0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
Labor schlug man vor, die Geschossfotografien nach Washington zur FBI-Zentrale zu senden. Dort befand sich unter vielen anderen Registraturen auch eine, in der nur die Kugeln bisher unaufgeklärter Mordfälle verwahrt werden. Durch Vergleiche konnte man herausfinden, ob aus der gleichen Waffe schon einmal ein Mensch umgebracht worden war.
Ich stimmte zu, denn solche Routinearbeit gehört nun einmal dazu, und man soll sie nicht verachten. Schon mancher Gangster wurde nur aufgrund einer vorzüglichen Registratur gefasst. Phil und ich aßen lustlos irgendwo in einem kleinen Speiserestaurant. Es ging uns wie immer bei solchen Fällen: Wenn man kein Vorankommen sieht, schmeckt einem nicht einmal das beste Essen.
»Dass Johnny freiwillig verschwunden ist, halte ich für ganz und gar ausgeschlossen«, murmelte Phil, als er lustlos den Pudding hinunterwürgte. »Man hat ihn abgeholt.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Allerdings müssen sich die Gangster, die das taten, Zeit dabei gelassen haben.«
Ich sah auf: »Wie kommst du denn darauf?«
Phil zuckte die Achseln.
»Na, sie haben doch den restlichen Whisky getrunken!«
Ich wiegte den Kopf.
»Davon bin ich noch nicht überzeugt. Aber lass uns die Sache einmal logisch durchdenken! Wir können von zwei Voraussetzungen ausgehen, glaube ich: Einmal von der ziemlich sicheren Annahme, dass Johnny keine Ursache hatte, freiwillig zu verschwinden. Zweitens von der Gewissheit, dass er noch immer nicht wieder zu Hause ist.«
»Gut«, nickte Phil. »Wenn man diese beiden Voraussetzungen macht, gibt es noch immer eine Auswahl von Möglichkeiten. Vergewissern wir uns.«
Wir zahlten und fuhren zurück ins Districtgebäude. Ich suchte unseren Spurensicherungsdienst auf und sprach mit dem Leiter der Abteilung. Er rief zwei Kollegen und sagte: »Bob und Steward, ihr geht mal mit Jerry mit! Da sind ein paar Spuren zu sichern!«
»Okay«, nickten die beiden und griffen auch schon nach zwei Aktentaschen, die in einem Regal lagen. Es gab noch mehrere von genau der gleichen Art und Größe. Die Spurensicherungsleute haben darin alles aufbewahrt, was ein Mann vom Spurensicherungsdienst bei seiner Arbeit braucht.
»Was hast du denn nur vor?«, fragte Phil unterwegs.
»Ich will Johnnys Wohnung nach Spuren absuchen lassen. Irgendjemand war in der Wohnung, hat den Whisky getrunken, das steht ja fest. Nun, ich glaube nicht, dass diejenigen, die es waren, die Whiskygläser mit Handschuhen angefasst haben. Also müssen sie doch Fingerabdrücke zurückgelassen haben. Das eben möchte ich feststellen.«
Phil schwieg einen Augenblick verdutzt, dann brummte er anerkennend: »Kluges Kind! Du hättest vielleicht zum FBI gehen sollen, Jerry!«
»Das Kompliment kann ich dir nicht zurückgeben«, stichelte ich. »Das FBI dürfte bald pleite sein, wenn du zu ihm gehören würdest.«
***
Wir erreichten Johnnys Atelier ohne irgendwelche besonderen Ereignisse. An der Schwelle sagte ich zu Bob und Steward: »Da! Mich interessiert jede Spur in diesem Raum, die überhaupt gefunden werden kann.«
Die beiden Spezialisten musterten rasch das Zimmer, soweit sie es im Türausschnitt übersehen konnten, dann steuerten sie auch schon auf den Tisch zu. Ohne lange nachzudenken, machten sie sich über die Gläser und die Flasche her. Alles wurde eingestaubt und genau unter die Lupe genommen.
»Prima Fingerabdrücke!«, sagte Bob, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. »Mindestens drei verschiedene Personen!«
Ich lächelte zufrieden. Das war ein hübsches Ergebnis. Fingerabdrücke sind immer noch Beweismittel eins.
Inzwischen war Steward wie absichtslos durch den Raum gestreift. Er hatte in diesen und jenen Winkel geblickt und sagte plötzlich: »Aus diesem Zimmer sind vor kurzer Zeit, sagen wir mal innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden, verschiedene Gegenstände entfernt worden. Man sieht es deutlich an den staubfreien Schichten, während ringsum der Staub fast meterdick liegt.«
Ich verwünschte meine Unaufmerksamkeit vom gestrigen Abend. So etwas muss auch einem Mann auffallen, der nicht gerade Spezialist im Spurensicherungsdienst ist. Die beiden Kollegen hatten sich Fingerhandschuhe aus dünnem Gummi angezogen, um selbst keine Fingerabdrücke bei ihrer darauf gerichteten Tätigkeit zu hinterlassen. Steward kam auf einmal hinter einem Wandschirm hervor und sagte: »Pinsel die Zigarettenpackung auch mit ab, Bob. Am Zellophan dieser Verpackung bleiben Fingerabdrücke immer sehr hübsch
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