0127 - Al Capone Nummer Zwei
spricht Larry Fant«, sagte der Anrufer. »Wir kennen uns, G-man.«
Für einen Augenblick wusste ich nicht, wer der Anrufer war. In dieser Sache waren so viele Namen und Gestalten aufgetaucht, dass mir nicht jeder Name und jedes Gesicht sofort gegenwärtig war, aber dann sagte der Mann: »Ich war früher bei Clark Hangers Verein.«
Jetzt wusste ich, wer der Anrufer war.
***
Als ich vor einigen Monaten nach Chicago kam, da beherrschte Capone schon die ganze Stadt mit Ausnahme des Vergnügungsviertels im eigentlichen Schlachthofbezirk. Hier regierte noch der Chef eines Spieler-Gang, Clark Hanger, und er kassierte seine Gelder aus den Spiel- und Lastergeschäften, die sich in den drei Vergnügungsstraßen des Schlachthofviertels abspielten.
Seine Leibgarde bestand, genau wie diejenige Capones, aus drei Leuten: Chap Cherryl, Tom Hough, Larry Fant, aber die gesamte Gang umfasste mehr als ein Dutzend Männer.
Capones Bande überraschte die Hanger-Gang in einem Schlachthof und schoss sie brutal zusammen. Hanger, Cherryl und Fant entkamen. Fant stellte sich der Polizei. Chap Cherryl tauchte erst wieder auf, als Hangers Leiche mit mehreren Kugeln im Rücken im Michigan See gefunden wurde. Am gleichen Tage sah ich Capone zum ersten Mal im Schlachthofviertel.
Chap Cherryl und Larry Fant mussten schließlich mangels ausreichender Beweise gegen eine Kaution freigelassen werden. Es bestand kein Zweifel, dass sie den Verein gewechselt hatten, und es war mehr als wahrscheinlich, dass einer von ihnen, wahrscheinlich Chap Cherryl, seinen ehemaligen Chef erschoss.
»Hallo, Larry«, sagte ich. »Was gibt es?«
»Ich möchte dich sprechen, G-man. Es ist wichtig.«
»Okay, komm her!«
»Nein! Das ist unmöglich. Ich werde umgelegt, wenn sie merken, dass ich mit dir in Verbindung getreten bin.«
»Wo willst du mich treffen?«
»Kennst du das Bahngelände zwischen der Fleischkonservenfabrik von Wamaker und dem Schlachthof der Chicago Meat Company?«
»Ich kenne es nicht, aber ich werde es finden.«
»Zwischen dem vierten und fünften Gleis steht ein Unterstellhaus für den Weichenwärter. Es ist verlassen, seitdem die automatische Stellanlage eingerichtet wurde. Ich erwarte dich dort.«
»Wann?«
»Kannst du in einer Stunde dort sein?«
»Okay. Ich hoffe, es lohnt sich, dass ich dort hinauskomme.«
»Es lohnt bestimmt«, versicherte er. Er legte auf.
Ich hatte Terrigan beim Beginn des Gespräches einen Wink gegeben, mitzuhören.
»Das ist eine Falle, Cotton«, sagte er prompt.
Ich stand auf und ging zu der großen Karte Chicagos an der Wand.
»Ich glaube nicht an eine Falle«, antwortete ich. »Capone würde eine solche Falle für zu plump halten. Ich kann mir denken, was Larry Fant bewogen hat, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Zeigen Sie mir bitte, wo das Gelände ist.«
Zwischen den Komplexen der Schlachthöfe und Fleischwarenfabriken dehnten sich auf Meilen die Bahnanlagen aus, die für die Heranschaffung des Viehs nötig waren.
Terrigan zeigte mir, wie weit ich mit dem Wagen fahren konnte, um dann zu Fuß die Stelle zu erreichen, die Fant bezeichnet hatte.
»Ich werde mich mit einem Taxi hinfahren lassen«, beschloss ich. »Das ist am unauffälligsten.«
»Ich werde mitkommen«, sagte Terrigan.
»Dan, Sie können mit dem Taxi mitfahren«, antwortete ich lächelnd, »aber ich halte es nicht für richtig, wenn Sie mit zum Treffpunkt gehen.«
***
Das Taxi stoppte am Eingang einer Sackgasse, die sich am Bahngelände totlief.
Ich stieg aus, durchschritt die kurze Gasse und stand vor dem Drahtzaun, der das Gelände der Bahn einzäunte.
Ich zwängte mich zwischen zwei Drähten durch und stampfte über die Gleise in Richtung auf den dunklen Komplex der großen Chicago Meat Company.
Das Bahngelände wurde in großen Abständen von Bogenlampen erhellt. Überall glühten Signallichter, aber dazwischen lagen Strecken tiefer Dunkelheit. Irgendwo wurden Waggons rangiert. Ich hörte schrille Pfiffe und das dumpfe Poltern der aneinanderstoßenden Wagen.
Als rechts ebenfalls ein großes Fabrikgebäude auftauchte, wusste ich, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand. Noch hundert oder zweihundert Yards weiter entdeckte ich die Umrisse einer Hütte, die zwischen zwei Gleisen stand, und ich wusste, dass ein Mann davor stand, denn ich sah die Glut seiner Zigarette.
Ich zog die Smith & Wesson. Wenn ich auch nicht an eine Falle glaubte, so gab der vertraute Griff in der Hand doch ein Gefühl der Beruhigung.
Langsam
Weitere Kostenlose Bücher