenboden.
»Geh zurück!« forderte Grillo. Der Affenmensch trat zur Seite.
Grillo stieg über die Blumen hinweg und trat in deren Mitte, wo ein runder Fleck frei war. Während Gorman Jane Collins im Auge behielt, senkte Grillo den Blick und schaute jede einzelne Blume so genau an, als wäre sie von ihm persönlich gezüchtet worden.
»Meine Lieben«, sprach er mit weicher, lockender Stimme. »Wir sind am Tag gekommen und in die Nacht hineingetreten. Die Nacht aber wird euch in einer anderen Gestalt zeigen. Werdet zu den Geschöpfen, die hier gefordert sind.«
Er hatte die Worte kaum ausgesprochen, als es geschah. Die Blumen richteten sich auf.
Sie wurden, wie an unsichtbaren Bändern hängend, in die Höhe gezogen, blieben aufrecht stehen und wuchsen weiter. Ihre Stiele streckten sich zuerst, wurden aber dann dicker und bekamen Formen.
Frauenkörper…
Schenkel entstanden, Taillen, Brüste, Arme und Beine entwickelten sich aus Blütenblättern.
Eine unheimliche Metamorphose, die völlig lautlos vonstatten ging. Aus dem Fliederzweig war plötzlich ein braunhaariges Mädchen geworden, und Jane erinnerte sich an den Namen.
Jessica!
Ja, das war die Jessica, die Jane auf Wunsch des alten Samuel D. Parker suchen sollte.
Und jetzt stand sie vor ihr.
Als Blume.
Die Detektivin wischte sich über die Augen, als könnte sie das Bild nicht fassen.
Aus der Rose wurde das schwarzhaarige Mädchen Clarissa, aus der Orchidee eine rothaarige Janine und aus der Gerbera ein blondes Geschöpf namens Mary.
Noch standen sie starr. Sie waren auch nicht nackt, denn aus den Blumen
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