0128 - Die Hexe aus dem Fluß
eine Patientin, die in Verona eingeliefert werden mußte, weil ich selbst nicht mehr weiterkomme.«
Zamorra nickte. Er schmunzelte leise. Er hatte sich inzwischen daran gewöhnt, von allen möglichen Leuten auf Spukerscheinungen und ähnliche Probleme angesprochen zu werden, wo immer er auch auftauchte. Alles, was halbwegs nach Parapsychologie roch, wurde ihm angetragen. Andererseits gewann er durch solche Gespräche selbst auch immer wieder neue Informationen, die er schon oftmals nutzbringend hatte verwenden können.
Glianti schilderte die bei Tonia Manciano aufgetretenen »Krankheits«-Symptome. »Ich habe«, schloß er, »vorhin noch einmal in Verona angerufen. Ein Dottore Gambiotti meldete sich. Er hat den Fall wohl übernommen, wie er sagte. Er sprach etwas von einer Nebelhexe oder zumindest von Einflüssen des Nebels. Ich bin nicht ganz schlau aus der Sache geworden. Nur soviel: Dieser Arzt glaubt offenbar, daß Signora Manciano verhext worden sei. Nun, und die Legende erzählt von einer Nebelhexe, die in den Lago di Garda verbannt worden sein soll, eine gewisse Yanaa…«
Zamorra lauschte. Er empfand plötzlich persönliches Interesse an der Angelegenheit. Dieser Gambiotti war anscheinend entgegen der aufgeklärten Wissenschaft auf der richtigen Spur. Denn nach allem, was Zamorra wußte und kannte, deutete das Verhalten der Frau auf magischen Einfluß hin. Es konnte sein, daß ihr jemand die Seele geraubt hatte, so fantastisch das auch klang… Doch Zamorra hatte schon viel fantastischere Dinge erlebt.
»Yanaa, die Nebelhexe…«, murmelte er. Nein, von dieser Dame hatte er noch nie gehört. »Sie ist alt, sehr alt«, fuhr Glianti fort. »Man sagt, sie habe das Land beherrscht, als noch die alten Etrusker existierten.«
»Schön«, murmelte Zamorra.
»Und - was halten Sie nun davon, Signore Zamorra?« fragte der Arzt. Der Parapsychologe hob unbehaglich die Schultern.
»Dieser Gambiotti hat wahrscheinlich recht. Die Frau steht unter magischem Einfluß.«
»Und… könnten Sie diesen Einfluß, diesen Zauberbann, eventuell brechen?«
Zamorra lachte leise. Mit dieser Wendung des Gespräches hatte er bereits gerechnet, als Glianti die Nebelhexe erwähnte. Offenbar las der Rollmops häufig die Zeitung und hatte aus verschiedenen Artikeln schon von Zamorras spektakulären Aktionen erfahren.
»Laß dich nicht in einen Fall verwickeln«, raunte Nicole neben ihm warnend. »Du weißt, warum!«
Das Amulett, dachte er. Er nickte leise.
»Ich werde mir morgen die Frau vielleicht einmal ansehen. Wenn ich ihr helfen kann, werde ich es tun. Wenn nicht… Ich bin quasi ungerüstet hier, ohne Hilfsmittel. Es kann sein, daß es nicht funktioniert.«
Glianti atmete erleichtert auf. »Wenigstens etwas, Signore. Ihr Mann ist in einer verzweifelten Stimmung. Es kann sein, daß er in den See springt und sich ertränkt.«
»Und wenn wir im Beisein des Lords unser Thema fortsetzen, schmeißt er uns beide die Treppe runter«, warnte Zamorra, der Schritte hörte. Glianti grinste und nickte. »Da können Sie recht haben…«
Sir Francis Hedgeson erschien.
Knapp musterte er die drei. Nickte ihnen kurz zu und wandte sich dann wieder ab.
»Was ist denn in den gefahren?« murmelte der Dicke erstaunt.
Im gleichen Moment fühlte Zamorra den dritten telepathischen Kontakt.
Und eiskalt schlug er zurück!
***
Der große Mann mit dem dunklen Haar fuhr zusammen. Ein Lichtschauer hüllte ihn kurz ein. Der Meister krümmte sich schmerzgepeinigt zusammen; ein tierischer Schrei entrang sich seiner Kehle.
»Du Ungeheuer!« stöhnte er gequält. Er versuchte, sich aus dem stählernen Griff des anderen Geistes zu lösen. Doch sein Opfer ließ ihn nicht los.
Der Mann, der die Nebelhexe aus ihrem Jahrtausendschlaf erweckt hatte, wußte mit untrüglicher Sicherheit, daß diesmal er es selbst gewesen war, der einen Fehler beging. Er hätte Zamorra nicht ein drittes Mal sondieren dürfen.
Seine Geistfühler hatten nach dem Bewußtsein des Professors gegriffen. Doch irgendwie war dieser vorbereitet gewesen. Viel zu spät begriff der Magier, daß Zamorra schon beim zweiten Versuch etwas bemerkt haben mußte, daß er sich auf einen weiteren Kontakt vorbereitet hatte.
Zu spät!
Der Telepath blockte ab, ließ sein Gehirn leer arbeiten. Zamorra durfte nichts von ihm erfahren, nichts! Mußte ins Leere stoßen.
Da ließ der fürchterliche telepathische Griff nach. Der Magier taumelte. Abermals flammte ein bläuliches Licht um ihn auf,
Weitere Kostenlose Bücher