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0128 - Die Hexe aus dem Fluß

0128 - Die Hexe aus dem Fluß

Titel: 0128 - Die Hexe aus dem Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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mit der sich die Hexe ausschalten ließ, bevor sie sich ganz von ihm losriß.
    Und Yanaa, die Nebelhexe, lachte nicht mehr.
    ***
    Morgengrauen!
    Sir Francis Hedgeson, dem man seine fünfundachtzig Lebensjahre einfach nicht abnahm und ihn auf die Hälfte schätzte, gehörte zu den eingeschworenen Frühaufstehern und huldigte offenbar der Auffassung, allen anderen Leuten müsse es ebenso ergehen wie ihm.
    Das Donnern an Zamorras Zimmertür klang jedenfalls so, als richte der alte Lord persönlich die Sprengladung her, um Zamorra damit zu seinen Ahnen zu schicken. Diesen Eindruck hatte der Professor jedenfalls im Stadium des Erwachens, bis er die Stimme erkannte, die zu dem Dröhnen gehörte.
    »Mr. Zamorra, Sir, es ist an der Zeit aufzustehen! Sir Francis Hedgeson pflegt um sechs Uhr dreißig zu frühstücken und wünscht Sie an seinem Tisch zu sehen!«
    Das mußte Dennessey sein, der Butler, registrierte Zamorra und stand im nächsten Moment kerzengerade neben dem Bett, weil er jetzt erst verarbeitete, was Morris Dennessey gesagt hatte.
    Sir Francis Hedgeson wünschte ihn, den Spinner, den Franzosen und damit Erbfeind der britischen Krone, an seinem Frühstückstisch zu sehen? Das gab es doch nicht, und Zamorra war fest der Überzeugung, sich verhört zu haben.
    Mit einem Sprung stand er an der Tür, riß sie auf und stand Dennessey gegenüber, der sich gerade umwenden wollte.
    »James, was sagten Sie?«
    Mit leicht indigniertem Gesichtsausdruck wandte der Butler sich ihm wieder zu.
    »Sir, ich beliebte zu erläutern, daß Sir Francis Sie an seinem Frühstückstisch zu sehen wünscht. Um sechs Uhr dreißig. Bitte, Sir, seien Sie pünktlich und…«
    Da hatte er Nicole in Zamorras breitem Bett erblickt und verstummte.
    Wortlos wandte er sich ab, verschwand über den riesigen Korridor und war beim Anblick des Mädchens nicht einmal errötet.
    Dabei hatte sich nicht das geringste abgespielt, überlegte Zamorra amüsiert und sah dann auf seine Uhr.
    Sein amüsiertes Lächeln schwand.
    Sechs Uhr zwölf war es mittlerweile.
    »Dieser Alte ist ein Sklaventreiber«, knurrte der Professor verärgert und brauchte dabei seine Stimme nicht mehr zu dämpfen; Nicole war durch das urwaldtrommelähnliche Klopfen des Butlers ebenfalls erwacht. »Ein Spinner ist er!«
    »Spinner am Morgen bringt Kummer und Sorgen«, zitierte Nicole nicht ganz korrekt vom Bett aus. »Chef, wo bleibt mein Guten-Morgen-Kuß?«
    Den gab er ihr gern und vergeudete damit, weil er eben seine französische Herkunft ebensowenig verleugnen konnte wie die verführerische Nicole, komplette sieben Minuten damit.
    Sechs Uhr neunzehn! In elf Minuten wollte Hedgeson zu frühstücken beginnen?
    Soll er, dieser elende Sklaventreiber. Von einem Engländer lasse ich mich doch nicht in Hektik versetzen, noch dazu am frühen Morgen, dachte Zamorra grimmig, beschloß, im Landhaus, dieser Prunkvilla, die berühmte akademische Viertelstunde einzuführen und nach Möglichkeit auch noch zu überziehen. Wenn Hedgeson dann sauer war, war das eben sein ganz persönliches Problem. »Und wenn er mich dafür die Treppe runterschmeißt…«
    Zamorras gute Laune war wieder da.
    Das Grauen der Nacht war verflogen. Schwungvoll stieß er die Fensterflügel auf und ließ Morgenluft und Morgensonne herein. Auf dem See gab es keinen Frühnebel mehr.
    »Da draußen singen die Vögel!«
    »Laß sie singen und komm her…«, murmelte Nicole faul. »Oder willst du wirklich pünktlich sein?«
    Nichts lag Zamorra ferner, der jetzt zusammen mit Nicole seine ganz private Art des morgendlichen Aufstehens zelebrierte.
    Mit siebzehn Minuten Verspätung erreichten sie schließlich den Speiseraum.
    Sir Francis Hedgeson saß am Kopfende des Tisches. Vor ihm das englische Nationalfrühstück: Schinken, Eier, Toast und Tee. Der mußte inzwischen kalt sein, weil der Lord mit dem Frühstück gewartet hatte. Auf ihn, den französischen Spinner? Das wagte Zamorra nicht mal leise zu denken.
    »Sie haben mich warten lassen, Monsieur«, begrüßte ihn The great Hedgeson. »Dennoch wünsche ich Ihnen, Mademoiselle Duval und Monsieur Zamorra, einen guten Morgen!«
    Das klang sogar höflich. Zamorra verstand die Welt nicht mehr. Verwirrt nahm er neben Nicole Platz, die direkt neben dem Alten saß. Ihr gegenüber hatte sich April Hedgeson niedergelassen, die an diesem Tag ihren Geburtstag feiern wollte, und neben ihr saß ein Mann, den Zamorra am Tag vorher noch nicht gesehen hatte. Dafür fehlte Glianti, der Arzt und

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