0126 - Merlin, der Magier
Unheimlichen zum Opfer gefallen. Wir…«
Mit einer herrischen Handbewegung gebot ihm Aynaar zu schweigen. »Es bringt uns keinen Gewinn, uns in Selbstvorwürfen zu ergehen. Es geschah, und niemand kann es rückgängig machen, nicht einmal die Götter selbst. Doch solange wir leben, sind wir noch nicht endgültig geschlagen. Chirra, vergiß die Vergangenheit. Die anderen sind tot, doch wir, die Lebenden, haben noch eine Chance.«
Seine Telleraugen erhielten einen harten Glanz. Mit Aynaar ging in diesen Augenblicken eine Wandlung vor. Der Chibb wurde reifer, härter, kompromißloser.
»Die Chance, auf dieser Welt zu verbleiben und zu versuchen, ihre Zivilisation zu erwecken«, erwiderte Chirra düster. Doch Aynaar winkte ab.
»Irgendwo vor der Stadt liegt das Schiff der Meeghs. Sie kamen zu so vielen, daß sie unmöglich eine starke Wachtruppe an Bord belassen haben können. Soviel Platz bergen die größten Transporter nicht in sich. Deshalb werden wir das Dimensionenschiff erobern.«
Chirras Augen weiteten sich etwas. »Wir - wir zwei?« fragte er erstaunt.
Aynaar bestätigte. »Wir besitzen noch das Flammenschwert. Und mit diesem werden wir unter den Meeghs aufräumen, das Schiff, das sie vor Jahrzehnten oder Jahrtausenden unserem Volk abnahmen, zurückerobem. Und dann, Chirra, werden wir zurückkehren in unsere Lebenssphäre…«
Plötzlich leuchteten auch Chirras Augen wieder. Seine Hand umschloß den Griff des Schwertes fester. Er hatte wieder Hoffnung.
»Es wird nicht schwierig sein, das Schiff aufzuspüren, los, gehen wir! Je rascher wir die Sache hinter uns bringen, desto besser…«
In ihrer seltsam gleitenden Art bewegten sich die Chibb davon, verschwanden zwischen den Häusern. Niemand sah sie.
Und niemand fand die silbernen Anzüge der Toten. Sie blieben für menschliche Augen nicht wahrnehmbar. Und irgendwann im Laufe der Jahrzehnte verrotteten sie, lösten sich auf, ohne Spuren zu hinterlassen.
Nichts deutete mehr auf das dramatische Geschehen hin, das sich noch vor wenigen Minuten hier abgespielt hatte.
Der Tod hatte reiche Ernte gehalten…
***
Chraz, der Zeit-Dämon, hielt das Amulett in seinen klauenartigen Händen. Immer wieder betrachtete er es. Seine unmenschlichen Sinne versuchten die Struktur der silbernen Scheibe zu erfassen und auszuwerten.
Chraz und Ashran hatten ihren Auftrag nicht vergessen, das Amulett in früher Vergangenheit zu zerstören, was Chraz aber nicht davon abhielt, nach dem Geheimnis des Gegenstandes zu forschen. Er wollte versuchen, es zu ergründen, die einzelnen Funktionen zu erkennen, bevor es vernichtet wurde. Denn vielleicht konnte man eben dieses Wissen verwenden, die eigene Macht zu vergrößern. Asmodis war schon viel zu lange der Fürst der Finsternis, vielleicht mochte es mit genügend Macht und magischer Kraft gelingen, ihn zu stürzen und sich selbst an die Spitze der Schwarzen Familie zu setzen…
Doch Chraz spürte auch die Gefahr, die für ihn von dem Amulett ausging. Er vermochte es nie länger als eine halbe Minute in den Händen zu halten, ohne sich gefährliche Brandverletzungen zuzuziehen. Auch durchzog ihn jedesmal eine entsetzliche Schwäche, sobald er sich zu stark auf das Medaillon konzentrierte.
Dennoch versuchte er es immer wieder, setzte sich der gefährlichen Strahlung aus. Und dabei hatte er noch Glück, daß das Amulett bis jetzt nicht geprägt worden war, daß es kaum eingesetzt worden war, sich vorläufig nur auf die Meeghs eingestellt hatte. Hätte er eben dieses Amulett tausend Jahre später nur angesehen, Chraz wäre fast daran gestorben, und eine Berührung hätte ausgereicht, ihn zu vernichten.
Doch so stark war die Macht noch nicht. Die Energien waren nicht in vollem Maße entfesselt worden, die Fähigkeiten des Amuletts nur oberflächlich eingesetzt.
Nur deshalb überlebte Chraz die Versuche.
Doch genau in dem Moment, in dem er den ersten flüchtigen Kontakt zum Zentrum der Sonnengewalten erhielt, einen Schatten der Ahnung von den Zusammenhängen sah, geschah das Unerwartete…
***
Für menschliche Augen mochte das Dimensionenschiff unsichtbar sein, die beiden Chibb erkannten jedoch deutlich die Strukturlinien des Unsichtbarkeitsschirmes, der es wie ein Netz umwob. Ein Netz, in dem das Schiff lag wie eine riesige, fette Spinne, die auf ihre Beute lauert. Eine schwarze Spinne, Ausgeburt der Hölle, unabschätzbar in ihrer Gefährlichkeit.
Aynaar und Chirra kannten die Gefahr, die ihrer harrte. Wußten nur zu
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